17. PLENARTAGUNG
Straßburg, 13. – 15. Oktober 2009

Die globale Herausforderung des Klimawandels: Gegenmaßnahmen auf örtlicher Ebene

Entschliessung 288 (2009)[1]

1. Der immer stärkere Klimawandel lässt sich heute nicht mehr verhindern. Die Gebietskörperschaften sind sich der globalen Herausforderungen und ihrer Auswirkungen auf ihr Gebiet und das Leben ihrer Bürger durchaus bewusst und haben deshalb innovative und beispielhafte Initiativen im Kampf gegen den Klimawandel und zur Anpassung ihres Gebiets an seine Folgen ergriffen.

2. Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats begrüßt dies und verweist diesbezüglich auf seine jüngsten Arbeiten zum Klimawandel und zur Energiefrage[2], in deren Rahmen er die Ansicht vertritt, dass es in erster Linie an den Gebietskörperschaften liegt, dafür zu sorgen, dass der Klimawandel nicht noch schlimmer und noch weniger beherrschbar wird.

3. Mit ihrer bewussten und gezielten Politik in Fragen des Verkehrs, der Stadtentwicklung und Stadtplanung, des Energieverbrauchs und des Wohnungsbaus können sie der doppelten Herausforderung begegnen : einerseits erkennbar zur Verminderung des Treibhausgasausstoßes und andererseits zur Anpassung ihres Gebiets an die neuen klimatischen Bedingungen und zu seiner geringeren Anfälligkeit beitragen.

4. In der Überzeugung, dass der Klimawandel Gegenstand entschlossener Politik und starken Engagements der Gesamtheit der Gebietskörperschaften und aller Verwaltungsebenen unterhalb der staatlichen Ebene sein sollte, ruft der Kongress zu einer integrierten Energie- und Klimawandelpolitik sowie zu integrierten Abmilderungsmaßnahmen auf, wobei solche Maßnahmen sich aber nicht gegenseitig abschwächen dürfen.

5. Zugleich glaubt der Kongress an die Wirksamkeit guter Beispiele und ist der Meinung, dass gerade die kommunale und regionale Ebene am ehesten dazu berufen ist, das entsprechende Bewusstsein der Bürger zu wecken und ihnen nahezulegen, ihr Verhalten und ihre Lebensweise nennenswert zu ändern.

6. Der Kongress begrüßt die wachsende Bedeutung klimabezogener Gebietspolitik, die verstärkte Beteiligung der europäischen Gemeinden und Regionen an den weltweiten Bemühungen um nennenswerte Verminderung der Treibhausgase sowie ihr beispielhaftes Engagement im Rahmen von Initiativen wie etwa des sog.  Energiepaktes der Bürgermeister, sorgt sich nichtsdestoweniger aber um die Fortdauer solcher Politik angesichts der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise.

7. Die derzeitige Krise darf nicht von der gewaltigen Herausforderung des 21. Jahrhunderts ablenken, welche der Klimawandel darstellt, und noch weniger von den bei Untätigkeit erst recht entstehenden gigantischen Kosten. Diese Krise bietet auch die Chance neuen ökologischen Aufschwungs. Wenn nämlich nachlassende Tätigkeit und Rezession zu vermindertem Energieverbrauch führen, so bremsen sie doch gleichzeitig die durch den Klimawandel geforderten bedeutenden Investitionen sowie die ökologische Neuausrichtung der Produktionsweisen und des Konsumverhaltens.

8. Folglich appelliert der Kongress an das Verwantwortungsbewusstsein der Kommunal- und Regionalpolitiker, um unverzüglich klimabezogene Schutz- und Anpassungsmaßnahmen einzuleiten, die abgeschwächten CO2-Ausstoß der Wirtschaft begünstigen, was die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert, neue Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche schafft und den Bürgern soziale Vorteile bietet.

9. Das Jahr 2009 sollte anlässlich der Klimakonferenz der Vereinten Nationen im Dezember 2009 in Kopenhagen zum Abschluss eines neuen weltweiten Klimaabkommens führen, das nach 2012 das Kyoto-Protokoll ersetzen soll. Der Kongress begrüßt die verstärkte Mobilisierung der Gemeinden und Regionen, auf dass ihre Rolle und ihr Beitrag zu den Zielen des neuen Abkommens anerkannt werde, und befürwortet die Abfassung einer entsprechenden Erklärung gegenüber den an den Verhandlungen beteiligten  Regierungen[3].

