Entschliessung 139 (2002)1 betreffend die Beziehungen zwischen Bürgern, Gemeindeparlament und Exekutive in der Gemeindedemokratie (Der institutionelle Rahmen der Gemeindedemokratie) - Anwendung von Artikel 3.2 der Charta gemäß dem 5. Monitoring-Bericht über die Umsetzung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung

Der Kongress, mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Gemeinden,

1. Berücksichtigt,

a. Artikel 3.2 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (nachstehend: die Charta);

b. Die Empfehlung .... betreffend die Beziehungen zwischen Bürgern, Gemeindeparlament und Exekutive in der Gemeindedemokratie und den von Herrn Anders Knape (Schweden) vorgelegten 5. allgemeinen Monitoring-Bericht über die Anwendung der Charta: "Der institutionelle Rahmen der Gemeindedemokratie" (nachstehend: 5. Bericht);

c. Die Empfehlung Nr.R (96) 2 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend die lokale Volksbefragung sowie die Empfehlung (2001)19 betreffend die Beteiligung der Bürger am kommunalen öffentlichen Leben;

2. Dankt der Gruppe unabhängiger Experten für die Charta beim Institutionellen Ausschuss des Kongresses für ihre wertvolle Hilfe bei der Ausarbeitung des Berichts über den institutionellen Rahmen der Gemeindedemokratie;

3. Erinnert daran, dass die Empfehlung betreffend die Beziehungen zwischen Bürgern, Gemeindeparlament und Exekutive in der Gemeindedemokratie und der 5. Bericht einen Beitrag des Kongresses an das Integrierte Projekt "Demokratische Institutionen in Aktion" des Europarats darstellen;

4. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen Bürgern und Gemeinde:

a. Ist der Ansicht, dass es für das gute Funktionieren der Gemeindedemokratie wesentlich ist, die Bindung zwischen den Gemeindebehörden, den gewählten Abgeordneten und dem Publikum zu verstärken;

b. Bemerkt Anzeichen einer hohen Anzahl Stimmenthaltungen bei Kommunalwahlen;

c. Erinnert die Gemeinden in den Mitgliedstaaten des Europarats daran, dass sich, wie bereits in der Empfehlung 61 (1999) hervorgehoben, die Einrichtung eines Ombudsmans oder Vermittlers auf Gemeindeebene wohltuend auswirken kann im Sinne guter Geschäftsführung, stärkerer Bindungen zwischen Pubblikum und Gemeindeverwaltung sowie grösserer Offenheit und besserer Leistung der Verwaltung;

d. Ruft die Gemeinden der Mitgliedstaaten des Europarats dazu auf, diese Beziehungen zu verstärken durch die Schaffung und Förderung von Beiräten (von Ausländern, jungen Menschen, Senioren, Kindern usw.) oder Nachbarschaftsräten, welche die gesamte Interessenpalette der Ortsbevölkerung spiegeln;

e. Ruft die Gemeinden ausserdem auf, für eine möglichst breite Veröffentlichung von laufenden Debatten oder Entscheidungen (durch Amtsblätter, Anschlagbretter, Internet-Sites, die örtliche Presse, offizielle Gemeindebulletins, Lokalradio und -Fernsehen) zu sorgen;

5. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen Bürgern, Versammlung und Exekutive in der Gemeindedemokratie:

a. Stellt die Vielzahl von Verfahren fest, welche die Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten für die Wahl oder Ernennung der Exekutive und für die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Abgeordnetenversammlungen und den Exekutiven beinhalten;

b. Stellt fest, dass die kommunale Exekutive in den weitaus meisten Mitgliedstaaten durch die Abgeordnetenversammlung oder direkt durch die Bevölkerung gewählt wird;

c. Stellt ausserdem fest, dass die Direktwahl des Bürgermeisters durch die Bevölkerung zu einer immer häufiger benützten Form der Wahl der Exekutive in den Mitgliedstaaten geworden ist;

d. Begrüsst die Tendenzen in der Gesetzgebung und Praxis der Mitgliedstaaten, wonach die Wahl der kommunalen Exekutive immer üblicher wird;

e. Ist der Ansicht, dass die Wahl der Exekutive das geeignetste Verfahren ist;

f. In Anbetracht der Tatsache, dass in jedem Fall und ungeachtet dessen, ob gewählt oder ernannt, jedes Exekutivorgan verpflichtet ist, regelmässig Rechenschaft abzulegen über seine Amtsführung;

g. In Anbetracht auch der Tatsache, dass das nationale Recht den Abgeordnetenversammlungen aufgrund von Artikel 3.2 der Charta die Möglichkeit einer wirksamen Kontrolle ihrer Exekutive gewährleisten muss, welche Kontrolle vor allem durch die Genehmigung des Gemeindehaushalts und der Gemeindesteuern, durch die Annahme der Berichte über die Haushaltsdurchführung sowie der Stadtentwicklungspläne und die Genehmigung der Gemeindepolitiken für die gesamte Mandatszeit stattfinden kann;

h. Beauftragt den Institutionellen Ausschuss der Kammer der Gemeinden, im Rahmen des Monitoring-Verfahrens hinsichtlich der Umsetzung der Charta einen allgemeinen Bericht über die Anhörung der Gemeinden (Artikel 4.6, 5, 9.6 und 10.2 der Charta) auszuarbeiten;

i. Beauftragt den Institutionellen Ausschuss der Kammer der Gemeinden, unterstützt durch die Gruppe unabhängiger Experten für die Charta, ausserdem folgende Fragen vertieft zu untersuchen und der Kammer darüber zu gegebenem Zeitpunkt Bericht zu erstatten:

i. Vor- und Nachteile der Direktwahl der kommunalen Exekutive in den Mitgliedstaaten des Europarats;

ii. die Beteiligung der Bevölkerung an den Gemeindegeschäften und die Gründe für die Stimmenthaltung von Bürgern bei Gemeindewahlen;

iii. Formen des Gemeindeeigentums.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 5. Juni 2002 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 6. Juni 2002 (siehe Dok. CPL (9) 2, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch Herrn A. Knape, Berichterstatter)