Entschliessung 188 (2004)1 über die Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien

Der Kongress,

1. Unter Hinweis auf den Bericht und den Empfehlungsentwurf über Gemeinde- und Regionaldemokratie in Georgien, verfasst von Ian Micallef (Malta, L) und David Shakespeare (Vereinigtes Königreich, R)2 auf Grund dreier offizieller Besuche (u.a. in Tbilissi, Batumi, Kutaisi und Poti) der Berichterstatter im März und September 2003 und im März 2004;

2. Begrüßt die Anstrengungen, die Georgien seit seinem Beitritt zum Europarat am 27. April 1999 gemacht hat, um seinen Pflichten und Verpflichtungen hinsichtlich der Gemeinde- und Regionaldemokratie, die es mit der Stellungnahme Nr. 209 (1999) akzeptiert hat, gerecht zu werden;

3. In Bezug auf den klar ausgedrückten Wunsch der neuen georgischen Behörden, mit der Dezentralisierung im Lande fortzufahren, um den Gemeinde- und Regionalbehörden zu gestatten, einen Großteil der öffentlichen Aufgaben im Interesse der örtlichen Bevölkerung und im Einklang mit Artikel 3 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, unabhängig und in eigener Verantwortung wahrzunehmen;

4. In der Überzeugung, dass der 1998 im Lande eingeleitete Prozess der Dezentralisierung, der die Übertragung von Befugnissen und Haushaltsmitteln von der staatlichen auf die kommunale und regionale Ebene mit sich bringt, eine echte Gelegenheit bietet, die Beteiligung der Bürger in den örtlichen Einrichtungen zu fördern und zu zeigen, dass die Gemeindedemokratie eine Voraussetzung für die politische und wirtschaftliche Stabilität im Lande darstellt;

5. Stellt mit Besorgnis fest, dass der Reformprozess nur sehr langsam vonstatten ging und immer noch auf ernste Schwierigkeiten und Herausforderungen stößt. Dies wurde noch durch den fortdauernden Stillstand der Bemühungen um eine Lösung der regionalen Konflikte in Abchasien und Südossetien kompliziert, aber auch durch einen Mangel an innenpolitischer Stabilität und Einigkeit über die Gestaltung der Zukunft;

6. Begrüßt die Tatsache, dass das georgische Parlament die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung ratifiziert hat, was für die Stärkung der Gemeindedemokratie in dem Land wesentlich ist und klar den Willen des Landes zeigt, die bei seinem Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtungen und Engagements einzuhalten;

7. Bedauert, dass Georgien folgende Verträge bisher nicht unterzeichnet oder ratifiziert hat:

a. das Europäische Rahmenübereinkommen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder –behörden und seine Zusatzprotokolle;

b. das Rahmenübereinkommen über den Schutz nationaler Minderheiten (unterzeichnet 2000) und das Europäische Übereinkommen über Regional- oder Minderheitensprachen;

8. In Bezug auf den gesetzlichen Rahmen für die Gemeindedemokratie nimmt der Kongress zur Kenntnis, dass in Zusammenarbeit mit dem Europarat eine Gesetzesvorlage über Gemeindeeigentum ausgearbeitet und dem Parlament zugeleitet wurde und dass bei der Abfassung eines vorgeschlagenen Gesetzespakets über Gemeindefinanzen konstruktiv mit den Sachverständigen des Europarats zusammengearbeitet wurde;

9. Hofft, dass das neu gewählte Parlament die Gesetzesvorlagen der Regierung unverzüglich behandeln wird;

10. Weist darauf hin, dass:

a. das Gesetz über die kommunale Selbstverwaltung, das 2001 ohne Beratung mit dem Europarat abgeändert wurde, zwar gegenüber der bisherigen Fassung Verbesserungen enthält, aber immer noch nicht den europäischen Normen entspricht und daher revidiert werden muss;

b. es auch Gesetze für bestimmte Sachgebiete bedarf, um die Grundsätze der Europäischen Charta richtig umzusetzen;

