Empfehlung 164 (2005)1 über Gemeinde- und Regionaldemokratie in Dänemark

Der Kongress,

1. Unter Verweis auf:

a. Artikel 2, Absatz 3 der Statutarischen Entschließung (2000)1 des Ministerkomitees, in der festgelegt wird, dass der Kongress regelmäßige Länderberichte über die Lage der Gemeinde- und Regionaldemokratie in allen Mitgliedstaaten und in den Staaten, die ein Beitrittsgesuch zum Europarat gestellt haben, ausarbeiten und sicherstellen soll, dass die Prinzipien der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung umgesetzt werden;

b. die Entschließungen 31 (1996), 58 (1997) und 106 (2000) des Kongresses, in denen die Prinzipien für die Erarbeitung solcher Berichte definiert werden;

c. seine Entscheidung, einen Monitoring-Bericht über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Dänemark auszuarbeiten;

d. die Tatsache, dass Dänemark zu den ersten Unterzeichnerstaaten der Europäischen Charta gehörte und durch dieses internationale Rechtsinstrument in seiner Gesamtheit gebunden ist;

e. die Tatsache, dass die Bestimmungen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung auf die dänischen Gemeinden (kommuner) und die dänischen Bezirke (amtskommuner) Anwendung finden, die Charta jedoch nicht für Grönland und die Färöer Inseln gilt;

f. die Tatsache, dass Dänemark auch durch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften sowie durch die Konvention über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben gebunden ist;

g. Empfehlung (2004) 12 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die Grenzreform und/oder Struktur der Gemeinden und Regionen;

h. Empfehlung (2001) 19 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die Partizipation von Bürgern am kommunalen öffentlichen Leben sowie die Prinzipien, die in der revidierten europäischen Charta über die Beteiligung von Jugendlichen am kommunalen und regionalen Leben festgelegt sind;

i. die Helsinki Erklärung über regionale Selbstverwaltung, die die europäischen Minister, zuständig für kommunale und regionale Verwaltung in Helsinki im Juni 2002 verabschiedeten, in der die Konzepte und Prinzipien für die Einrichtung, Organisation und Funktionsweise der regionalen Selbstverwaltung festgelegt werden, und gleichzeitig die große Vielfalt der Modelle und Formen der regionalen Selbstverwaltung in Europa anerkannt wird;

j. den Begründungstext über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Dänemark, den die Berichterstatter Kathryn Smith (Vereinigtes Königreich), Roberto Ruocco (Italien) und Karsten Behr (Deutschland), ausgehend von den Ergebnissen der offiziellen Besuche in Kopenhagen am 2. und 3. September 2004 und 29. - 31. März 2005, ausarbeiteten2.

2. Dankt:

a. der dänischen Regierung und dem dänischen Parlament (Folketing) für ihre Zusammenarbeit und die konstruktive Hilfe bei der Ausarbeitung des Berichtes;

b. den nationalen Verbänden „Dänische Regionen” und „Gemeindeverwaltung Dänemark” sowie den Vertretern der Gemeinden und Bürgerverbände für die Informationen, die sie während der Besuche der Delegation des Kongresses zur Verfügung gestellt haben sowie für ihre Aufnahme und Gastfreundschaft;

c. Professor Zoltan Szente, Mitglied der Gruppe unabhängiger Experten des institutionellen Ausschusses des Kongresses für seine Beratung bei der Ausarbeitung des Berichtes über die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie in Dänemark.

3. In der Erwägung, dass:

a. eine breite Reform der dänischen öffentlichen Verwaltung durchgeführt wird und ab dem 1. Januar 2007 gelten sollte;

b. diese Reform durchgeführt wird, um die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors so zu verbessern, dass er den künftigen Anforderungen entspricht und um die Demokratie zu verbessern, so dass die Bürger und Nutzer der öffentlichen Dienste aktiver in die Entscheidungen der Staatspolitik einbezogen werden können;

c. diese Reform die gegenwärtige Struktur der Regional- und Kommunalregierung in Dänemark verändern wird, insbesondere:
 
i. durch die Auflösung der 13 bestehenden Bezirksselbstverwaltungen und die Einrichtung von fünf regionalen Selbstverwaltungen;

ii. durch die Verringerung der Zahl der kommunalen Selbstverwaltungen, damit größere Gemeinden oder bindende Partnerschaften zwischen den Gemeinden eingerichtet werden können, die qualitativ hochwertigere öffentliche Dienste erbringen können.

d. jede kommunale Selbstverwaltung konsultiert und aufgefordert wurde, einen Wunsch zum Zusammenschluss mit (einer) anderen Gemeinde(n) zu äußern;

e. eine unabhängige Evaluierungsstelle, die dem Innen- und Gesundheitsministerium untersteht, ab dem 1. Januar 2006 eingesetzt wird, um systematisch die öffentliche Leistungsfähigkeit im öffentlichen Sektor zu überwachen;

f. mit einer Reihe von Organisationen und Verbänden darüber nachzudenken ist, wie eine Verbesserung der partizipativen Demokratie in Dänemark erreicht werden kann;

g. bis die Reform am 1. Januar 2007 in Kraft tritt, die Amtszeit der Mitglieder der Gemeinden, die von dem Zusammenschluss betroffen sind sowie die der Mitglieder der Bezirksräte über 2006 hinaus verlängert wird, obwohl sie gemäß der geltenden Wahlgesetze in Dänemark 2001 für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt wurden;

h. obwohl die Anwendung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung in ihrer Gesamtheit auf die Gemeinden und Regionen wünschenswert ist, die Mitgliedstaaten beschließen können, nur einen Teil der Bestimmungen gemäß Absatz 1 Artikel 12 der Charta anzuwenden.

