Entschliessung 53 (1997)1 betreffend den Vorentwurf einer europäischen Landschaftskonvention

Der Kongress,

1. Hat den durch Herrn Pierre HITIER (Frankreich) der gegenwärtigen Tagung vorgelegten Zwischenbericht zur Kenntnis genommen;

2. Erinnert an die an den Kongress im Rahmen der Entschliessung 256 (1994) der Ständigen Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas gerichtete Aufforderung, gestützt auf die in Sevilla angenommene Charta der Mittelmeerlandschaft eine Rahmenkonvention über die Verwaltung und den Schutz der Natur- und Kulturlandschaft ganz Europas auszuarbeiten;

3. Ist der Überzeugung, dass die landschaftlichen Aspekte des europäischen Territoriums insgesamt Gegenstand des Schutzes und der Verwaltung und/oder Raumordnung werden müssen, liegt hier doch eine der wichtigsten Bedingungen für eine qualitative Verbesserung der Lebenswelt der europäischen Bevölkerungen;

4. Erinnert an folgende Empfehlungen vonseiten des Ministerrats:

- die Empfehlung (79) 9 betreffend die Identifikations- und Evaluationskarte der Naturlandschaften im Hinblick auf deren Schutz;

- die Empfehlung (92) 8 über den Schutz der Böden;

- die Empfehlung (94) 6 für eine nachhaltige Entwicklung und Nutzung der ländlichen Welt mit besonderer Berücksichtigung der Erhaltung der wildlebenden Pflanzen und Tiere sowie der Landschaften;

- die Empfehlung (95) 9 über die in die Landschaftspolitik einbezogene Erhaltung der Kulturstätten;

5. Erinnert an die Empfehlung 1091 (1988) der Parlamentarischen Versammlung betreffend die Europäische Kampagne für die ländliche Welt und eine neue Bewirtschaftung des ländlichen Raums;

6. Erinnert an seine Empfehlung 14 (1995) betreffend die Europäische Charta der Berggebiete;

7. Berücksichtigt die durch die KGRE im Rahmen der Folgearbeiten zu der durch den Europarat von 1980 bis 1982 durchgeführten Europäischen Kampagne für die Erneuerung der Innenstädte ausgearbeitete Europäische Städtecharta;

8. Berücksichtigt die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung;

9. Heisst den Vorentwurf einer Europäischen Landschaftskonvention, so wie er im Anhang 1 zu der vorliegenden Entschliessung figuriert, gut;

10. Beauftragt die Arbeitsgruppe für die Europäische Landschaftskonvention,

i. in der Zeit zwischen den Sitzungsperioden 1997/1998 im Hinblick auf eine Integration in den Text zu prüfen:

- die Stellungnahme der Parlamentarischen Versammlung;

- die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union;

- die durch die Vertreter der Gemeinden und Regionen an seiner gegenwärtigen Tagung vorgebrachten, im Anhang 2 figurierenden Vorschläge;

ii. unter Berücksichtigung der oben erwähnten Stellungnahmen und Vorschläge noch vor dem 15. April 1998 eine beratende Konferenz der europäischen Regierungen und der durch den im Anhang 1 zu der vorliegenden Entschliessung enthaltenenen Vorentwurf einer Konvention betroffenen zwischenstaatlichen Organisationen zu veranstalten;

iii. ihm gestützt hierauf anlässlich seiner 5. Tagung (1998) einen endgültigen Entwurf vorzulegen, dessen Annahme dem Ministerkomitee empfohlen würde;

11. Angesichts seiner Überzeugung,

i. dass sich Landschaften aufgrund ihrer Beziehungen zur menschlichen Vorstellungskraft, kulturellen Identität und Aesthetik sowie wegen ihres pluridisziplinären Wesens bestens eignen für eine informatisierte Behandlung;

ii. dass sich der CD-Rom-Sektor mit seinen enormen technologischen Möglichkeiten, die danach verlangen, auf Gebiete angewandt zu werden, die eine entsprechende Produktion lohnen, in voller Entfaltung befindet;

iii. dass eine informatisierte Behandlung der in dem Entwurf einer Europäischen Landschaftskonvention enthaltenen Prinzipien auf einer multimedialen CD-Rom ein neues, ungewöhnliches und den Zielen des Europarats entsprechends Mittel zur Sensibilisierung ist, welches den neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Kommunikation und Information entspricht;

12. Ermutigt die Arbeitsgruppe, ihre Aktivitäten im Hinblick auf die Erstellung einer multimedialen CD-Rom als Informationsträger für die in dem Entwurf einer Europäischen Landschaftskonvention enthaltenen Prinzipien weiterzuverfolgen.

