Entschliessung 162 (2003)1 betreffend die Folgen der demographischen Entwicklung für die europäischen Regionen

Der Kongress, mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,

1. In Anbetracht der Tatsache, dass der wachsende Anteil alter Personen an der europäischen Bevölkerung einerseits und der abnehmende Anteil junger Menschen andererseits als ein Erfolg verbesserter Gesundheits- und Lebensbedingungen, wirksamer Gesundheits- und Sozialpolitiken sowie einer höheren Lebenserwartung kombiniert mit niedriger Fruchtbarkeitsrate verstanden werden kann;

2. Die Erwartung zur Kenntnis nehmend, dass das Altern der Bevölkerung sich in den kommenden 10 bis 20 Jahren beschleunigen und unmittelbar auf die nationalen, regionalen und kommunalen Sozialpolitiken auswirken wird;

3. Erinnert an die Empfehlung 5 (1994) des KGRE zum Thema "Europa und seine alten Menschen: auf dem Weg zu einem Generationenvertrag und Schlussfolgerungen der Konferenz von Siena":

4. Unterstützt die Empfehlung 1591 (2003) der Parlamentarischen Versammlung und den Bericht von Herrn Gyula Hegyi "Challenges of Social Policy in our ageing societies" [Sozialpolitische Herausforderungen in unseren alternden Gesellschaften] (Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie);

5. Erinnert an das anlässlich der zweiten Weltversammlung der Vereinten Nationen über das Altern (Madrid, 8.-12. April 2002) angenommene Aktionsprogramm und die von der regionalen Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) organisierte regionale Konferenz von Berlin (September 2002);

6. Hebt die nach der Annahme des Internationalen Aktionsplans betreffend das Altern von Madrid (2002) in der Ministererklärung von Berlin festgelegten Prioritäten hervor: "Erweiterung der Teilnahme älterer Menschen an der Gesellschaft und Förderung der sozialen Einbettung und des selbständigen Lebens; Förderung eines ausgewogenen und nachhaltigen Wirtschaftswachstums durch Berücksichtigung der Auswirkungen des Alterns der Bevölkerung; Stärkung eines angemessenen und nachhaltigen sozialen Schutzes für gegenwärtige und zukünftige Generationen; Anregung der Arbeitsmärkte, auf das Altern zu reagieren und das Potenzial älterer Menschen zu nutzen; Förderung lebenslangen Lernens; Aufwertung lebenslanger körperlicher und geistiger Gesundheit und des Wohlbefindens; für einen gleichberechtigten Zugang zu qualitativ hochstehender Vorsorge im gesundheitlichen und sozialen Bereich sorgen; die Gleichberechtigung der Geschlechter in sämtliche Alterspolitiken integrieren; ältere Menschen, deren Familien und Umgebung bei der ihnen zufallenden Zuwendung und Pflege unterstützen; die Solidarität zwischen den Generationen fördern" (Abschnitt 8);

7. Erinnert an die Arbeiten des Ausschusses der Regionen, insbesondere an die Stellungnahme der Fachkommission für Wirtschaft und Sozialpolitik: "Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns" (COM (2002)9) und an die Konferenz über "Umgang mit der Bevölkerungsalterung: lokale und regionale Perspektiven und Verfahren" (Brüssel, November 2002);

8. Hebt in Übereinstimmung mit dem Ausschuss für die europäische Bevölkerung hervor, dass aktives Altern als Inhalt einer kohärenten Politik gefördert werden muss im Hinblick auf die Stärkung der sozialen Rolle und die Möglichkeiten der Selbständigkeit im Alter als eines Elements der Lebensqualität für alle Bürger alternder Gesellschaften;

9. Räumt ein, dass das Alter eine Quelle von Diskriminierungen sein kann, und dass dieser Umstand bekämpft werden muss;

10. Teilt die Ansicht, dass Politiken des aktiven Alterns nicht auf die zentralstaatliche Ebene beschränkt sind, sondern auch die Gemeinden und Regionen angehen;

11. Ist überzeugt, dass sich die Ebene der Städte und Regionen gut eignet für die Durchführung und Koordination konkreter Aktionen, um den Folgen der Alterung und des abnehmenden Jugendanteils wirksam zu begegnen;

12. Begrüsst die Initiativen der Versammlung der Regionen Europas (Programm ALIVE) und diejenigen vieler einzelner europäischer Regionen;

13. Weist hin auf den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Lage, Beschäftigungsgrad und Geburtenrate;

14. Unterstreicht, dass die Gemeinden und Regionen beitragen können zum Entwurf pro-aktiver Politiken, Massnahmen und Dienstleistungen für eine wirksame Aktivierung alternder Menschen;

15. Anerkennt, dass Übergangsländern durch die Schaffung von sozialen Strukturen für alternde Menschen zusätzliche wirtschaftliche Probleme entstehen können;

