Empfehlung 118 (2002)1 betreffend Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis - Bilanz und Perspektiven der Konferenzen der Präsidenten der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis in Barcelona (2000) und in Lüttich (2001)

Der Kongress,

1. Überzeugt von der Wichtigkeit des Phänomens der Regionalisierung in Europa;

2. Dem Subsidiaritätsprinzip verbunden, so wie dieses zum ersten Mal mit Artikel 4, Abschnitt 3, der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung in ein internationales Rechtsdokument aufgenommen worden ist;

3. Eingedenk der besonderen Lage der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis in Europa, deren Kompetenzen durch Rechtshandlungen der europäischen Institutionen, insbesondere durch die Direktiven der Europäischen Union, unmittelbar betroffen werden;

4. Bekräftigt, dass diese besondere Lage in keiner Hinsicht der notwendigen Solidarität sämtlicher europäischer Regionen untereinander entgegensteht, so, wie sich diese auch regelmässig im Kongress und vorab in dessen Kammer der Regionen bestätigt;

5. Dankt dem Präsidenten der Generalitat von Katalonien und dem Ministerpräsidenten der Region Wallonien sowie dem belgischen Präsidium der Europäischen Union für ihren wesentlichen Beitrag zum Erfolg der beiden ersten Konferenzen der Präsidenten der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis, die im November 2000 in Barcelona und im November 2001 in Lüttich stattfanden;

6. Schliesst sich den Schlussfolgerungen der beiden Konferenzen an, deren Text der vorliegenden Empfehlung angefügt ist;

7. In Anbetracht des der Kammer der Regionen anlässlich der 9. Tagung des Kongresses durch Herrn Llibert Cuatrecasas vorgelegten Berichts [CPR(9)5 Partie II];

8. Empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarats:

a. bei seinen Arbeiten der besonderen Lage der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis Rechnung zu tragen, indem er diese jedesmal, wenn internationale Rechtsdokumente sie betreffen, über die Kammer der Regionen des Kongresses konsultiert;

b. die Fachkonferenzen der Minister aufzufordern, das gleiche zu tun, sobald sie Fragen aus dem Zuständigkeitsbereich dieser Regionen behandeln;

c. wenn er sich erneut mit dem Entwurf der Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung befasst, den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis besondere Aufmerksamkeit zu widmen, vor allem auch hinsichtlich der der Charta beigefügten Muster;

d. den Kongress bei der Fortsetzung seiner Arbeit an der Regionalisierung zu unterstützen, vor allem auch im Hinblick auf Südosteuropa und den Kaukasus, wo eine gut durchgeführte, gegebenenfalls mit generalisierten Gesetzgebungsbefugnis oder mit Sonderstatut einhergehende Regionalisierung Konflikte verhüten oder lösen, zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen unterschiedlichen Gemeinschaften beitragen und so die demokratische Stabilität festigen kann;

9. Empfiehlt den zuständigen Stellen der Europäischen Union:

a. bei Arbeiten, welche die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis betreffen könnten, den Schlussfolgerungen der Konferenzen von Barcelona vom November 2000 und von Lüttich vom November 2001 (der vorliegenden Empfehlung angefügt) Rechnung zu tragen;

b. die Regionen, besonders diejenigen mit Gesetzgebungsbefugnis, zu den Arbeiten des Ministerrats beizuziehen oder zu konsultieren, wenn diese die regionalen Zuständigkeiten betreffen;

c. den Ausschuss der Regionen in ein Organ mit echten Befugnissen umzuwandeln, in welchem den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis eine wichtige Rolle zufallen könnte;

d. die Prinzipien der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und diejenigen der zukünftigen Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung in die gemeinschaftlichen Errungenschaften aufzunehmen und das Subsidiaritätsprinzip nicht nur auf die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten, sondern auch auf die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Regionen sowie den kommunalen Gebietskörperschaften anzuwenden;

10. Empfiehlt vor allem dem durch Valéry Giscard d'Estaing präsidierten Konvent zur Zukunft der Europäischen Union, bei seiner Arbeit an der Vorbereitung eines Verfassungsrahmens für die Europäische Union im Hinblick auf die Intergouvernementale Konferenz 2004 sowie im Blick auf die Erweiterung der Europäischen Union die obenstehenden Vorschläge zu berücksichtigen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 5. Juni 2002 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 6. Juni 2002 (siehe Dok. CPR (9) 5, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch Herrn L. Cuatrecasas, Berichterstatter)