Empfehlung 23 (1996)1 betreffend das erste Ost/West-Wirtschaftstreffen der europäischen Regionen (Genf, 18.-20. Januar 1996)

Der Kongreß,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,

I. Bemüht darum, die Einrichtung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Regionen Mittel- und Osteuropas und denjenigen Westeuropas zu verstärken;

a. Berücksichtigt die durch den KGRE angenommenen Texte:

- die Entschließung 23 (1995) des KGRE, insbesondere die die Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa sowie die regionale Wirtschaftsentwicklung betreffenden Teile,

- die Empfehlung 6 (1994) des KGRE betreffend die Regionalisierung in Europa: Bilanz und Perspektiven,

- die Empfehlung 4 (1994) des KGRE über Fachpartnerschaften zwischen Städten und Gemeinden - ein wirksames Instrument der Zusammenarbeit im großen Europa,

- die Entschließung 248 (1993) über die interterritoriale Zusammenarbeit,

- die Entschließung 223 (1991) über die Rolle der kommunalen und regionalen Behörden in der politischen Integration von West- und Osteuropa,

b. Erinnert an gewisse durch das Ministerkomitee angenommene Texte:

- die Empfehlung Nr. R(94)2 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend die Entwicklung der kleinen und mittelständischen Unternehmen;

- die Empfehlung Nr. R(85)1 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend eine ausgewogene Regionalentwicklung,

c. Erinnert außerdem an gewisse durch die Parlamentarische Versammlung angenommene Texte:

- die Entschließung 1056 (1995) betreffend die Sozialpolitiken und die politische Stabilität in den Ländern Mittel- und Osteuropas,

- die Empfehlung 1273 (1995) betreffend den Europäischen Sozialentwicklungsfonds des Europarats;

- die Entschließung 1040 (1994) und die Entschließung 1064 (1995) betreffend die Aktivitäten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung,

- die Entschließung 1036 (1994) betreffend die wirtschaftlichen Fortschritte und Reformen in Mittel- und Osteuropa: Lektionen und Perspektiven,

II. Nimmt zur Kenntnis

a. die dem vorliegenden Dokument als Anhang beigefügte Schlußerklärung des Ersten Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen, das vom 18. bis 20. Januar 1996 mit mehr als 500 Teilnehmern aus 33 Ländern stattgefunden hat,

b. den Bericht über die Ergebnisse dieser Veranstaltung, der von Herrn Claude Haegi, Berichterstatter, Präsident der Kammer der Regionen und Präsident der 1994 von dem Kongreß eingesetzten Arbeitsgruppe über politische und wirtschaftliche Ost/West-Zusammenarbeit, vorgelegt wurde,

III. Stellt fest,

a. daß die Durchführung des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen eine unmittelbare Antwort des KGRE auf die politischen und wirtschaftlichen Probleme darstellt, denen die neuen Mitgliedstaaten des Europarats sowohl auf kommunaler wie auf regionaler und nationaler Ebene gegenüber stehen, welche die Akteure und wirtschaftlichen Entscheidungsträger auf regionaler Ebene mobilisieren sollte, um so im erweiterten Europa neue Aktionen der Solidarität und Partnerschaft zu veranlassen,

b. daß die Zusammenarbeit der Regionen auf den verschiedenen sozio-ökonomischen Gebieten eine neue Ausgangsbasis für die Ost/West-Zusammenarbeit schafft, welche den Übergang und die Anpassung der neuen Europarats-Mitgliedstaaten an die Erfordernisse einer pluralistischen Demokratie und einer liberalen Marktwirtschaft erleichtern könnte,

c. daß die Regionen über eigene Wirtschaftspotentiale verfügen, die es gesamteuropäisch vermehrt zu mobilisieren gilt, und daß sie die kommunale Entwicklung und die nationale Wirtschaft ergänzende Kräfte darstellen, die imstande sind, im Rahmen eines europäischen Netzes der interregionalen Zusammenarbeit eine vielfältige neue Dynamik und ein tatkräftiges Zusammenwirken einzuleiten;