4. Begrüßt:

a. die Ziele der Reform: die Einsetzung eines effizienteren öffentlichen Sektors, bessere öffentliche Dienste ohne eine Erhöhung der gegenwärtigen Steuersätze, Verbesserung der Gesundheitsversorgung im ganzen Land, Festlegung klarer Verantwortlichkeiten zwischen den Verwaltungsebenen und Förderung der partizipativen Demokratie;

b. den breiten Konsens, der auf kommunaler Ebene in Dänemark bei der Reform erzielt wurde, seit der Reformprozess im Oktober 2002 ins Leben gerufen wurde.

5. Bedauert jedoch, dass:

a. da die neuen Regionen nicht unter das dänische Gesetz für Kommunalregierungen von 1968 fallen und diese von der dänischen Regierung nicht als Nachfolger der Bezirke betrachtet werden, die dänische Regierung beschließen könnte, sie aus dem Anwendungsbereich der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung herauszunehmen;

b. den neuen Regionen hauptsächlich die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung übertragen wird und sie abgesehen davon keine umfassenden oder exklusiven zusätzlichen Befugnisse erhalten;

c. die neue Verteilung der Kompetenzen auf die Ebenen der öffentlichen Verwaltung auch eine Übertragung der gegenwärtigen Kompetenzen der Bezirke an die Zentralregierung bedeutet;

d. die neuen Regionen nicht das Recht haben, Steuern zu erheben;

e. die neuen Regionen vielleicht nicht das Recht haben, sich mit anderen Regionen oder Gemeinderegierungen zusammenzuschließen, um Aufgaben von gemeinsamem Interesse zu übernehmen;

f. die Reform in einigen wenigen Gemeinden umstritten war und offenbar keine Unterstützung bei der örtlichen Gemeinschaft findet;

g. die Reform auf regionaler Ebene nicht unterstützt wurde und es im Parlament nur eine knappe Mehrheit für die Reform gab.

6. Empfiehlt, dass:

a. die dänische Regierung, das dänische Parlament und andere zuständige Behörden folgende Empfehlungen berücksichtigen, wenn sie die Reform zum Abschluss bringen und nach Inkrafttreten:

i. die fünf neuen Regionen, die ab dem 1. Januar 2007 eingerichtet werden, von der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung am besten in ihrer Gesamtheit abgedeckt werden, damit die neuen Regionen:
 
- ausreichende, umfassende und exklusive Kompetenzen gemäß Artikel 4, Absatz 4 der Charta erhalten;
- das Recht erhalten, Steuern im Einklang mit Artikel 9, Absatz 3 der Charta zu erheben;

- das Recht haben, sich mit anderen Regionen zusammenzuschließen, um Aufgaben von gemeinsamem Interesse, wie in Artikel 10, Absatz 1 der Charta vorgesehen, zu bewältigen;  

gegebenenfalls sicherstellen, dass die fünf neuen Regionen durch die meisten Prinzipien der Charta abgedeckt sind und einige Ausnahmeregelungen für die Anwendung, gemäß Artikel 12, Absatz 1 der Charta, zu fordern;

ii. sicherzustellen, dass die Gemeinden und Regionen in der Arbeit der Evaluierungsstelle, die zur Überwachung der Leistung der Reform eingerichtet wird, vertreten sind und voll und ganz einbezogen werden;
iii. die Bemühungen um besser ausgearbeitete Vorschläge zur Verbesserung der partizipativen Demokratie als eines der Hauptziele der gegenwärtigen Reform fortzusetzen;
iv. in den Gemeinden, in denen eine Entscheidung über die Zusammenlegung noch aussteht, geeignete Lösungen zu finden, ausgehend von breit angelegten Konsultationen und soweit wie möglich, die Wünsche der örtlichen Räte und Bürger zu berücksichtigen;
v. sicherzustellen, dass die dänische Delegation im Kongress 2006 gemäß den in Artikel 2, Absatz 2 der Charta des Kongresses und Artikel 3, Absatz 1 der Statutarischen Entschließung (2000) 1 zusammengesetzt ist.

b. das Ministerkomitee des Europarates den Lenkungsausschuss für Gemeinde- und Regionaldemokratie (CDLR) anweist, die möglichen Auswirkungen der Reform der dänischen öffentlichen Verwaltung für die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen Dänemarks nach dem europäischen Rahmenübereinkommen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften zu prüfen.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 2. Juni 2005, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (12) 8, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch K. Smith (Vereinigtes Königreich, L, Soc), K. Behr (Deutschland, R, EVP/CD) und R. Ruocco (Italien, R, FL), Berichterstatter)

2 CG (12) 8 Teil II