Entschliessung 83 (1999)1 betreffend den gegenwärtigen Stand und die Aussichten der Regionalisierung in Europa

Der Kongress,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,

1. In Anbetracht des durch Herrn Claude Haegi (Schweiz) vorgelegten Berichts über den gegenwärtigen Stand und die Aussichten der Regionalisierung in Europa;

2. In der Erwägung, dass die Regionalisierung in zahlreichen Mitgliedstaaten des Europarats ein aktuelles Thema darstellt, und dass hinsichtlich der Dezentralisations- und der Regionalisierungspolitiken ermutigende Entwicklungen zu verzeichnen sind;

3. Der Meinung, dass die Regionalisierung multiethnischer Staaten nicht als Vorwand dienen darf für separatistische Aktionen;

4. Erinnernd an seine neueren Arbeiten zur kommunalen und regionalen Demokratie in den Mitgliedstaaten und seine Kammer der Regionen auffordernd, mit der Durchführung technischer Kolloquium zu diesem Gebiet und dem Sammeln von Erfahrungen und kostbaren Informationen fortzufahren zuhanden von Ländern, die dezentralisierte und regionalisierte Strukturen anstreben;

5. Seine Kammer der Regionen im weiteren auffordernd, diese Tätigkeit in Partnerschaft mit europäischen interregionalen Organisationen wie der Europäischen Union, dem CEE/NU, der Versammlung der Regionen Europas, dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas, der FEDRE und der CRPM zu entwickeln, die sich an der Organisation europäischer Seminarien zur Förderung des Regionalismus beteiligen;

6. Die Vorschläge und Folgerungen aus dem oben erwähnten Bericht sich zu eigen machend;

7. Beschliesst, seine Analyse des Regionalisierungsstandes und seine Bemühungen um die Förderung der Dezentralisation und der Regionalisierung in den Mitgliedstaaten fortzusetzen. Er formuliert die folgenden Leitgedanken zuhanden interessierter nationaler Delegationen:

a. Politiken und Verwaltungsreformen in Mitgliedstaaten mit dem Ziel der Regionalisierung sollten sich an dem durch den Kongress ausgearbeiteten Entwurf der Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung orientieren;

b. er wiederholt seine Bekräftigung, dass die Finanzhoheit der regionalen Elemente des Staates unerlässlich ist, jedoch nur zusammen mit Mechanismen des Finanzausgleichs und somit nicht gegen die nationale oder föderale Solidarität gerichtet ausgeübt werden kann;

8. Hinsichtlich Russlands sollte der Kongress auf das Jahr 2000 eine Konferenz über die Finanzbeziehungen zwischen der Föderation, ihren Bürgern und den Gemeinden anberaumen;

9. Begrüsst die Tatsache, dass die eine Stärkung der Regionen Italiens bezweckenden Reformen gehaltvoll sind; ihre Fortsetzung muss unterstützt werden, zumal sie das Subsidiaritätsprinzip auf den verschiedenen Stufen öffentlichen Handelns anwenden und sich damit an den Entwurf der Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung anlehnen;

10. Die zuständigen Behörden Polens müssen ermutigt werden, die neue Regionalisierungsreform, die als ein wichtiger Entwicklungsschritt in der Organisation des Staates anzusehen ist, vollständig durchzuziehen und hinsichtlich der Finanzhoheit der Woiwodschaften noch weiter fortzuschreiten;

11. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Verwaltungsstruktur Ungarns ist eine Stärkung der politischen und finanziellen Zuständigkeiten der bestehenden Regionalstrukturen des Landes angezeigt;

12. Begrüsst die bei der Regionalisierung der Tschechischen Republik erzielten Fortschritte und erachtet es nun für notwendig, rasch die nötige spezifische Gesetzgebung anzunehmen, damit die neuen Regionen (Kraje), wie vorgesehen, ab 2000 funktionieren können. Der Kongress begrüsst den Plan, ein Fachkolloquium durchzuführen, das den Experten Gelegenheit geben soll, zu der diesbezüglichen Entwicklung Stellung zu nehmen;

13. Indem er an seinen Einsatz auf diesem Gebiet und an die anlässlich eines Kolloquiums 1998 formulierten Stellungnahmen erinnert, muss der Kongress die zuständigen Stellen der Slowakei auffordern, so rasch wie nur möglich den Entwurf des slowakischen Regionalisierungsgesetzes, das sich an den vom Kongress hierzu geleisteten Arbeiten sowie an der durch die Experten des Kongresses bereits abgegebenen Stellungnahme orientieren sollte, wieder aufzugreifen;

