Empfehlung 65 (1999)1 betreffend den gegenwärtigen Stand und die aussichten der Regionalisierung in Europa

Der Kongress,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,

1. Erinnernd an seine Empfehlung Nr. 6 (1994) betreffend die Konferenz über "Die Regionalisierung in Europa: Bilanz und Perspektiven" und an seine Empfehlung Nr. 34 betreffend den Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung;

2. Erinnernd an Punkt 8 der Präambel zum Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung, worin festgehalten ist, dass dieRegionalisierung nicht das Ziel hat, die nationale Einheit zu schwächen;

3. Die Vorteile der Regionalisierung unterstreichend, die es ermöglicht, die territorialen Besonderheiten im Inneren eines Staates besser zu berücksichtigen und genauer auf die politischen, sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Bestrebungen der Einwohner einzugehen;

4. Überzeugt, dass eine rechtzeitig und in Absprache mit den Regionalbewohnern und ihren Vertretern durchgeführte Regionalisierung ein wirksames Instrument zur Vermeidung von Konflikten ist;

5. Erinnerd daran,

i. dass das Ministerkomitee eine Stellungnahme des Lenkungsausschusses für Gemeinde- und Regionaldemokratie (CDLR) zu der Empfehlung 34 (1997) des Kongresses betreffend die Europäische Charta der regionalen Selbstverwaltung angefordert hatte;

ii. dass der durch den Kongress vorgelegte Entwurf einer Charta einhellige Unterstützung bei der Parlamentarischen Versammlung fand, und dass auch der Ausschuss der Regionen wie die Versammlung der Regionen Europas und der Rat der Gemeinden und Regionen Europas ihn unterstützten;

6. Dem CDLR dankend für die von ihm seit über einem Jahr entsprechend den Vorschlägen des Kongresses an dem Entwurf der Charta geleistete Arbeit;

7. Jedoch bedauernd, dass sich der CDLR in seiner Stellungnahme nicht deutlich zugunsten einer Konvention ausgesprochen sondern die Frage offengelassen hat, ob es sich bei dem zukünftigen Text um eine Konvention des Europarats oder eher um eine "flexible" Empfehlung handeln solle,

8. Empfiehlt den Regierungen:

a. den Wert der Regionalisierung als eines politischen Instruments zur vorbeugenden Behandlung von Spannungen oder gar Konflikten im Inneren der Staaten anzuerkennen;

b. sich von den positiven Erfahrungen anregen zu lassen, die diesbezüglich in einigen europäischen Ländern gesammelt worden sind, wo sich die Regionalisierung als nicht zu vernachlässigender Faktor einer verbesserten nationalen Kohäsion erwiesen hat;

c. stärkeren Nutzen zu ziehen aus den Arbeiten des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas, um sich dort breiter zu informieren über die Merkmale der in den Mitgliedstaaten durchgeführten Regionalisierungen und über ihre Beiträge vor allem auch zur politischen Stabilität, kulturellen Entfaltung und wirtschaftlichen Entwicklung;

d. in dafür geeigneten Fällen noch einmal die Möglichkeit zu prüfen, den Entwurf einer "Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung" als Text einer zukünftigen Europarats-Konvention zu befürworten;

9. Empfiehlt dem Ministerkomitee:

a. in sein zwischenstaatliches Tätigkeitsprogramm spezifische Untersuchungen zur Frage der Regionen und der Regionalisierung auf der Grundlage der in den Mitgliedstaaten gesammelten Erfahrungen aufzunehmen;

b. in die Prüfung der Beitrittsgesuche von sich um den Beitritt zum Europarat bewerbenden Ländern auch den Stand der Regionalisierung miteinfliessen zu lassen;

c. das Thema Regionalisierung in die sein Monitoring leitenden Aspekte aufzunehmen.

d. sobald wie möglich die Stellungnahme des CDLR zu dem Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung zu prüfen und diesem den Auftrag zu erteilen, gestützt auf die Empfehlung des Kongresses mit erster Priorität eine Konvention, anstelle einer flexiblen Empfehlung des Ministerkomitees, auszuarbeiten, und dieses sehr bald, nämlich möglichst bis zum 1. Juli 2000.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 15. Juni 1999, Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 17. Juni 1999 (siehe Dok. CPR (6) 3 rev., Empfehlungsentwurf, vorgelegt durch Herrn C. Haegi, Berichterstatter)