IV. Unterstreicht,

a. daß eine auf technischer Hilfe begründete Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen Regionen sämtliche sozio-ökonomischen Sektoren einer Region beeinflussen und auf europäischer Ebene beitragen zu einem Transfer von Kenntnissen und Erfahrungen, der es verdient, durch die nationalen wie durch die europäischen Behörden unterstützt zu werden,

b. daß diese neue Initiative als Ergänzung zu den vielfältigen, bisher im Rahmen von Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden entwickelten Initiativen gesehen werden muss, bei der es darum geht, den regionalen Gebietskörperschaften beizustehen bei der Anpassung ihrer ökonomischen Strukturen an die neuen Herausforderungen, die sich aus der Öffnung der Märkte und einem härteren ökonomischen Wettbewerb in einem geographisch erweiterten Rahmen ergeben,

c. daß wirtschaftliche Entwicklung und politische Stabilität auf regionaler wie auf lokaler und nationaler Ebene unerläßlich sind für den Aufbau demokratischer Sicherheit, der Achtung der Menschenrechte und einer auf Privateigentum und individueller Initiative gegründeten Reform der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen,

d. daß die Entwicklung der Privatinitiative und des Unternehmergeistes in den in wirtschaftlichem und sozialem Übergang befindlichen Regionen die Schaffung neuer, administrativer und rechtlicher Grundlagen erfordert für den Aufbau einer pluralistisch-demokratischen Gesellschaft, die die regionalen Behörden entwickeln können, um den öffentlichen und den privaten Wirtschaftsakteuren einen für die Stärkung der regionalen Wirtschaft geeigneten Rahmen zu bieten,

e. daß angesichts des der Genfer Veranstaltung beschiedenen Erfolges und der dabei gesammelten Erfahrungen regelmäßige Treffen zwischen den Wirtschaftsakteuren der Regionen organisiert werden sollten, um die neuen Initiativen, die Kontakte und die auf europäischer Ebene angekurbelte interregionale wirtschaftliche Zusammenarbeit am Leben zu erhalten und zu vertiefen;

VI. Ist der Ansicht,

a. daß die auf europäischer Ebene agierenden Bank- und Finanzierungsinstitute vermehrt die wichtige Rolle berücksichtigen sollten, die die Regionen für die Entwicklung eines Landes spielen können und diesen daher in ihren Finanzanalysen und -projekten einen angemessenen Stellenwert geben sollten,

b. daß die im neuen Europa bestehenden Interdependenzen zwischen den Regionalwirtschaften sowie deren Einbindung in globalisierte Investitionsstrategien nach einer angemessenen Wirtschaftspolitik rufen, die auf eine nachhaltige Entwicklung der Regionen abzielt, damit dem Menschen Lebens- und Arbeitsbedingungen geboten werden, die es ihm erlauben, in seiner Region zu bleiben, statt den Migrationsströmen in die großen städtischen und industriellen Zentren zu folgen;

VII. Empfiehlt den Regierungsorganen,

a. die Vorteile der interregionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit anzuerkennen und diese durch geeignete politische und administrative Maßnahmen zu fördern und zu erleichtern,

b. den regionalen Gebietskörperschaften das Recht zuzuerkennen, in allen in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden sozio-ökonomischen Bereichen auf europäischer Ebene direkte Beziehungen zueinander zu pflegen und zu entwickeln,

c. die Grundsätze der Dezentralisierung, Regionalisierung und Subsidiarität auf regionaler Ebene zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung anzuwenden und mit der Ausarbeitung einer direkt auf die Bedürfnisse der Regionen und ihrer Bewohner zugeschnittenen Wirtschaftspolitik das Nötige zu unternehmen, um die interregionale wirtschaftliche Zusammenarbeit auf europäischer Ebene anzuregen,

d. in Ländern ohne regionale Strukturen die Möglichkeit zu prüfen, regionale Institutionen mit klar umrissenen Zuständigkeiten auf politischer Ebene wie auch auf der Ebene der wirtschaftlichen Entwicklung zu erarbeiten und zu verwirklichen,

e. die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Regionen als Ergänzungsmechanismus zu der europäischen Zusammenarbeit der Staaten zu fördern und den Regionen die administrativen, rechtlichen und finanziellen Mechanismen an die Hand zu geben, die ihnen die Teilnahme an der neuen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Regionen erleichtern,

f. jede Initiative zu unterstützen, welche auf eine Intensivierung der interregionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit im neuen Europa abzielt, darunter vor allem auch die anlässlich des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen in Genf geschaffene "Stiftung für die Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen",

g. die öffentlichen und die privaten Funktionsträger anzuregen, sich vermehrt in Mittel- und Osteuropa mit Investitionen in solchen Sektoren einzusetzen, die unmittelbar die regionale Wirtschaftsförderung im Auge haben, wie etwa in den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die die Fähigkeit haben, sich rasch an die Marktwirtschaft anzupassen,

h. die Wirksamkeit des Fonds für soziale Entwicklung des Europarats zu steigern und, an die noch nicht Mitglied gewordenen Staaten: so rasch wie möglich dieser wichtigen Struktur des Europarats für sozio-ökonomische Interventionen beizutreten;

