Empfehlung 119 (2002)1 betreffend die Lage der regionalen Presse in Europa Pluralismus, Unabhängigkeit und Freiheit der regionalen Presse

Der Kongress,

1. Erinnert an die Aufgaben der regionalen Presse, die vor allem darin bestehen:

a. zu berichten über die regionale Politik und Verwaltung und über weitere Fragen von öffentlichem Interesse, um innerhalb der Bevölkerung ein gutes Verständnis vom Funktionieren eines pluralistischen demokratischen Systems zu fördern;

b. zu berichten Über das Kulturleben einschliesslich Sport, um innerhalb der selben Bevölkerung ein regionales Identitätsgefühl aufrechtzuerhalten und zu stärken;

2. Unterstreicht die Bedeutung, die in jeder Region einer breiten Auswahl an Zeitungen und anderen Veröffentlichungen/Ausdrucksmitteln in den Medien zukommt, welche unterschiedlichen Meinungen und Informationen Raum gibt;

3. Im Bewusstsein des Grundprinzips des Journalismus, Unabhängigkeit;

4. Erinnert an die Empfehlung Nr. R(2000)1 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften im kulturellen Bereich, und insbesondere an deren Teil III über die verschiedenen Tätigkeitsgebiete, worin Abschnitt 5 hinsichtlich der Medien folgendes befürwortet:

a. Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Rundfunkstationen, die mit ihren Informationen den gesamten grenzübergreifenden Sektor abdecken;

b. Schaffung grenzübergreifender Presseklubs mit der Aufgabe, die jeweilige Nachbarregion objektiver darzustellen;

c. Nutzung des Internet für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf kulturellem Gebiet (vor allem auch für die Schaffung zweisprachiger grenzübergreifender Zeitungen);

5. Erinnert an die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung zur Ausdrucks- und Informationsfreiheit in den Medien Europas (Rec. 1506/2001) sowie über "Medien und demokratische Kultur" ("Médias et culture démocratique")(Rec. 1407/1999);

6. Nimmt die Untersuchung über grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa (Nr. 8, 2000), welche der Sonderausschuss von Experten für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (Direktion Zusammenarbeit für Gemeinde- und Regionademokratie) durchgeführt hat, zur Kenntnis;

7. Hebt die Bedeutung gewisser Veröffentlichungen der regionalen Presse für ethnische und andere Minderheiten hervor;

8. Nimmt zur Kenntnis, dass die Unabhängigkeit, ja das Überleben pluralistischer regionaler Medien durch wirtschaftliche und politische Pressionen bedroht sein kann und verurteilt solche Pressionen;

9. Erinnert an die Empfehlung Nr. R(99)A des Ministerkomitees des Europarats betreffend Massnahmen zur Förderung des Medienpluralismus und berücksichtigt das Grünbuch der Europäischen Kommission über Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt (COM(92)480final);

10. Erinnert an das Vorhandensein von - meistenteils auch den Anwärterstaaten offenstehenden - Übereinkünften der EU zur Unterstützung:

a. der Verbreitung von Kultur in gedruckter Form, insbesondere mithilfe der Unterstützung von Verlagshäusern;

b. von Regionen mit verzögerter Entwicklung, vor allem durch das Programm Interreg, das die interregionale Zusammenarbeit zu Zwecken der wirtschaftlichen, einschliesslich der kulturellen, Entwicklung fördert;

11. Möchte die regionalen Zeitungen dazu anregen, Nachrichten auch aus Gebieten jenseits der Verwaltungsgrenzen der eigenen Region, wo sich ihr Sitz befindet, zu veröffentlichen, um so das Territorium als ganzes besser bekannt zu machen;

12. Unterstützt die transregionale Zusammenarbeit zwischen Zeitungen sowohl landesintern wie -extern im Hinblick auf die Förderung des kulturellen Austauschs und der Toleranz;