11. Betont die Notwendigkeit, die bestehende Gesetzgebung ordnungsgemäß anzuwenden, insbesondere zur Bekämpfung der örtlichen Korruption und nimmt mit Befriedigung die Bemühungen zur Stärkung der Gesetzgebung in diesem Bereich zur Kenntnis;

12. Begrüßt die Fortschritte in Bezug auf die regionale Demokratie bei der Ausarbeitung und Annahme des Verfassungsgesetzes über den Status der Adscharischen Autonomen Republik durch das nationale Parlament, das der Adscharischen Republik die Unabhängigkeit verleiht, bedauert jedoch, dass praktisch keinerlei Fortschritte bei der politischen Lösung des Konflikts um Südossetien und Abchasien und der Rückkehr der Vertriebenen erzielt wurden;

13. Erkennt an, dass die Bedingungen dafür, dass die georgische Regierung ihre Verpflichtungen zur Verabschiedung eines gesetzlichen Rahmens zur Festlegung des Status der autonomen Gebiete erfüllen kann, noch nicht gegeben sind, ermutigt jedoch die zuständigen georgischen Behörden, weiterhin aktiv mit den Führern dieser Regionen darüber zu verhandeln;

14. Bedauert, dass noch immer keine neue nationale Delegation zum Kongress aufgestellt wurde, obwohl die letzten Gemeindewahlen mehr als zwei Jahre zurückliegen, so dass gewählte Vertreter aus Georgien keine Möglichkeit hatten, an seiner Arbeit teilzunehmen;

15. Stellt mit Besorgnis fest, dass es an einem gemeinsamen Verständnis des Wesens der Gemeindedemokratie und der Zukunft der Dezentralisierungsreform fehlt. Aus diesem Grunde ist die Verständigung zwischen den Zentral- und den Gemeindebehörden zusammengebrochen. Dies wird noch dadurch verschlimmert, dass es den Gemeindebehörden nicht gelungen ist, ihre Interessen und Anliegen auf nationaler Ebene zur Sprache zu bringen, weil es immer noch keinen Gemeindeverband oder Städtetag im Lande gibt und die wenigen bestehenden Gruppierungen von Landkreisverwaltungen schwach sind und sich nicht untereinander abstimmen;

16. Im Lichte der obigen Erwägungen kommt der Kongress zu dem Schluss, dass trotz einiger bescheidener Schritte zu mehr Gemeindedemokratie Georgien noch weit von der Einhaltung seiner Pflichten und Verpflichtungen entfernt ist;

17. Weist seinen Institutionellen Ausschuss an, die Entwicklung auf folgenden Gebieten weiter zu verfolgen:

a. Maßnahmen zur Benennung der neuen nationalen Delegation zum Kongress;

b. Abänderung des derzeitigen Gesetzes über kommunale Selbstverwaltung, um es in Einklang mit der Charta zu bringen;

c. Ausarbeitung gesetzlicher Regelungen insbesondere über Gemeindeeigentum und Gemeindefinanzen;

d. Gründung eines nationalen Gemeindeverbands;

e. Entwicklung und Umsetzung eines nationalen Ausbildungskonzepts für lokale Abgeordnete und Führungspersönlichkeiten;

f. Entwicklung eines Gesetzesrahmens zur Festlegung des Status der autonomen Gebiete;

g. Bemühungen zur Ausarbeitung, Abfassung und Umsetzung einer Dezentralisierungsstrategie für Georgien.

1 Diskussion und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 4. November 2004 (siehe Dok. CG (11) 22 rev. Entschliessungsentwurf vorgelegt durch I. Micallef (Malta, L, EVP/CD) und D. Shakespeare (Vereinigtes Königreich, R, EVP/CD), Berichterstatter).

2 (und Leon Kieres vor Mai 2004)