DREIZEHNTE TAGUNG

(Herbsttagung, Moskau, 14. - 15. November 2006)

Empfehlung 205 (2006) 1

über

die Gemeindewahlen in Georgien,

beobachtet am 5. Oktober 2006

1 Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 15. November 2006 (siehe Dokument CG(13)32, Empfehlungsentwurf vorgelegt von W. Van Gelder (Niederlande, R, EVP/CD), Berichterstatter).


Der Kongress,

1. Mit Bezug auf:

a. die statutarische Entschließung des Ministerkomitees (2000) 1 den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates betreffend;

b. die Prinzipien der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, die Georgien am 8. Dezember 2004 ratifizierte und die dort am 2. April 2005 in Kraft trat;

c. Empfehlung 157 (2004) über die Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien;

d. die vorangegangenen Berichte über die Wahlbeobachtung in Georgien[1];

e. Entschließung 188 (2004) über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien;

f. seinen Bericht über die Gemeindewahlen am 5. Oktober 2006 in Georgien, in dem die Ergebnisse der Wahlbeobachtungsmission des Kongresses dargelegt werden;

2. Erinnert daran, dass derzeit eine allgemeine Territorialreform in Georgien durchgeführt wird und dass die Gemeindewahlen in der Mitte des Umstrukturierungsprozesses abgehalten wurden;

3. Begrüßt:

a. die positiven Entwicklungen der kommunalen Selbstverwaltung in Georgien seit der Annahme der Empfehlung 157 (2004) des Kongresses betreffend Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien;

b. die Tatsache, dass die Bürgermeister von Tiflis und Poti, die vorher vom Präsidenten Georgiens ernannt wurden, zum ersten Mal zusätzlich zu den Gemeindewahlen 2006 gemäß Artikel 3 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung gewählt wurden;

c. die Tatsache, dass die derzeitige Territorialreform in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat durchgeführt wird;

4. Lobt die georgischen Behörden für die Abhaltung der Gemeindewahlen in Übereinstimmung mit den internationalen Wahlnormen;

5. Stellt fest: 

a. bezüglich des Rechtsrahmens der Wahlen:

i.          dass die Wahlen in Georgien durch das einheitliche Wahlgesetz geregelt werden, das unzählige Male seit seiner Verabschiedung 2001 abgeändert wurde;

ii.          dass die letzten Änderungen nur wenige Monate vor den Gemeindewahlen verabschiedet wurden und dass ein wichtiger Teil dieser Abänderungen die Kapitel XV bis XVII betreffen, die die Wahl der repräsentativen Organe der kommunalen Selbstverwaltung beschreiben[2];

iii.         dass diese Änderungen ohne die Unterstützung der Opposition und ohne ihre Präsenz im Parlament durchgeführt wurden;

iv.        dass die letzten Änderungen nicht der Venedig-Kommission und dem ODIHR vor der Annahme und Umsetzung zur Bewertung vorgelegt wurden;

b.         bezüglich der Einberufung von Wahlen:

i.          dass die Möglichkeit, Wahlen 40 Tage vor dem Wahltag einzuberufen, durch eine kürzliche Änderung des Wahlgesetzes geschaffen wurde[3];

ii.          dass die Gemeindewahlen exakt 40 Tage vor dem Wahltag angekündigt wurden und dass man zwar davon ausgehen kann, dass sie im Einklang mit dem Gesetz angekündigt wurden, die kurze Frist aber die Wahlkommission, die Oppositionsparteien und die Beobachter vor beträchtliche Schwierigkeiten stellte;

c. bezüglich der Wahlkampagne, der politischen Parteien und der Beteiligung der Bürger an den Wahlen:

i.          es an einer aktiven Kampagne im Land sowie einer informativen Kampagne über Gemeindefragen fehlte;

ii.          die Unterscheidung zwischen der Verwendung der Verwaltungsmittel für staatliche Aktivitäten und parteipolitische Zwecke unklar war;

iii.         dass in27,5 Prozent der Mehrheitswahlen und in 8,7 Prozent der Proportionalwahlen nur ein Kandidat oder eine Partei auf dem Wahlzettel auftauchte, der/die in allen außer einem Fall die Regierungspartei vertrat;

iv.        die geringe Wahlbeteiligung nach Auffassung des Kongresses die unzureichende Beteiligung der Bürger und politischen Kräfte an den Gemeindefragen widerspiegelt;

d. bezüglich der Durchführung der Wahlen:

i.          dass, gemäß dem Gesetz, die Grenzen der kommunalen Wahlbezirke nur wenige Tage vor Abhaltung der Wahlen definiert wurden[4];

ii.          Ungenauigkeiten im Wählerregister bestehen und die Aktualisierung des Wählerregisters vor den Gemeindewahlen aufgrund des gewählten Wahltages unterbrochen wurde;

iii.         dass eine große Anzahl von Wahllokalen immer noch unzugänglich für Menschen mit Behinderungen sind und auch älteren Menschen Schwierigkeiten bereiten;

iv.        dass nicht alle Mitglieder der Wahlkommission ausreichend ausgebildet wurden;

v.         dass die Zahl der Wähler pro Wahllokal oft die gesetzlich festgelegte Höchstzahl  überschritt und trotz der geringen Wahlbeteiligung einige Wahllokale zu Stoßzeiten überfüllt waren;

e. bezüglich der Wahlbeobachtung:

dass die internationalen Beobachterorganisationen bei der Registrierung der Beobachter aufgefordert wurden, die Wahlkreise anzugeben, in denen sie die Wahlen beobachten werden und dass dies den Prinzipien der Wahlbeobachtung widerspricht[5];