A N H A N G I

Vorentwurf einer Europäischen Landschaftskonvention

PRÄAMBEL

Die Unterzeichnerstaaten der vorliegenden Konvention,

1. In Anbetracht dessen, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu verwirklichen;

2. In der Sorge, im Sinne der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein harmonisches Gleichgewicht zwischen der Gesellschaft und ihrer Umwelt herzustellen;

3. In Anbetracht dessen, dass die Landschaft, als ein komplexes Element der Umwelt, wichtige, im allgemeinen Interesse liegende Funktionen auf kultureller, ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene hat und so zur Entfaltung des Menschen beiträgt;

4. Im Bewusstsein dessen, dass Landschaften von den vergangenen und den gegenwärtigen Beziehungen der Menschen zu ihrer Umwelt zeugen, dass sie mitwirken am Entstehen der örtlichen Kultur und Überlieferungen und damit einen wesentlichen Bestandteil des europäischen Natur- und Kulturerbes ausmachen;

5. Feststellend, dass die Entwicklungen der Produktionstechniken auf landwirtschaftlichem und forstwirtschaftlichem, industriellem und bergbaulichem Gebiet, im Städtebau, Transportwesen, Infrastrukturwesen, Tourismus und bei den Freizeitaktivitäten unddie weltweiten wirtschaftlichen Veränderungen allfemein sich beschleunigend auf die Umformung der Landschaften und die damit einhergehenden dynamischen Prozesse auswirken;

6. Die Gesetzestexte berücksichtigend, die es auf internationaler Ebene in den Bereichen Schutz und Verwaltung des Natur- und Kulturerbes, der Raumordnung, der kommunalen Selbstverwaltung und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gibt;

7. Feststellend, dass kein internationales Rechtsdokument unmittelbar und umfassend dem Schutz, der Verwaltung und der Planung der europäischen Landschaften dient;

Sind wie folgt übereingekommen:

KAPITEL I - ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1: Definitionen

Im Sinne der vorliegenden Konvention bedeutet:

- "Landschaft": ein bestimmtes Stück des Territoriums, das als solches von den Menschen wahrgenommen wird, und dessen Aussehen sich aus der Einwirkung der natürlichen und der menschlichen Faktoren sowie aus der Kombination beider ergibt;

- "Landschaftsschutz": ein Handeln für die Erhaltung der bestehenden Merkmale einer Landschaft, das durch deren hervorragenden Wert gerechtfertigt ist, welcher entweder in ihrer besonderen natürlichen Gestalt oder aber in der Art begründet ist, wie sie von den Menschen genutzt wird;

- "Landschaftsverwaltung": ein Handeln, um Veränderungen an einer Landschaft, welche sich aus wirtschaftlicher oder sozialer Notwendigkeit ergeben, mit den Forderungen der Bevölkerung bezüglich ihrer Umwelt im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen;

- "Landschaftsplanung": ein auf besonders stark zukunftsorientierten Regional/Raum-ordnungsprojekten beruhendes Handeln mit dem Ziel der Schaffung neuer Landschaften entsprechend dem Wunsch der betroffenen Bevölkerung;

- "Landschaftliches Qualitätsziel": die Formulierung der Forderungen der Bevölkerung hinsichtlich der landschaftlichen Merkmale ihrer Umwelt;

- "Landschaftsplan": eín Landkarten und Fotografien enthaltendes Dokument, das die landschaftlichen Aspekte eines Territoriums identifiziert und evaluiert und das hergestellt wurde für das Treffen von Entscheidungen für die Veränderung dieser Aspekte.

Artikel 2: Anwendungsbereich

Diese Konvention findet Anwendung in dem gesamten europäischen Territorium der Parteien und gilt für natürliche, ländliche, städtische und stadtnahe Gebiete. Es betrifft gewöhnliche oder alltägliche Landschaften nicht weniger als besondere, beeinflussen sie doch alle in entscheidender Weise die Qualität des Umfeldes, in welchem Europas Bevölkerungen leben.

Artikel 3: Zweck

Der Zweck der Konvention ist es, den Schutz, die Verwaltung und Planung der Landschaften Europas durch die Annahme allgemeiner Grundsätze, die Einführung von Lenkungsmassnahmen und die Organisation einer auf wissenschaftlichen Methoden gründenden internationalen Zusammenarbeit sicherzustellen.