VIII. Empfiehlt dem Ministerkomitee,

a. für 1998 die Organisation eines Europäischen Jahres für europaweite Partnerschaften zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften zu unterstützen und zu diesem Zweck in den Haushalt 1997/1998 des Kongresses einen besonderen Titel einzufügen, der die Durchführung dieser Kampagne ermöglicht,

b. den Lenkungsausschuss der Gemeinden und Regionen (CDLR) um einen Beitrag zu dem Europäischen Jahr für europaweite Partnerschaften (1998) in Form der Ausarbeitung eines Handbuchs zu bitten, welches das Eingehen von Partnerschaften erleichtert und die auf diesem Gebiet zu entwickelnden Arbeitsbereiche und -mechanismen beschreibt,

c. den CDLR mit der Analyse der Ergebnisse des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen (Genf, Januar 1996) zu beauftragen, um, in Anwendung auch seiner früheren Arbeiten zur Regionalisierung in Europa, zu Schlußfolgerungen betreffend die Stärkung der regionalen Strukturen und der interterritorialen Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet zu gelangen,

d. das Sekretariat des KGRE mit jenen Hilfsmitteln im Bereich der Informatik auszustatten, die es ihm gestatten, sich aktiv zu beteiligen am Aufbau des anlässlich des Genfer Treffens gegründeten "Internet der Regionen", jenes interaktiven Kommunikationssystems, das die europäischen Regionen direkt miteinander in Kontakt bringen soll, um ihnen den Informationsaustausch und die Schaffung von Partnerschaften und Hilfsprojekten zu erleichtern,

e. im Programm LODE 1998 die nötigen Mittel vorzusehen, um gesamteuropäische Modell-Partnerschaften zu unterstützen und der Schaffung einer begrenzten Anzahl von Partnerschafts-Pilotprojekten direkte Hilfe bieten zu können,

f. die Konferenz der europäischen Raumordnungsminister (CEMAT) aufzufordern, in ihre Arbeit an der zukünftigen Raumordnung in Europa die regionalen Verschiedenheiten und die Erfordernisse der regionalen Wirtschaftsentwicklung vermehrt einzubeziehen und in diesem Bereich stärker mit dem KGRE zusammenzuarbeiten,

g. dem Generalsekretär zu ermöglichen, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Statuts der Stiftung eine aktive Rolle bei der "Stiftung für die Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen" zu übernehmen, und einen finanziellen Beitrag an deren Budget zu entrichten,

h. dem in Genf an sie gerichteten Aufruf zur Vereinigung der Bemühungen um einen raschen regionalen Wiederaufbau in den durch den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien betroffenen Ländern und Regionen Folge zu leisten und im Hinblick hierauf die den Botschaften der Gemeindedemokratien zur Verfügung gestellten Mittel zu verstärken;

IX. Empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung,

a. die Ergebnisse des Genfer Treffens zu prüfen und zu untersuchen, welche Mittel ihr zur Verfügung stehen, um die interregionale wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa - als Ergänzung der nationalen Wirtschaftspolitik - zu fördern,

b. der "Stiftung für die Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen" und deren zukünftiger Arbeit ihre Unterstützung zukommen zu lassen,

c. ihre Analyse der im neuen Europa bestehenden regionalen Disparitäten und deren Auswirkungen auf die interregionale Zusammenarbeit und die nachhaltige europäische Raumordnung wiederaufzunehmen,

d. in den neuen Mitgliedstaaten des Europarats durch eine Sensibilisierungkampagne bei den nationalen Parlamenten die Schaffung von Regionalstrukturen anzuregen, die den Forderungen des Subsidiaritätsprinzips entsprechen und imstande sind, eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Dynamik zu bewirken, welche diejenige auf gesamtstaatlicher Ebene ergänzt;

