Empfehlung 74 (2000)1 betreffend den Stabilitätspakt für Südosteuropa: konkrete Projekte betreffend Gemeindedemokratie und Grenzüberschreitende zusammenarbeit
Der Kongress
1. Erinnert an seine Empfehlung 58 (1999) von Juni 1999 betreffend die Krise im Kosovo und insbesondere an sein Ersuchen, im Rahmen eines Europaratsbeitrags am Arbeitskreis I des Stabilitätspakts mitzuwirken;
2. In Anbetracht des am 10. Juni 1999 in Köln angenommenen Beschlusses über die Schaffung eines Stabilitätspakts für Südosteuropa, der anlässlich des Gipfels von Sarajewo am 31. Juli 1999 angenommenen Erklärung betreffend diesen Pakt sowie des Beschlusses der diesen Pakt leitenden Stellen, den Europarat zum "Sponsor" der Task Force für gutes Regieren einschliesslich der Aktionen im Bereich der Gemeindedemokratie zu ernennen;
3. Erinnert an seine aktive Mithilfe bei der Vorbereitung und Organisation des am 23. und 24. Februar 2000 in Bukarest veranstalteten Forums über Dezentralisation, Demokratie und Stabilität in Südosteuropa, zu dessen Abschluss ein Aktionsplan zur Stärkung von Gemeindedemokratie und Stabilität in Südosteuropa gutgeheissen wurde, welcher ein Inventar der durch betroffene Parteien, internationale Organisationen und Spender vorgeschlagenen Projekte enthielt;
4. Unterstreicht, dass sein Beitrag zur Vorbereitung dieses Aktionsplans und des Sonderprogramms des Europarats betreffend die Gemeindedemokratie für Südosteuropa in enger Zusammenarbeit mit der Direktion für Zusammenarbeit zugunsten kommunaler und regionaler Demokratie (DGI) entstand;
5. Bekräftigt erneut seine Unterstützung der in dem Aktionsplan enthaltenen (und seither durch neue Projekte ergänzten) Projekte, insbesondere des Programms des Europarats und der seither festgelegten Prioritäten im Hinblick auf das Erreichen folgender sieben Ziele:
- die politische Unterstützung der Stärkung der Gemeindedemokratie zu fördern,
- einen funktionsfähigen rechtlichen Rahmen für die kommunale Selbstverwaltung einzurichten,
- institutionsorientierte Fähigkeiten und solche zu verantwortungsvoller Führung auf lokaler Ebene zu entwickeln,
- die Finanzverwaltung und das Dienstleistungsangebot auf kommunaler Ebene zu stärken,
- demokratischen Bürgersinn und den interkulturellen Dialog auf örtlicher Ebene zu entwickeln (mit dem Schwergewicht auf der Rolle der Agenturen der Gemeindedemokratie (ADL)),
- Partnerschaften zwischen Städten bzw. Regionen zu fördern ,
- die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu unterstützen (in Berücksichtigung insbesondere der Schlussfolgerungen der 7. Konferenz der Grenzregionen (Timisoara, 2. Oktober 1999));
6. Unterstreicht, dass die als prioritär eingestuften Projekte umso wirksamer sein werden, je enger bei ihrer Durchführung die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Regionen der betroffenen Länder ist;
7. Dankt den Regierungen, den internationalen Organisationen wie auch den internationalen Finanzinstituten und privaten Stiftungen, die beschlossen haben, sich an der Verwirklichung einzelner vorrangiger Projekte auf dem Gebiet der Gemeindedemokratie finanziell zu beteiligen;
8. Bedauert indessen, dass trotz des durch seine Mitglieder sowohl bei den Regierungen als auch bei der 12. Konferenz der für Gemeindebelange zuständigen europäischen Minister (Istanbul, 6.-7. April 2000) ergangenen Aufrufs zahlreiche in dem Aktionsplan, und damit in dem Sonderprogramm des Europarats für die Gemeindedemokratie, enthaltenen Projekte noch nicht hinreichend finanziert worden sind, dies auch nicht anlässlich der Konferenz zur Finanzierung des Stabilitätspakts (Brüssel, 29.-30. März 2000) und der Koordinationszusammenkunft der Spender am 19. April 2000;
9. Lädt die Vereinigung der Agenturen der Gemeindedemokratie ein, das Netz der ADL in Südosteuropa - vor allem in Montenegro, im Kosovo und in Serbien - weiter auszudehnen und hebt die vor kurzem erfolgte Eröffnung einer ADL in Prijedor (Serbische Republik) hervor;
10. Macht die Mitgliedsregierungen des Stabilitätspakts, die Europäische Union, die internationalen Organisationen, die internationalen Finanzinstitute und die interessierten Stiftungen darauf aufmerksam, dass der KGRE:
10.1 überzeugt ist, dass eine der grössten Herausforderungen, vor denen Europa in den nächsten Jahren stehen wird, die Wiederherstellung von Frieden, Stabilität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Südosteuropa sein wird;
10.2 überzeugt ist, dass sich der Stabilitätspakt gut eignet als Rahmen für ein globales Herangehen an Südosteuropa, bei welchem Demokratie und Menschenrechte, wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheit als miteinander zusammenhängende Aspekte behandelt werden;
10.3 jedoch der Ansicht ist, dass der Wiederaufbau nach den Konflikten im ehemaligen Jugoslawien nicht nur Sicherheit, Wirtschaft und Infrastrukturen im Auge haben sollte, wennschon diese vorrangig bleiben, sondern dass hierzu ebenso die Gesellschaft, die Institutionen, die Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und somit der Aufbau einer lebensfähigen, strukturierten Gemeindedemokratie gehören, hängt doch die langfristige Sicherheit von allen diesen Faktoren ab;