14. Indem er sie an die Ergebnisse des Kolloquiums von 1998 und die durch die Experten des Kongresses abgegebenen Stellungnahmen erinnert, müssen die zuständigen Stellen Bulgariens aufgefordert werden, mit der Schaffung echter regionaler Gebietskörperschaften eine Dezentralisierungspolitik einzuleiten;

15. Indem er sie an die Entschliessung 58 (1997), Punkt 14, sowie an die Empfehlung 47 (1998) erinnert, muss der Kongress die zuständigen Stellen Lettlands auffordern, den Regionalisierungprozess durch die Schaffung einer mit eigenen politischen und finanziellen Zuständigkeiten ausgestatteten regionalen Ebene wiederzubeleben;

16. Die litauischen Behörden müssen aufgefordert werden, die Unabhängigkeit der Gemeinden abzusichern und die Arbeit an einer echten Regionalisierungspolitik aufzunehmen;

17. Die Behörden Albaniens können sich auf den Beistand des KGRE sowie des Programms LODE stützen, um Zugang zu den Erfahrungen der europäischen Länder zu erhalten, auf dass sie in den Diskussionen über eine den einschlägigen europäischen Grundsätzen entsprechende Regionalisierung ihres Landes vorankommen;

18. Indem er an die Entschliessung 58 (1997), Punkt 15, betreffend die Moldau erinnert, muss der Kongress darauf achten, dass die betreffend die Gebietsverwaltung angenommenen Texte die Minoritäten und das Sonderstatut von Gagausien berücksichtigen;

19. Es wird daran erinnert, dass der Kongress in seinen Entschliessungen 58 (1997), Punkt 16, 68 (1998) und in seiner Empfehlung 48 (1998), Punkt 15b., bereits genaue Leitlinien für die Schaffung regionaldemokratischer Strukturen in der Ukraine formuliert hat;

20. Erinnert an die Entschliessungen 58 (1997), Punkt 13, 67 (1998) sowie die Empfehlung 46 (1998), Punkte 6 und 7, worin Kroatien empfohlen wird, eine Lösung für das Problem der Bestätigung des Regionalpräsidenten zu finden und die Zuständigen der regionalen Institutionen zu stärken;

21. Die Organe Rumäniens müssen aufgefordert werden, die administrative und finanzielle Autonomie der Judets stärker zu entwickeln;

22. Die im Vereinigten Königreich unternommenen Reformanstrengungen in Richtung einer Regionalisierung werden anerkannt, aber festgestellt, dass sie nicht das ganze Land betreffen; der Kongress wird nach ihrer Umsetzung 1999 eine Evaluation ihrer Tragweite vornehmen müssen;

23. Der Kongress verfolgt den in Schweden durchgeführten Versuch mit Pilotregionen mit Interesse und muss eine Evaluation des zur Zeit in drei Regionen laufenden Versuchs ins Auge fassen;

24. Was Finnland und die Niederlande betrifft, so nimmt der Kongress in der laufenden Tagung die Empfehlung Nr.... bzw. die Empfehlung Nr. ... an;

25. Das Scheitern des Referendums zur Regionalisierung in Portugal bedauernd, sollte der Kongress den Reflexionsprozess über die Vorteile der Regionalisierung und die Stärkung der demokratischen Regionalstrukturen bei den Bügern und ihren politischen Vertretern neu in Bewegung setzen;

26. Es wird daran erinnert, dass der Kongress in seiner Empfehlung 29 (1997) und seiner Entschliessung 50 (1997) bereits Vorschläge zur Verbesserung der regionalen Demokratie in der Türkei formuliert hat, welche durch die Behörden dieses Landes noch nicht umgesetzt worden sind;

27. Den vor ganz kurzem erfolgten Beitritt Georgiens zum Europarat als dessen 41. Mitgliedstaat begrüssend, wird daran erinnert, dass die Regionalisierung in diesem Lande ein aktuelles und sorgenvolles Thema ist, und es wird vorgeschlagen, Erfahrungen der europäischen Länder, die politische Leitlinien für die zukünftige Entwicklung der Regionalisierung in Georgien abgeben könnten, dem Lande zur Kenntnis zu bringen und als ersten Schritt hierzu Ende des Jahres 1999 ein Kolloquium zu organisieren.

1 Diskutiert und gutgeheissen durch die Kammer der Regionen am 15. Juni 1999; angenommen durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 17. Juni 1999 (siehe Dok. CPR (6) 3 rev., Entschliessungsentwurf, vorgelegt durch Herrn C. Haegi, Berichterstatter)