X. Fordert den Fonds für soziale Entwicklung des Europarats auf,

a. bei dem Entwurf seiner Projekte und der Arbeit mit seinen Mitgliedsländern der regionalen Dimension und insbesondere den regionalen sozio-ökonomischen Entwicklungsprojekten Rechnung zu tragen,

b. in Zusammenarbeit mit dem KGRE Informationsinitiativen in Gang zu setzen, um die Möglichkeiten besser bekannt zu machen, welche diese Institution im Bereich der sozio-ökonomischen Entwicklung auf regionaler wie auf nationaler Ebene bietet,

c. bei der Zuteilung von Finanzmitteln an seine Mitgliedsländer auch auf deren Anwendung der demokratischen Grundprinzipien - wie etwa die Verwirklichung der kommunalen und, gegebenenfalls, der regionalen Selbstverwaltung - zu achten;

XI. Fordert die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) auf, bei der Zuteilung von Hilfsprojekten in Mittel- und Osteuropa nicht nur ökonomische Indikatoren, sondern auch demokratische Kriterien - wie etwa die Anwendung der kommunalen und, gegebenenfalls, der regionalen Selbstverwaltung - zu berücksichtigen.

ANHANG

SCHLUSSERKLÄRUNG

ERSTES OST/WEST-WIRTSCHAFTSTREFFEN DER EUROPÄISCHEN REGIONEN
Genf (Schweiz), 18.-20. Januar 1996

Die etwa 500 aus 34 Ländern zusammengekommenen Teilnehmer an dem vom 18.-20. Januar 1996 in Genf durchgeführten Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffen der europäischen Regionen,

Begrüßen den Beschluß des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarats (KGRE) und insbesondere von dessen Kammer der Regionen, als Hauptthema für eine wahrhaft gesamteuropäische Debatte die Probleme der regionalen Zusammenarbeit und der regionalen Wirtschaftsentwicklung gewählt zu haben,

Danken den gastgebenden Behörden von Republik und Kanton Genf für die Gastfreundschaft

Und sind zu den folgenden Ergebnissen gelangt:

I. Die Regionen Europas angesichts der Probleme der Zusammenarbeit und wirtschaftlichen Entwicklung

1. Ganz Europa befindet sich zur Zeit in einer Phase der Umstrukturierung und tiefgreifenden Neuordnung sowohl in wirtschaftlicher wie auch in politischer und gesellschaftlicher Hinsicht;

Sämtliche europäischen Länder sind mit den aus der Öffnung der Grenzen entstandenen Problemen konfrontiert: der weltweiten Ausweitung der Investitionsstrategien, Verbindungen und der Wirtschaftsnetze, der Öffnung der Märkte und den Herausforderungen des internationalen Wettbewerbs, der gesteigerten Mobilität und vermehrten Migration der Menschen und der Globalisierung der Informatik, Kommunikation und Information;

2. In dieser allgemein komplexen Konstellation befinden sich die mittel- und osteuropäischen Länder noch zusätzlich in einer schwierigen Zeit des Übergangs und der Neuorganisation des politischen Systems:

- die Einführung der pluralistischen Demokratie und des Subsidiaritätsprinzips erfordert eine vollständige Reform der Regierungsstrukturen des Staats und seiner Verwaltung;

- die Einführung der Mechanismen der liberalen Marktwirtschaft in die Volkswirtschaft und deren Integration in den weltweiten wirtschaftlichen Wettbewerb führen zu beträchtlichen Anpassungsschwierigkeiten sowohl bei den betroffenen Menschen wie auch allgemein im Bereich der internationalen Zusammenarbeit;

3. Die Regionen wollen auf der politischen und wirtschaftlichen Bühne Europas präsent sein; sie können hier eine wichtige Rolle spielen, indem sie zur Bewältigung der Schwierigkeiten der aktuellen Wirtschaftslage beitragen;

4. Die Regionen verfügen über eigene Wirtschaftspotentiale, die sie im Rahmen eines Systems der interregionalen Zusammenarbeit auf gesamteuropäischer Ebene mobilisieren wollen; sie geben dem Wunsch Ausdruck, in diesem Vorhaben sowohl bei den nationalen Behörden als auch bei den europäischen Institutionen und Organisationen Unterstützung zu finden;

