Entschliessung 115 (2001)1 betreffend die Basisstationen für die mobile Telefonie und die Gebietskörperschaften

Der Kongress,

In der Erwägung,

1. Dass das Bestehen elektromagnetischer Felder aufgrund von Einrichtungen der Telekommunikation ein öffentliches Gesundheitsproblem darstellt und sich die Fachleute nicht einigen können darüber, ob und allenfalls von welcher Stärke an elektromagnetische Felder sich auf den Menschen auswirken können;

2. Dass die Exposition von Personen in der Nähe von Mobilfunk-Basisstationen zwar als weit unterhalb der in Richtlinien festgelegten Grenzwerte gilt, dass dies aber in den meisten Ländern durch keine unabhängige Überprüfung gewährleistet ist, sodass indirekte schädliche Auswirkungen das Wohlbefinden der Betroffenen oft beeinträchtigen könnten;

3. Dass die Einrichtungen der Telekommunikation, vor allem die Sendetürme und Antennenmasten, sichtbare und hörbare Auswirkungen auf die Landschaft und auf die Freude haben, die diese den Menschen bereitet, wie auch auf die Ökologie des Umfeldes, handle es sich bei diesem nun um öffentlichen Raum oder um Wohnquartiere;

4. Dass die dem Konsumenten gebotene Information über die Produkte und Technologien der mobilen Telefonie beschränkt und schwankend ist, da es an genauen Protokollen fehlt, die im Interesse der Öffentlichkeit vor der Errichtung und Inbetriebnahme von Funkstationen eingehalten werden müssten, sodass die vor der Errichtung einer solchen Station durch die Netzbetreiber durchgeführte Konsultation des Publikums sehr unterschiedliche Ausmasse haben kann;

5. Dass gewisse Sektoren vom Gesichtspunkt der Umwelthygiene aus als heikel gelten müssen, wozu vor allem Wohnquartiere, Schulen, Kinderkrippen und Krankenhäuser zu zählen sind, und dass die Errichtung von Basisstationen in solchen Sektoren beträchtliche Beunruhigung und Ängste auslösen kann;

Überzeugt,

6. Dass es möglich wäre, die Frage der Standortwahl und der Konzeption der Telekomunnikationsanlagen sensibler anzugehen und dass Kontakte und offene Gespräche zwischen dem Betreiber von Mobiltelefonie und dem Publikum in der Planungsphase einer neuen Antenne zum Aufbau von gegenseitigem Verständnis beitragen können;

7. Dass eine optimale Planung die Zusammenarbeit aller betroffenen - öffentlicher und privater, kommunaler und regionaler - Parteien erfordert und dass die kommunalen und regionalen Behörden bereit sein müssen, den Örtlichkeiten beizustehen bei der Sicherstellung, dass neue Funktürme im Hinblick auf die Minimierung aller negativen Auswirkungen konzipiert werden;

8. Dass ein leistungsfähiges System von Gesundheitsinformationen und von Kontakten zwischen Wissenschaftern, Regierungen, Industrie und Öffentlichkeit dazu beitragen kann, die öffentliche Wahrnehmung der Mobilfunk-Technologien zu sensibilisieren und allfällige Zweifel und Befürchtungen, ob real begründet oder nicht, zu mildern;

Fordert die Gemeinden und Regionen auf,

9. Eine kommunale und regionale Mobilfunkpolitik auf der Grundlage prinzipieller Vorsicht und entsprechend den Ausrichtungen der nationalen Telekommunikationspolitik auszuarbeiten;

10. Einen Entwicklungsplan auszuarbeiten, der unter anderem die Standortwahl und die Festlegung von Kriterien für akzeptable Standorte geplanter Mobilfunkreinrichtungen umfasst, was auch die Verhandlungen über den Ersatz bestehender durch umweltfreundlichere Strukturen erleichtern könnte;

11. Dafür zu sorgen, dass die Standorte für die Errichtung neuer Mobilfunk-Basisstationen in Absprache mit der betroffenen Bevölkerung gewählt werden, dass eine auf neuestem Stand befindliche Liste aller einschlägigen Notifikationen geführt und zur direkten Einsichtnahme durch die Bevölkerung aufgelegt wird und dass die Beteiligung der örtlichen Bevölkerung durch geeignete Konsultationsmechanismen wie Workshops oder Foren angeregt wird, in welchen die Projektgestalter mit Vertretern der Industrie und den Einwohnern über das Funktionieren der Mobilfunknetze in ihrem Sektor debattieren können;

12. Eine Rangfolge der für solche Anlagen geeigneten Standorte aufzustellen unter möglichster Vermeidung der Zonen mit der höchsten Bevölkerungsdichte wie etwa von Wohnquartieren und unter Bevorzugung weniger stark besiedelter Zonen wie etwa von Industriegebieten;