13. Begrüsst die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Printmedien, von der die nachstehenden Beispiele guter Praxis aus der in Artikel 6, oben, erwähnten Untersuchung zeugen:

a. der deutsch-polnische Journalistenclub "Unter Stereo-Typen", der unter anderem eine eigene Informationszeitschrift zuhanden von Journalisten und Entscheidungsträgern im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit veröffentlicht;

b. die grenzübergreifende Dreilandzeitung in der tri-nationalen Grenzregion der Nordwestschweiz;

14. Fordert die Mitgliedstaaten auf,

a. Regelungen zu fördern, die wirklich wettbewerbsorientierte und pluralistische regionale Pressemärkte begünstigen, sodass alle Individuen und Gruppierungen der Gesellschaft Zugang zu einem breitgefächerten Informationsangebot und Meinungsspektrum in der regionalen Presse haben;

b. die Zusammenarbeit zwischen Regionen auf dem Gebiet der Medien zu fördern, indem sie diskriminatorische Massnahmen und Regelungen, vor allem fiskalischer Art, die geeignet sind, den freien Verkehr der durch die regionale gedruckte Presse verbreiteten Informationen zu behindern, abschaffen;

c. dafür zu sorgen, dass die Unabhängigkeit der Redaktionen und Journalisten entsprechend den diesbezüglichen Normen des Europarats gewährleistet ist;

d. der regionalen Presse im demokratischen Leben der In- und Ausländer auf allen territorialen Verwaltungsstufen einen wichtigeren Platz einzuräumen;

e. nach Bereichen zu suchen, auf denen die Zusammenarbeit zwischen Staaten verstärkt werden könnte sowohl hinsichtlich der Medien allgemein als auch hinsichtlich der regionalen Printmedien im besonderen;

f. die Möglichkeiten der Abschaffung von Gesetzen zu prüfen, die das Sammeln von Informationen jenseits der Grenze komplizieren, ohne jedoch den Datenschutz für die Individuen zu gefährden;

g. ihr Festhalten an einer pluralistischen und diversifizierten regionalen Medienlandschaft zu bekräftigen und die Wichtigkeit einer vielfältigen regionalen Presse für das politische und soziale Leben des Einzelnen wie auch der regionalen und anderen Gruppierungen und Gemeinschaften anzuerkennen und entsprechende Aktivitäten einzuleiten;

h. gemeinsam nach Massnahmen zu suchen, wie sich ein unabhängiger und vielfältiger regionaler Pressesektor bewahren lässt, der seine Rolle im Leben der regionalen Gemeinschaften erfüllt;

15. Fordert den Generalsekretär des Europarats auf, die geeigneten Abteilungen dafür anzufordern:

a. den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, eine freie, pluralistische und unabhängige Presse zu pflegen;

b. den Austausch von Journalisten zu unterstützen und die Medienethik sowie Ausbildungsprogramme für Journalisten und Chefredakteure zu fördern;

c. mit dem KGRE zusammenzuarbeiten bei der Organisation zukünftiger Konferenzen und Aktivitäten auf dem Gebiet der regionalen Medien;

16. Fordert die Europäische Kommission auf, dafür zu sorgen, dass ihre Wettbewerbsregeln den Pluralismus der regionalen Printmedien begünstigen, dies insbesondere durch folgende Massnahmen:

a. ihr Programm für Kulturunterstützung so auszustatten, dass es in Zukunft auch die regionalen Medien abdeckt;

b. bei der Zuteilung der Strukturfonds die Unterstützung der regionalen Medien, insbesondere im Rahmen von Interreg, zu bedenken;

c. die Veröffentlichung einer Direktive zu beschleunigen, welche darauf abzielt, die Vielfalt der Publikumsinformation, vor allem auch durch die Regionalpresse, zu gewährleisten;

17. Fordert das Europäische Parlament auf, Methoden zu prüfen, die es ermöglichen, pluralistische und unabhängige regionale Medien in den EU-Mitgliedstaaten wie in den Anwärterstaaten beizubehalten.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 5. Juni 2002 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 6. Juni 2002 (siehe Dok. CPR (9) 4, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch Herrn Suladze im Namen von Herrn Kittelmann, Berichterstatter)