5. Die Regionen verlangen, daß den regionalen Gebietskörperschaften das Recht zuerkannt werde, untereinander ohne Einmischung des Staates direkte Beziehungen zu pflegen und zu intensivieren, um auf ihrer Ebene und im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auf die Erfordernisse der neuen wirtschaftlichen Lage in Europa eingehen zu können;

6. Gestützt auf eine gesamteuropäische Solidarität der Regionen können diese beitragen zu einem der wichtigsten Ziele des Europarats: der Stabilität und demokratischen Sicherheit in Europa;

7. Um eine derartige Entwicklung sicherzustellen und alle Hindernisse beim Aufbau eines solidarischen und friedlichen Europa abzubauen, haben sich die Regionen seit dem Fall der Mauer 1989 sowohl bi- wie multilateral auf eine breite Bewegung der Zusammenarbeit und technischen Hilfe eingelassen, um den Transfer des benötigten Know-how zu bewältigen und zur Schaffung von neuen geeigneten und arbeitsfähigen Verwaltungseinrichtungen beizutragen;

8. In einer ersten Phase der Zusammenarbeit und Hilfeleistung galt die Sorge dem Aufbau neugestalteter nationaler Strukturen und Institutionen, um so die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, die in einer pluralistischen Demokratie unentbehrlich sind.

Im Zuge dieser Initiativen sind arbeitsfähige kommunale Verwaltungsstrukturen entstanden;

9. Nun wären in einer zweiten Phase die Konzipierung und Schaffung von regionalen Institutionen notwendig, was für die meisten mittel- und osteuropäischen Staaten eine wichtige, noch zu leistende Aufgabe bleibt;

II. Politischer und wirtschaftlicher Befund der gesamteuropäischen Zusammenarbeit zwischen Regionen

10. In Anbetracht der Feststellung, daß die Wirtschaftslage in Mittel- und Osteuropa schwierig bleibt und die Übergangs- und Anpassungsschwierigkeiten anhalten, kann die auf Solidarität und gegenseitiges Verständnis gegründete interregionale Zusammenarbeit ergänzende Anregungen zur Verringerung der bestehenden Wirtschaftsprobleme vermitteln;

11. Die Intensivierung der Zusammenarbeit unter den Regionen, die Stärkung und Vertiefung ihrer Kontakte und die Entwicklung eines nicht abreißenden Gesprächs im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft stellen eine neue Ausgangsbasis für die Ost/West-Zusammenarbeit dar, in welche die interregionale wirtschaftliche Zusammenarbeit mit eingeht;

Eine auf gegenseitiger technischer Hilfe beruhende Partnerschaft zwischen den Regionen ist ein neuer Faktor in der gesamteuropäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit;

Diese Zusammenarbeit betrifft sämtliche Sektoren der regionalen Entwicklung und beruht auf dem Austausch von Informationen und Erfahrungen über die Möglichkeiten und Aussichten von kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften, ihrerseits Initiativen auf wirtschaftlichem Gebiet zu entwickeln;

12. Es hat sich gezeigt, daß die Regionen auf sämtlichen Sektoren ihrer Kompetenz, vor allem auf folgenden Gebieten, wirtschaftliche Initiativen entwickelt haben:

- Erschließung für den Tourismus,

- industrielle Umstrukturierung und Partnerschaften auf der Ebene der kleinen und mittelständischen Unternehmen,

- grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Aufbau gutnachbarschaftlicher Beziehungen,

- Ausbildung und Information.

(Einzelheiten zu den Ergebnissen der Workshops werden später veröffentlicht.)

III. Die regionale Wirtschaftsentwicklung als Baustein starker und blühender Regionen

13. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarats stellten in ihrer Wiener Erklärung fest: "Die Schaffung eines toleranten und blühenden Europa hängt nicht nur von der Zusammenarbeit der Staaten ab. Sie gründet vielmehr auch auf einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften, welche die Verfassung und territoriale Integrität jedes Staates respektiert. Wir verpflichten die Organisation darauf, ihre Arbeit auf diesem Gebiet weiterzuführen und sie auf die Zusammenarbeit auch unter solchen Regionen auszudehnen, die nicht aneinander grenzen";