10.4 der Meinung ist, dass in jenem Gebiet so lange keine langfristige Stabilität einkehren kann, als sich die Bundesrepublik Jugoslawien nicht entschieden der Demokratie zuwendet, und dass die demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik Jugoslawien, besonders diejenigen auf örtlicher Ebene, angemessen unterstützt werden müssen; daher weiterhin den "Szeged-Prozess" unterstützen wird;
10.5 der Meinung ist, dass eine Koordination der Projekte der verschiedenen Spender notwendig ist, und dass der Europarat seine Rolle als Koordinator der Task Force für gutes Regieren im Bereich der "Gemeindedemokratie" weiterhin wahrnehmen sollte;
10.6. der Ansicht ist, dass Projekte und Programme im Bereich der Gemeindedemokratie den besonderen Bedingungen jedes Landes angemessen Rechnung tragen und vollständig transparent umgesetzt werden müssen;
10.7. die Notwendigkeit betont, dass den Städten und Regionen Südosteuropas unter dem Stabilitätspakt Direkthilfe vor Ort über technische Partnerschaften vor allem beim Aufbau von Institutionen, bei der Bewirtschaftung der öffentlichen Dienste und bei der wirtschaftlichen Entwicklung geleistet werden müsse;
10.8. den Beitritt der Moldau zum Stabilitätspakt, wie von der Parlamentarischen Versammlung gefordert, befürwortet;
10.9. die wichtige Rolle der internationalen und der örtlichen NROs, insbesondere der Agenturen der Gemeindedemokratie sowie der nationalen Kommunal- und Regionalverbände, beim Wiederaufbau der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft unterstreicht und fordert, dass sie dabei finanziell angemessen unterstützt werden;
10.10. die Unterstützung hervorhebt, die er den montenegrinischen Städten geleistet hat, indem er dem Verband der Städte der Republik Montenegro Beobachterstatus bei der Kammer der Gemeinden des Kongresses eingeräumt hat;
11. Appelliert an die Regierungen, die internationalen Organisationen und die Finanzinstitute, damit die durch den Europarat vorgeschlagenen und im Programm des Europarats für Gemeindedemokratie wie auch im Aktionsplan als prioritär eingestuften Projekte die zu ihrer Umsetzung notwendigen Kredite erhalten;
12. Lädt den Sonderkoordinator des Pakts sowie den Präsidenten des Arbeitskreises I über Demokratisierung und Menschenrechte, zu dessen Bereich die Projekte betreffend die Gemeindedemokratie gehören, ein, die mit dem Kongress gegebenen Möglichkeiten für die Verwirklichung zahlreicher Projekte des Aktionsplans gebührend zu berücksichtigen und von seiner Bereitschaft, die Umsetzung der durch den Pakt in den Städten und Regionen Südosteuropas beschlossenen Aktionen vor Ort zu beobachten, angemessen Kenntnis zu nehmen;
13. Lädt die Europäische Kommission ein, die Möglichkeiten des Kongresses zu nutzen, an spezifische Projekte unter ihren verschiedenen Programmen - worunter insbesondere die neue Gemeinschaftliche Assoziations- und Wiederaufbauhilfe (CARA) für die fünf westlichen Balkanländer, das Programm PHARE und die Interreg-Initiative - Beiträge zu leisten, dies vor allem in Form von Partnerschaften zwischen Städten bzw. Regionen, durch die Agenturen der Gemeindedemokratie, durch Ausbildung und durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften;
14. Empfiehlt dem Ministerkomitee,
i. die nötigen Kredite zur Verfügung zu stellen, um dem Europarat und insbesondere dem Kongress die Teilnahme an der Umsetzung des Stabilitätspakts zu ermöglichen,
ii. das im August 1999 eröffnete Büro des Europarats in Pristina weiterzufinanzieren, damit es seine unentbehrliche Arbeit fortsetzen kann,
iii. seine Politik der Aufrechterhaltung der Präsenz des Europarats in Podgorica und, sobald die Bedingungen dafür erfüllt sind, auch in Belgrad, fortzusetzen,
iv. sich in den kommenden Monaten zu erinnern an die Bereitschaft des Kongresses:
- sich aktiv zu beteiligen an der Umsetzung der Projekte "Gemeindedemokratie" des Sonderprogramms des Europarats sowie das Funktionieren der Gemeindedemokratie und die praktischen Ergebnisse des durch das Forum von Bukarest gutgeheissenen Aktionsplans in den Städten und Regionen Südosteuropas zu beobachten,
- seine Unterstützung der demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik Jugoslawien, vor allem auf der Ebene der Städte und Gemeinden, weiter zu pflegen, um dem Land zu helfen beim Aufbau einer Gemeindedemokratie als einer wichtigen Errungenschaft, die dazu angetan wäre, seine schliessliche Wiedereingliederung in die internationale Staatengemeinschaft zu erleichtern,
v. finanzielle Vorkehrungen zu treffen für die Koordination der internationalen Beobachtung der auf Herbst 2000 anberaumten Gemeindewahlen im Kosovo.
1 Diskussion durch den Kongress und Annahme am 24. Mai 2000, 2. Sitzung (siehe Dok. CG (7) 10, Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch Herrn Chénard, Berichterstatter).