Entschliessung 69 (1998)1 betreffend dezentralisierte Zusammenarbeit und Migrationsströme im Mittelmeerbecken

Der Kongress,

1. Nimmt den von Herrn Salvatore Distaso, Präsident der Region Apulien, vorgelegten Bericht über die am 2.-3. Oktober 1997 in Bari (Italien) durchgeführte Konferenz zum Thema "Die Gemeinden und Regionen angesichts der mediterranen Migrationsströme: von der Intoleranz zur Entwicklung" zur Kenntnis;

2. Schätzt sich glücklich über den Erfolg dieser durch den Kongress zusammen mit der Region Apulien organisierten Konferenz;

3. Unterstützt voll die Schlusserklärung dieser Konferenz, insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit, eine dezentralisierte lokale und regionale Zusammenarbeit zwischen dem Nord-, Süd- und Ostrand des Mittelmeerbeckens zur Förderung der Gemeindedemokratie und der interregionalen Partnerschaftlichkeit vor allem im Bereich der demographischen und miratorischen Probleme einzuleiten;

4. Berücksichtigt

a) die Entschliessungen 162 (1985), 200 (1989), 256 (1993) und 36 (1996) des KGRE betreffend die vier seit 1985 durch den Kongress gemeinsam mit der Parlamentarischen Versammlung organisierten Konferenzen der Mittelmeerregionen;

b) die Empfehlungen 1249 (1994) und 1329 (1997) der Parlamentarischen Versammlung betreffend einerseits die Zusammenarbeit im Mittelmeerbecken und andererseits die Folgearbeiten zu der Konferenz vom 15.-17. Oktober 1996 in Palma de Mallorca über Bevölkerung, Wanderungsbewegungen und Entwicklung;

c) die Entschliessung des Ministerkomitees (1998) betreffend die Folgearbeiten zu der in Abschnitt 4,b, oben, erwähnten Konferenz;

d) die Bestimmungen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung betreffend die externe Tätigkeit kommunaler Gebietskörperschaften, sodann diejenigen des Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder-behörden und schliesslich diejenigen des Übereinkommens über die Beteiligung der Ausländer am öffentlichen Leben des Orts;

5. Ist überzeugt, dass eine dezentralisierte Zusammenarbeit im Mittelmeerbecken imstande ist:

a) die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Bildung, Nahrung und Gesundheit in den Ursprungsländern der Migranten besser abzusichern und zugleich, entsprechend den Grundsätzen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, die Festigung von demokratischen, pluralistischen Institutionen auf lokaler und regionaler Ebene in Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten zu fördern;

b) gewisse Vorbedingungen für die Einrichtung eines freien Austauschs herzustellen wie die Modernisierung der Systeme öffentlicher Gebietsverwaltung, die Leistung wirtschaftlicher Garantien an ausländische Investoren und die diesbezügliche Rückkehr zu Vertrauensverhältnissen sowie die Verstärkung der Infrastrukturen, vor allem im Bereich der Kommunikation;

c) Politiken der Information und des Austauschs zwischen den Wirtschaftsakteuren an den Mittelmeerrändern, der gesamten Zivilgesellschaft und vor allem den im sozialen und kulturellen Bereich aktiven NROs einzuleiten;

d) den Austausch auf sozialer, kommerzieller, technologischer, wissenschaftlicher und kultureller Ebene zu fördern, um so die Grundlagen zu einem echten, in den menschlichen und materiellen Ressourcen vor Ort wurzelnden, gemeinsamen Mittelmeermarkts zu schaffen;

e) finanzielle Hilfsaktionen, Investitionen, berufliche Ausbildung, aber auch Programme für die Zusammenarbeit in Wanderungsbelangen anzuregen, um zusammen mit den Gebietsbehörden in den Ursprungsländern der Wanderungen die Bedingungen festzulegen, unter denen sie bereit wären, sich an der Kontrolle von Wanderungsströmen zu beteiligen, die über die in den Kooperationsprogrammen vorgesehenen Zahlen hinausgehen;

f) eine bessere faktische Nutzung der Entwicklungshilfe in den Ursprungsstädten und -regionen der Migratonsströme zu gewährleisten, dort, wo die Entschlüsse zur Auswanderung fallen - welche Entschlüsse nicht nur durch nationale und internationale Gegebenheiten, sondern auch durch den Druck der Not am Orte diktiert werden;

6. Ist entschlossen, im Rahmen der Mittelmeerpolitik des Europarats solche Initiativen zu begünstigen, die die Stärkung der dezentralisierten Zusammenarbeit zwischen - vor allem in direkter Berührung mit den wandernden Bevölkerungen stehenden - Gebietskörperschaften am Nord-, Süd- und Ostrand des Mittelmeerbeckens anstreben;

7. Beschliesst, durch seine Schirmherrschaft die Initiative der Region Apulien (Italien) zur Schaffung einer interregionalen Beobachtungsstelle der Wanderungsbewegungen im Mittelmeerbecken politisch zu unterstützen, einer Stelle, die mit der Sammlung statistischer Daten über die demographischen und migratorischen Tendenzen in den Städten und Regionen rings um das Mittelmeer und mit der Ausarbeitung von diesbezüglichen Interventionsvorschlägen zuhanden der zuständigen Stelle im Kongress beauftragt wäre;

8. Ist bereit, sich an der Koordination der Initiativen dezentralisierter Zusammenarbeit zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Dezentralisation von Gemeinden und Regionen am Nord-, Süd- und Ostrand des Mittelmeers vermittels seiner Arbeitsgruppe '"Euro-med" für die Gemeindedemokratie' und in Verbindung mit der oben erwähnten Beobachtungsstelle sowie dem Nord/Süd-Zentrum in Lissabon direkt zu beteiligen;

9. Beauftragt seine Arbeitsgruppe '"Euro-med" für die Gemeindedemokratie', die konkreten Möglichkeiten der Schaffung einer Stiftung zu prüfen, die unter der Schirmherrschaft des Europarats und vor allem des Kongresses die Aufgabe hätte, die Finanzierungen einzunehmen und die Untersuchungen und Projekte zu koordinieren, die der Förderung der dezentralisierten Zusammenarbeit unter den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am nördlichen, südlichen und östlichen Mittelmeerrand zugunsten der kommunalen Selbstverwaltung und der Dezentralisierung gewidmet sind;

10. Ersucht die Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten des Europarats, die Entwicklung gemeinsamer Projekte der dezentralisierten Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften am Süd- und Ostrand des Mittelmeeres fortzusetzen und hierzu ständige Kontakte mit den unter Artikel 8, oben, erwähnten Einrichtungen: der Beobachtungsstelle, der Arbeitsgruppe '"Euro-med" für die Gemeindedemokratie'und dem Nord/Süd-Zentrum aufbauen.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 28. Mai 1998, 3. Sitzung (siehe Dok. CG (5) 12, Entschliessungsentwurf vorgelegt von Herrn S. DISTASO, Berichterstatter)