14. Die regionale Entwicklung und insbesondere die regionale Wirtschaftsentwicklung in allen Ländern Europas stellt einen wichtigen Bestandteil jeder nationalen wie auch jeder europäischen Wirtschaftspolitik dar;

15. Die regionale Wirtschaftsentwicklung ist weder ein neues noch ein von der nationalen Wirtschaftspolitik unabhängiges Element, sondern stellt vielmehr eine die nationale Wirtschaftspolitik ergänzende Dimension dar, die aber flexibler und schneller in ihrer Anpassung an neue Situationen ist, schneller auf diese reagiert und außerdem näher beim Bürger und dessen wahren Bedürfnissen angesiedelt ist;

16. Endziel der regionalen Wirtschaftsentwicklung ist die Herstellung von Lebens- und Arbeitsbedingungen, die es dem Menschen und seinen Gemeinschaften ermöglichen, in seiner Region zu bleiben, zu arbeiten und zu leben;

Damit stellt sie einen entscheidenden Faktor jeder Raumordnungspolitik dar, die ja letztlich eine ausgewogene Regionalentwicklung sowohl im nationalen wie im europäischen Rahmen anstrebt;

17. Der Erfolg der regionalen Wirtschaftsentwicklung hängt ab von der Dynamik und Initiative der regionalen Akteure im öffentlichen wie im privaten Sektor;

18. Die Vertreter des öffentlichen und des privaten Sektors arbeiten in komplementärer Weise für das Wohlergehen der Region und sollten deshalb ihr Vorgehen fortlaufend miteinander abstimmen und eine ständige Zusammenarbeit pflegen;

19. Der regionale Dialog zwischen den Wirtschaftsakteuren des öffentlichen und des privaten Sektors ist wichtig und sollte dort, wo er nicht hinreichend verwurzelt ist, noch entwickelt werden;

20. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor ist es notwendig, regionale Strukturen und Beratungseinrichtungen ins Leben zu rufen, die das Ausarbeiten einer speziellen Wirtschaftspolitik für die Regionen möglich machen;

IV. Grundbedingungen für die interregionale Zusammenarbeit

21. Dezentralisierung und Regionalisierung sind die beiden Grundkonzepte, die die Schaffung von Bedingungen für eine Wirtschaftspolitik gestatten, die direkt auf die Bedürfnisse der Regionen und ihrer Einwohner eingeht und die interregionale Zusammenarbeit ermöglicht;

22. Das Subsidiaritätsprinzip sollte im politischen und im administrativen Bereich angewendet werden und sich auch im wirtschaftlichen Bereich auswirken;

23. Hinsichtlich des Subsudiaritätsprinzips läßt sich feststellen, daß die Regionen wie die Gemeinden eine für die Wirksamkeit ihrer Arbeit und die Erfüllung der Bedürfnisse ihrer Bevölkerung privilegierte Stellung einnehmen, stehen sie doch in unmittelbarem Kontakt mit den örtlichen und regionalen Wirklichkeiten;

24. Es wäre deshalb wünschenswert, daß in sämtlichen europäischen Ländern autonome regionale Institutionen geschaffen und entwickelt würden, die über detaillierte Zuständigkeiten verfügen und mit einer auf eigenen Haushaltseinkünften beruhenden Finanzautonomie ausgestattet sind;

25. Im Hinblick hierauf fordern die zu der gegenwärtig stattfindenden Konferenz zusammengekommenen Regionen den KGRE auf, die Abfassung der Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung zu beschleunigen und bitten die Regierungen, diese Charta wohlwollend aufzunehmen;

V. Aussichten für eine interregionale Wirtschaftspartnerschaftlichkeit in Europa

Hinsichtlich der Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen den Regionen

26. Wünschen die Teilnehmer, die interregionale wirtschaftliche Zusammenarbeit innerhalb Europas und vor allem auch mit den mittel- und osteuropäischen Ländern zu verstärken;

27. Fordern die Teilnehmer die Regierungen auf, die positiven Resultate dieser Zusammenarbeit anzuerkennen und den kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften die Entwicklung neuer Initiativen und die Bindung an konkret in Aussicht stehende Projekte zu erleichtern;

