Entschliessung 70 (1998)1 betreffend soziale Kohäsion in den Städten

Der Kongress,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Gemeinden,

1. Nach Kenntnisnahme des Berichts von Frau Jaggi und Herrn Roppe über Soziale Kohäsion in den Städten, begrüsst die in der Empfehlung Nr 51 (1998) enthaltenen Vorschläge;

2. In Anbetracht dessen, dass soziale Kohäsion in Städten die Fähigkeit der Menschen bezeichnet, zufriedenstellend und friedlich in Achtung vor den Menschenrechten und den sozialen Rechten der Anderen zusammenzuleben;

3. In Anbetracht dessen, dass die öffentliche Verwaltung, insbesondere auf der kommunalen Ebene, die Aufgabe hat, Bedingungen zu schaffen, in welchen solche Rechte und eine solche Lebensführung respektiert und geleistet werden können;

4. Erinnert in diesem Sinne an die kürzlich durchgeführte Kampagne des Europarats gegen "Intoleranz, Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus" sowie diejenige der Europäischen Union zu dem selben Thema;

5. Begrüsst den Nachdruck, der am zweiten Gipfel auf diese Fragen gelegt wurde;

6. In Anbetracht dessen, dass die soziale Kohäsion zwar gerade in den Städten am sichtbarsten bedroht ist, dass es aber auch die Städte sind, wo sie am leichtesten herstellbar und kontrollierbar ist;

7. Glaubt, dass die Städte somit in diesen und in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens die Arena sowohl von Problemen wie auch von Handlungsmöglichkeiten sind;

8. Glaubt, dass es eines der wichtigsten Ziele von Stadtpolitiken ist, eine soziale Kohäsion herzustellen und erinnert in diesem Sinne an die Grundsätze der Europäischen Städtecharta und an deren Abschnitte zu dieser Frage;

9. Ist der Ansicht, dass Gemeindedemokratie, Staatsbürgerlichkeit, Partnerschaftlichkeit, Konzertation und Zusammenarbeit Schlüsselfaktoren der sozialen Kohäsion sind.

EMPFIEHLT INFOLGEDESSEN DEN GEMEINDEN EUROPAS,

10. HINSICHTLICH STADTREGIERUNG,

11. Politiken einzuleiten, die dazu angetan sind, die Gemeindedemokratie für sämtliche Bürger zu stärken, ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Kategorie, Rasse, Religion, ethnischen Zugehörigkeit und Generation.

12. Die Entwicklung von Gemeindegruppen, Bürgergruppen, Ausländerparlamenten und anderen für die volle Beteiligung und Einbeziehung sämtlicher Bewohner in das politische, städtische und kulturelle Leben der Gemeinschaft geeigneten Strukturen zu ermutigen.

13. Die Bürger ohne Ansehen ihrer Herkunft in Diskussionen und gemeinsame Gremien im Zusammenhang mit anderen den Alltag in der Stadt betreffenden Politiken, beispielsweise Verkehrspolitik, Umweltfragen oder öffentliches Gesundheitswesen, einzubeziehen.

14. HINSICHTLICH INTEGRATION,

15. Einen Fächer von soziokulturellen Politiken für Minderheiten, für die Migrantenbevölkerung, verschiedene ethnische Gruppen zu entwickeln, um ihnen die Übernahme einer vollen Rolle im sozialen und kulturellen Leben der Stadt zu ermöglichen.

16. Sicherzustellen, dass die verschiedenen ethnischen Gruppen ihre eigene Identität und Lebensweise in einer Art weiter pflegen können, die das gemeinschaftliche Leben eher stärkt und bereichert als davon wegzuführen.

17. HINSICHTLICH DER STÄDTISCHEN LEBENSQUALITÄT,

18. Sicherzustellen, dass allen Bürgern, ungeachtet ihrer Herkunft, angemessene Unterkunft mit annehmbaren Einrichtungen zu gleichen Bedingungen erreichbar sind.

19. Offenes Gelände, Grünflächen, Parks und Gärten für jedermann erreichbar anzubieten, zu unterhalten und ihr Angebot zu fördern, aus Überzeugung, dass solche Einrichtungen eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden der Bürger und ihre Fähigkeiten zum Zusammenleben spielen können.

20. Politiken zur Verschönerung der Stadt zu entwickeln in der Überlegung, dass es eine enge Beziehung gibt zwischen der äesthtischen Qualität einer Stadt und dem zivilisierten Verhalten der sie bewohnenden Menschen.

21. HINSICHTLICH GLEICHBERECHTIGUNG,

22. Sicherzustellen, dass Männer und Frauen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch gleichen Zugang zu den Strukturen und Möglichkeiten der Gemeinschaft und des städtischen Lebens haben.

23. Zu gewährleisten, dasss alle Bürger und alle ethnischen Gruppen, vor allem - aber nicht nur - junge Menschen, gleichen Zugang zu Schulung und Berufsausbildung haben.

24. Den unterschiedslosen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Dienstleistungen und Unterkunft für alle Bürger ohne Ansehen ihrer Rasse, Religion, ethnischen Zugehörigkeit oder Generation zu erleichtern.

25. HINSICHTLICH BILDUNG,

26. Die Schlüsselrolle der Schulen für das Erlernen des Lebens anzuerkennen und daher die Entwicklung von Curricula zu fördern, die die Unterschiedlichkeit historischer und kultureller Traditionen herausarbeiten und zugleich ein Ethos der Toleranz, Gleichberechtigung und Partnerschaftlichkeit pflegen.

27. In Zusammenarbeit mit schulischen Einrichtungen besondere Kurse zur Bekämpfung des Analphabetentums (das etwa 10% der Erwachsenenbevölkerung betrifft) einzuführen, vor allem im Zusammenhang mit der Erfüllung der bürgerlichen und gesetzlichen Pflichten z.B. hinsichtlich Wohnort, Abstimmungen, Schulpflicht und Forderungen.

28. BESCHLIESST,

29. Die Bestimmung und Förderung von Kommunalpolitiken von Belang für die soziale Kohäsion weiter zu pflegen.

30. Seine Arbeitsgruppe für Städtepolitiken mit der Organisation folgender Seminarien zu beauftragen:

a. Die Rolle von öffentlichen Grund, Grünflächen, Parks und Gärten für die Stärkung der sozialen Kohäsion.

b. Politiken zur Verbesserung der ästhetischen Qualität der Stadt.

c. Ausländerparlamente und andere Instrumente zur Verbesserung der Beteiligung und der kommunalen Demokratie für junge Menschen und ethnische Gruppen.

31. Einen Erfahrungsaustausch unter den Städten Europas zu fördern, etwa den Austausch von Ausstellungsmaterial oder von Ortspolitiken zur Förderung der sozialen Kohäsion zu fördern und diesbezüglich, je nach Bedarf, mit anderen Stellen des Europarats, z.B. dem Lenkungsausschuss für Sozialpolitiken (CDPS) zusammenzuarbeiten.

32. Die Vorbereitung der Kampagne "Das Jahr 2001 - ein Städtefrühling" in der Art zu verfolgen, wie dies im Anhang zu der Empfehlung Nr 51 (1998) beschrieben ist.

33. Die Einbeziehung der sozialen Kohäsion als eines der konstituierenden Elemente in solch eine Kampagne anzuregen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Gemeinden am 26. Mai 1998, und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 28. Mai 1998 (siehe Dok. CPL (5) 3, Entschliessungsentwurf vorgelegt von Herrn L. ROPPE, Berichterstatter)