6. Weist das Ministerkomitee und die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf die nachstehenden Empfehlungen hin;

7. Fordert die georgischen Behörden auf, alle notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der folgenden Empfehlungen zu ergreifen, insbesondere:

a. bezüglich des Wahlgesetzes:

i.          sicherzustellen, dass in Zukunft ein breiterer Konsens bei den politischen Kräften über Abänderungen des Wahlgesetzes erzielt werden sollte;

ii.          sicherzustellen, dass in Zukunft Änderungen des Wahlgesetzes rechtzeitig vor der Abhaltung der Wahlen eingeführt werden, damit sie von den entsprechenden internationalen Organen wie der Venedig-Kommission und der ODIHR bewertet, bevor sie verabschiedet und umgesetzt werden; 

iii.         sicherzustellen, dass die Empfehlungen nach der Bewertung der letzten Änderungen der Venedig-Kommission und der OSZE/ODIHR sowie die vorangegangenen Empfehlungen für die Wahlen umgesetzt werden;

b. bezüglich der Einberufung von Wahlen:

sicherzustellen, dass in Zukunft die Wahlen als Teil eines inklusiven Prozesses angekündigt werden, der den politischen Parteien und Kandidaten genügend Zeit lässt, eine inhaltsreiche Wahlkampagne zu führen;

c. bezüglich der Wahlkampagne und den politischen Kräften sowie der Beteiligung der Bürger an den Wahlen:

i.          geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Missbrauch von Verwaltungsmitteln für parteipolitische Zwecke bei künftigen Wahlen zu verhindern;

ii.          die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Gemeindewahlen ein inklusiver Prozess sind, der zur Beteiligung aller politischen Kräfte und der Bürger an Gemeindefragen beiträgt;

d. bezüglich der Durchführung der Wahl:

i.          sicherzustellen, dass die Grenzen der Wahlkreise mindestens ein Jahr vor den Wahlen festgelegt werden und hierbei die geltende Gesetzgebung an die internationalen Wahlnormen anzugleichen;

ii.          die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung des Wählerregisters rechtzeitig für die kommenden Parlamentswahlen zu ergreifen;

iii.         sicherzustellen, dass alle Mitglieder der Wahlkommission eine professionelle, rechtzeitige und angemessene Ausbildung erhalten;

iv.        sicherzustellen, dass die Wahllokale an die Bedürfnisse der Wähler angemessen angepasst sind und schlägt vor:

·         die Wahllokale so weit wie möglich für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen zugänglich zu machen;

·         das Gesetz über die Anzahl der Wähler pro Wahllokal zu überprüfen und eine Schwelle von 1500 Wählern pro Wahllokal festzusetzen;

e. bezüglich der Wahlbeobachtung:

sicherzustellen, dass die Prinzipien der Wahlbeobachtung eingehalten werden und hierfür die Gesetzgebung so abzuändern, dass internationale Beobachterorganisationen nicht gezwungen sind, die Wahlbezirke anzugeben, die sie beobachten werden;

f. bezüglich der Territorialreform:

      sicherzustellen, dass die Territorialreform in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat, im Einklang mit den Prinzipien der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, mit anderen Normen des Europarates sowie den früheren Empfehlungen des Kongresses und anderen entsprechenden Empfehlungen des Europarates steht;

8. Erklärt erneut seine Bereitschaft, die georgischen Behörden bei ihren Bemühungen zur Umsetzung der oben erwähnten Empfehlungen zu unterstützen und die Gemeinde- und Regionaldemokratie im ganzen Land zu konsolidieren, im Einklang mit den Georgischen Verpflichtungen nach den internationalen Wahlnormen und der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung.



[1] Bericht über die Gemeindewahlen in Georgian (2. Juni 2002): CG/BUR (9) 17 und Bericht über die Regionalwahlen in Adjara (20 Juni 2004): CG/Bur (11) 40.

[2] Kapitel XV- Wahl des repräsentativen Organs der kommunalen Selbstverwaltung (Sakrebulos); Kapitel XVI - Wahlbezirke und Wahlkreise; Kapitel XVII - Wahlen der Sakrebulo der Gemeinden und selbstregierten Städte. 

[3] Änderung vom 23. Juni 2006.

[4] Artikel 112.2, 115.2 des einheitlichen Wahlgesetzes von Georgien

[5] Art. 69.6 des einheitlichen Wahlgesetzes in Georgien