28. Regen die Teilnehmer die Gemeinden und Regionen an, sich vermehrt in der Schaffung neuer Partnerschaften zwischen westeuropäischen und mittel- bzw.osteuropäischen Gebietskörperschaften einzusetzen, um einander zu helfen und gemeinsam gemeinschaftliche Projekte im Bereich der regionalen Wirtschaftsentwicklung zu gründen;

29. Geben die Teilnehmer dem Wunsch Ausdruck, daß sowohl die staatlichen Behörden als auch die Behörden der europäischen Institutionen die Gemeinden und Regionen unterstützen, damit diese verstärkt Partnerschaften eingehen und Kooperationsprojekte entwickeln können, um sich so aktiv am Fortgang der europäischen Integration beteiligen zu können;

30. Schlagen die Teilnehmer die Schaffung eines gesamteuropäischen Forums der Begegnung, der Diskussion und des Ideenaustauschs über die Entwicklung und Intensivierung wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den Regionen vor, das ihnen die Darstellung ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten und den Aufbau direkter Kontakte zwischen den einschlägigen Behörden ermöglicht;

31. Sind die Teilnehmer der Ansicht, daß die westlichen Investitionen in den Ländern Mittel- und Osteuropas verstärkt werden sollten und daß den diesbezüglich in den verschiedenen Workshops formulierten Vorschlägen (Zusammenfassungen der Workshop-Arbeiten werden gesondert publiziert) konkrete Aktionen folgen müßten, insbesondere bezüglich:

- der Rolle der Bankinstitute sowie der Industrie- und Handelskammern;

- dem rechtlichen Schutz und der Rechtssicherheit in den Ländern Mittel- und Osteuropas;

- der kulturellen Zusammenarbeit und des Bildungswesens;

- der interregionalen Zusammenarbeit von verschiedenen Partnern;

- der Ausbildung für eine Modernisierung der Kommunal- und Regionalverwaltungen;

- der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit von Regionen;

VI. Suche nach Lösungen für die Verbesserung der gesamteuropäischen Wirtschaftsbeziehungen der Regionen untereinander

32. Die Vertreter der Regionen unterstützen und fördern die bedeutsame Initiative zur Schaffung einer Stiftung für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen, die mit den Folgeaktivitäten zu dem Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffen der europäischen Regionen betraut wird, insbesondere mit der Schaffung eines interaktiven Kommunikationsnetzes zwischen den europäischen Regionen im Internet;

33. Sie sind der Meinung, daß eine neue gesamteuropäische Bewegung für die Gründung interregionaler Wirtschaftspartnerschaften eingeleitet werden sollte und begrüßen in dieser Hinsicht den Vorschlag, 1997 ein Europäisches Jahr (eine Europäische Kampagne) für den europaweiten Aufbau von Partnerschaften durchzuführen;

34. Die Vertreter der Regionen begrüßen den Friedensprozeß in den durch den Konflikt in Ex-Jugoslawien betroffenen Regionen und verpflichten sich, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten dazu beizutragen;

35. Sie betonen die Notwendigkeit einer Anstrengung von ganz Europa, um die durch den Krieg zerstörten Gebiete in Bosnien-Herzegowina und in Kroatien wiederaufzubauen und stabile, sichere und geschützte Lebensumstände für die Bewohner sicherzustellen;

36. Um die verfügbaren Mittel mit größtmöglicher Wirksamkeit einsetzen zu können, wäre es notwendig, die gegenseitigen Informationen zu vervollständigen und die durch die verschiedenen europäischen, nationalen und regionalen Organisationen angebotenen Hilfsprogramme zu koordinieren;

Diesbezüglich nehmen die Teilnehmer mit großem Interesse Kenntnis von den Initiativen zur Gründung von Botschaften der Gemeindedemokratie und wünschen, daß sich die Regionen neben den Städten vermehrt für die Förderung dieses Programms einsetzen;

37. Sie rufen die europäischen Staatsregierungen sowie die europäischen Institutionen und Organisationen auf, sich ihren Bemühungen um einen raschen regionalen Wiederaufbau in den betroffenen Ländern anzuschließen und dabei die guten Beziehungen miteinzuschließen, die zwischen den Regionen und ihren Vertretungsorganisationen auf europäischer Ebene bestehen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 3. Juli 1996 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 5. Juli 1996 (siehe Dok. CPR (3) 4 Empfehlungsentwurf vorgelegt von Herrn C. Haegi, Berichterstatter)