10. Der Kongress unterstützt den anlässlich des Kopenhagener Gipfeltreffens der Gemeinden zum Klimawandel im Juni 2009 auf Initiative des dänischen Gemeindeverbands und in Zusammenarbeit mit den Verbänden und Netzwerken der europäischen und weltweiten Gemeinden und Regionen formulierten Aufruf zur Beeinflussung der internationalen Verhandlungen zum Klimawandel.

11. Angesichts dieser Umstände ruft der Kongress die Gemeinden und Regionen der Mitgliedsstaaten des Europarats dazu auf :

a. bei ihren jeweiligen nationalen Regierungen darauf hinzuwirken, dass anlässlich der im Dezember 2009 in Kopenhagen stattfindenden Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen zum Klimawandel (COP 15) die grundlegende Rolle der Gebietskörperschaften im Kampf gegen den Klimawandel und die Bedeutung ihrer Maßnahmen bei der nationalen Verwirklichung der Ziele eines ehrgeizigen neuen Klimaabkommens anerkannt werden ;

b. auf Beteiligung der Gebietskörperschaften an ihren jeweiligen nationalen Delegationen zu dringen, damit diese aktiv an der Kopenhagener Weltklimakonferenz und an speziell den Gebietskörperschaften gewidmeten Treffen teilnehmen können;


c. im Rahmen ihrer Klimapolitik die sich aus den jüngsten Arbeiten des Kongresses zum Klimawandel und zur Energiepolitik[4] ergebenden Anregungen zu berücksichtigen und darauf zu achten, dass:

i.              sich ihre Politik auf zwei Pfeiler stützt : verstärkte Bemühungen um  Abschwächung der Folgen des Klimawandels mit dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern, sowie Maßnahmen zur Anpassung des Gebiets, um die Folgen des Klimawandels vorwegzunehmen und Personen und Sachwerte vor seinen Folgen zu schützen ;

ii.             Klima- und Energiepolitik in engem Zusammenhang gesehen werden und jegliche öffentliche Politik für Teilbereiche entsprechend koordiniert wird ;

iii.            dynamisches Handeln der Gebietskörperschaften Hand in Hand mit dem Engagement des einzelnen Bürgers erfolgt und die Gebietskörperschaft entsprechendes partnerschaftliches Engagement zugunsten des Klimas weckt und koordiniert ;

iv.            sichergestellt wird, dass geeignete Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden, um diesen neuen Herausforderungen zu begegnen.

12. Der Kongress bittet seinen Ausschuss für nachhaltige Entwicklung :

a. seine Arbeit zu verschiedenen Aspekten der Klima- und Energieproblematik, insbesondere zur Beherrschbarkeit klimabedingter Naturkatastrophen und der Erosion der Seepromenaden der europäischen Küstenstädte als Folge eines wahrscheinlich dramatischen Anstiegs des Meeresspiegels, fortzusetzen;

b. in diesem Zusammenhang auf Zusammenarbeit mit dem vergleichbaren Ausschuss des Ausschusses der Regionen und regelmäßigen Austausch mit den nationalen und internationalen Gemeinde- und Regionalverbänden Wert zu legen.



[1] Diskussion und Annahme durch den Kongress am 14. Oktober 2009, 2. Sitzung (siehe Dokument CG(17)8, Begründungstext, Berichterstatter : J.J. Nygaard, Danemark (L, NR)).

[2]Entschließung 236 (2007) Angesichts des Klimawandels  : die Maßnahmen der Gebietskörperschaften

Entschließung 248 (2008) Klimawandel : Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Gemeinden und Regionen

Entschließung 262 (2008) Öffentliche Maßnahmen auf Gebietsebene : für eine neue Energiekultur

[3] Die sog. "Road Map zum Klima" auf Initiative der Verbände ICLEI - Local Governments for Sustainability, UCLG - United Cities and Local Governments, Metropolis, C40 und der Weltbürgermeisterrat sowie die gemeinsame Erklärung "Klimawandel, Globale Herausforderungen – örtliche Lösungen" des Rates der Gemeinden und Regionen Europas, der Klima-Allianz, der Energie-Cités  und der Eurocities anlässlich der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 14) in Posen (Polen).

[4] Siehe Fußnote auf Seite 3 unten