16. Fordert die Gemeinden und Regionen auf,

a. sich zu verpflichten, bei der Festlegung ihrer Politiken den demographischen Entwicklungen voll Rechnung zu tragen;

b. sicherzustellen, dass zuverlässige Daten auf regionaler Ebene erhoben werden, um die demographischen Tendenzen, auch auf kommunaler Ebene, feststellen und die geeignetsten Politiken beschliessen zu können;

c. ein günstiges Klima für die Entwicklung von Politiken zu schaffen mithilfe von Arbeitsprojekten und/oder der finanziellen Unterstützung von Initiativen zur Förderung einer "Gesellschaft aller Altersstufen" oder von "alterungssicheren Gemeinschaften", welche auch die Seniorengeneration umfassen;

d. spezifischen, durch das Altern besonders betroffenen Gruppen wie Frauen, Minderheitengruppen und älteren Menschen im ländlichen Raum besondere Beachtung zu schenken;

e. dem besonderem Bedarf an Arbeitskräften, vor allem auf den Gebieten der Pflege und des Bildungswesens, wie er durch das Altern der Gesellschaft entsteht, Rechnung zu tragen;

f. die im Rahmen einer regionalen Alterspolitik eingeleiteten Aktionen in ihrer Entwicklung zu überwachen und in ihren Ergebnissen zu evaluieren;

g. die Ausarbeitung aktiver und integrierter Politiken vorzunehmen, und zwar

auf dem Gebiet der Arbeit und des aktiven Lebens:

i. firmeninterne Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer zu fördern;

ii. ältere Menschen sowie Senioren zur Nutzung der Informationstechnologien zu befähigen;

iii. im öffentlichen, im privaten und im Nichtregierungssektor die Aufmerksamkeit für den Mehrwert zu heben, den frühpensionierte Menschen erbringen können;

iv. Unternehmensgründungen zu fördern als ein Mittel, Gruppen mit speziellen Schwierigkeiten wie etwa ältere Arbeitsuchende einzugliedern;

im Wohnungswesen:

i. für den Einbau von Einrichtungen zu sorgen, die den Bedürfnissen älterer Menschen entsprechen;

ii. die älteren Menschen zu befähigen, selbständig zu leben;

iii. raffinierte Haushaltstechnologien zu fördern, die weniger geschickten Menschen den Umgang mit Produkten und Dienstleistungen erleichtern;

iv. regelmässige Hausbesuche bei älteren Menschen zu begünstigen, die diese bei der Mobilisierung ihrer eigenen Möglichkeiten unterstützen und ihnen helfen, so lange wie möglich im Besitz ihrer Fähigkeiten zu bleiben;

im Bereich der Gesundheitspflege:

i. geeignete und hinreichende Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen;

ii. die häusliche Gesundheitspflege, auch mithilfe von neu zu schaffenden Kooperativen oder der Mitwirkung ausgebildeter Freiwilliger und/oder Sozialarbeiter, zu fördern;

iii. spezifische Programme für die Verbesserung der Gesundheit älterer Menschen zu fördern;

auf dem Gebiet der vollen und aktiven Mitwirkung älterer Menschen in der Gesellschaft:

i. Diskussionsgruppen für die Beschäftigung mit Themen rund um das Altern zu schaffen;

ii. Informations- und Kommunikationsinstrumente zu fördern, die älteren Menschen die Beteiligung an der öffentlichen Diskussion ermöglichen;

iii. die Einbeziehung älterer Menschen in die kommunalen und regionalen Regierungen sicherzustellen und ihre aktive Mitwirkung in gewählten Gremien zu fördern;

iv. dafür zu sorgen, dass die Sozialdienste für ältere Menschen zugänglich und leistungsfähig sind;

h. Möglichkeiten für die Übernahme einer aktiveren Rolle durch ältere Menschen in unseren Gesellschaften zu entwickeln und zu finanzieren;

i. Gelegenheiten zu schaffen auf dem Gebiet der Unterhaltung sowie der Solidarität und der Wissensvermittlung zwischen den Generationen;

j. Bürgergruppierungen und Nichtregierungsorganisationen zur Führung langfristig angelegter altenfreundlicher Programme zu ermächtigen;

k. den internationalen Austausch guter Praxis im Bereich der Aktivierung älterer Menschen ("Lernregion" und “Lerngemeinde”) durch bestmögliche Nutzung bestehender Netze (wie beispielsweise ALIVE) zu fördern und selber als ein "Netzvermittler" in Europa zu fungieren;

l. dafür zu sorgen, dass zuverlässige Statistiken von der kommunalen und der regionalen Ebene zur Verfügung stehen, worin auch Aktivitäten, Zeitbudgets, Fähigkeiten, Eignungen, Erwartungen und Präferenzen der älteren Menschen erfasst sind;

17. Fordert den Ausschuss für soziale Kohäsion auf, seine Aktivitäten bezüglich alter Menschen im Hinblick auf die spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen "junger Alter" (von 60 bis 79 Jahren) wie "ältester Alter" (80 und mehr Jahre), weiterzuverfolgen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 21. Mai 2003 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 22. Mai 2003 (siehe Dok. CPR (10) 3, Entschliessungsentwurf, vorgelegt durch Herrn L. Van Nistelrooij, Berichterstatter)