13. Die aktuell als Antennenträger nutzbaren Strukturen - wie etwa Türme, Hochhäuser, Wassertürme und ungenützte Schornsteine - zu registrieren und zugleich die bestehenden oder geplanten öffentlichen Anlagen und Grundstücke zu erfassen, auf welchen Antennen angebracht oder Türme errichtet werden könnten;

14. Eine Datenbank und eine Karte betreffend die bestehenden und registrierten Strukturen, die potenziell verfügbaren öffentlichen Anlagen und Grundstücke sowie die zu bevorzugenden Zonen auf aktuellem Stand zu unterhalten;

15. Mithilfe der Prüfung regelrechter Gesuche um Baugenehmigungen oder der Schaffung eines vorangehenden Genehmigungsverfahrens eine Kontrolle auszuüben über die Errichtung und das Aussehen der einzelnen Sendetürme;

16. Kriterien für die Genehmigung neuer Mobilfunk-Basisstationen auszuarbeiten, die sich für die Anwendung auf regionaler wie auch für die Anpassung an die kommunale Ebene eignen; diese Kriterien sollten Fragen abdecken wie Standort und Konzeption der Türme, geeignetste Konstruktionsmaterialien, obligatorische Sicherheitszonen, Höhenbeschränkungen, den Standort angegliederter Einrichtungen, Umzäunungen, Zufahrtsstrassen, Möglichkeiten geteilter Standortnutzung und Verpflichtungen hinsichtlich Normenadäquanz und Beleuchtung;

17. Alle Funknetzbetreiber dazu zu zwingen, den betroffenen Gemeinden die geplante Einrichtung jeder Basisstation unter Angabe des ins Auge gefassten Standorts, der Höhe der Antenne, der Merkmale der Anlage hinsichtlich Frequenz und Modulation sowie ihrer genauen Stärke bekanntzugeben - wobei jede Veränderung an einer bestehenden Station im Sinne ihrer Vergrösserung oder der Erhöhung ihrer Sendestärke dem normalen Genehmigungs-/Notifizierungsverfahren unterliegt, als ob es sich um eine neue Einrichtung handelte;

18. Sicherzustellen, dass jedes Gesuch um Baugenehmigung für eine Telekommunikationsanlage begleitet ist von einem Bericht über die Risikobeurteilung hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen der geplanten Anlage, worin gezeigt wird, dass sich die Exposition des Personals und der weiteren Öffentlichkeit im Rahmen der geltenden Richtlinien hält und worin jedes mögliche Risiko für Gesundheit und Sicherheit abgewogen sowie Angaben zur voraussichtlichen Höhe der Exposition gemacht werden;

19. Die Planer und Betreiber zu zwingen, die Auswirkungen ihrer Telekommunikationsanlagen auf Umwelt und Lebensqualität zu minimieren u.a. durch die gemeinschaftliche Nutzung von Standorten oder Sendetürmen, umsichtige Standortwahl, die Suche nach ästhetisch annehmbaren Lösungen und die besondere Gestaltung der landschaftlichen Umgebung von Anlagen; der Planer/Betreiber von Mobilfunkanlagen muss bei der Eingabe seines Baugesuchs nachweisen, dass er vor der Planung eines Masts an einem neuen Standort die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Nutzung bestehender Standorte oder Masten untersucht hat;

20. Anreize für ein gutes "Design" der Türme und die gemeinsame Nutzung von Anlagen zu schaffen. Solche Anreize können beispielsweise in einem beschleunigten Prüfungsverfahren von Baugesuchen für bevorzugt ausgewiesene Sektoren oder für die Nutzung bereits vorhandener Einrichtungen bzw. den Bau gemeinsamer Einrichtungen zusammen mit anderen Anbietern bestehen;

21. Von den Betreibern die regelmässige Ablieferung von Berichten zu verlangen, die durch ein unabhängiges und qualifiziertes öffentliches Organ erstellt wurden und worin der Nachweis erbracht ist, dass die einzelnen Telekommunikationsanlagen die für elektromagnetische Strahlung geltenden Normen einhalten;

22. Ein vollständiges und kohärentes kommunales/regionales Register der Telekommunikationseinrichtungen anzulegen, worin sämtliche bestehenden Anlagen, erteilten Genehmigungen sowie neuen Anlagen (nach Massgabe von deren Erstellung) enthalten sind;

23. Eine Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften auf regionaler Ebene zu entwickeln: da die Mobilfunkanbieter ihre Netze regional planen, wäre es sinnvoll, wenn die zuständigen Behörden sich vom standortplanerischen Alleingang jeder Gemeinde distanzierten und ihr Angebot an Standorten ebenfalls regional planten.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 31. Mai 2001, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (8) 12, Entschliessungsentwurf vorgelegt durch Herrn M. Bucci, Berichterstatter)