Artikel 4: Allgemeine Grundsätze

Jede Partei verpflichtet sich, im Rahmen ihres internen Rechts:

a. die Landschaft rechtlich als Gemeingut zu verankern, als Fundament der kulturellen und örtlichen Identität der Bevölkerungen, als wesentliche Komponente der Lebenswelt und Ausdruck des Reichtums und der Vielfalt des kulturellen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Guts;

b. Landschaftspolitiken zu entwerfen und umzusetzen, die gemäss den Bestimmungen der Konvention, in Übereinstimmung mit dem in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung verankerten Subsidiaritätsprinzip und, wo angebracht, unter Begünstigung interkommunaler und interregionaler Zusammenarbeit dem Schutz, der Verwaltung und der Planung der Landschaft dienen;

c. Verfahren für die Beteiligung des breiten Publikums, der kommunalen und regionalen Behörden und der übrigen Akteure festzulegen, die an der Festlegung und Verwirklichung der in Littera b, weiter oben, erwähnten Landschaftspolitiken interessiert sind;

d. Die Landschaft systematisch mitzuberücksichtigen in ihren Raumordnungs- und Städtebaupolitiken, ihren Kultur-, Umwelt-, Landwirtschafts-, Sozial- und Wirtschaftspolitiken wie auch in allen übrigen sektoriellen Politiken mit möglichen mittelbaren oder unmittelbaren Auswirkungen auf die Landschaft.

KAPITEL II - LENKUNGSMECHANISMEN

Jede Partei verpflichtet sich, bei der öffentlichen Meinung, den Abgeordneten und den Verbänden Informations- und Sensibilisierungskampagnen durchzuführen mit dem Ziel, das Bewusstsein für den Wert der Landschaft heute und in Zukunft zu wecken und zu schärfen;

Artikel 6: Ausbildung und Erziehung

Jede Partei verpflichtet sich:

a. für Ausbildungsmöglichkeiten für Spezialisten im Beurteilen und Beeinflussen von Landschaften zu sorgen;

b. multidisziplinäre berufsbegleitende Ausbildungsprogramme einzuführen für Personen in den verschiedenen privaten oder öffentlichen Beschäftigungssektoren, welche direkt oder indirekt mit Landschaft zu tun haben;

c. Schul- und Universitätskurse zu entwickeln, welche in den einschlägigen Themenbereichen landschaftsbezogene Werte und Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz, der Verwaltung und der Planung von Landschaften behandeln.

Artikel 7: Kennzeichnung und Evaluation

1. Unter aktiver Beteiligung der betroffenen Akteure entsprechend Artikel 4.c weiter oben und im Sinne einer besseren Kenntnis ihrer Landschaften verpflichtet sich jede Partei:

a. ihre eigenen Landschaften zu identifizieren und ihre Merkmale sowie die sie verändernden Kräfte und Pressionen zu analysieren;

b. den Wert der identifizierten Landschaft unter Berücksichtigung ihrer Seltenheit, ihrer Ausdehnung und der ihr durch die Öffentlichkeit und die betroffenen Akteure beigemessenen besonderen Reize festzustellen;

2. Diese Feststellungs- und Bewertungsverfahren werden gewinnen aus dem Austausch von Erfahrungen und Methodologien, der auf europäischer Ebene in Anwendung von Artikel 11.1 der vorliegenden Konvention zwischen den Parteien organisiert wird.

Artikel 8: Landschaftliche Qualitätsziele

Jede Partei verpflichtet sich, Qualitätsziele für die identifizierten und evaluierten Landschaften aufzustellen, die sie in Anwendung von Artikel 4.c, weiter oben, durch öffentliche Befragungen auf kommunaler Ebene ermitteln.

Artikel 9: Verfahren für den Schutz, die Verwaltung und die Planung der Landschaft

Um die landschaftlichen Qualitätsziele zu erreichen, verpflichtet sich jede Partei, Verfahren für den Schutz, die Verwaltung und/oder die Planung der identifizierten und evaluierten Landschaften einzuführen. Diese Verfahren können in rechtlichen und/oder finanziellen Massnahmen, wie den im Anhang zu der vorliegenden Konvention dargestellten, bestehen.

KAPITEL III - EUROPÄISCHE ZUSAMMENARBEIT

Artikel 10: Grundlagen

Die Parteien anerkennen, dass es sich bei den europäischen Landschaften um eine kulturelle, ökologische und ökonomische Ressource handelt, die allen europäischen Ländern gemeinsam ist und für deren Schutz, Verwaltung und Planung sie die Pflicht haben, zusammenzuarbeiten.

Artikel 11: Gegenseitige technische und wissenschaftliche Hilfe

Die Parteien verpflichten sich:

a. sich durch das Zusammenlegen der Erfahrungen und die Gewährung von Einblick in ihre landschaftsbezogenen Forschungsprojekte gegenseitig technische und wissenschaftliche Hilfe zu leisten;

b. den Austausch von Landschaftsspezialisten, vor allem für die Ausbildung und Information, zu fördern.

Artikel 12: Informationsaustausch

Die Parteien verpflichten sich zum Informationsaustausch in allen von den Bestimmungen der vorliegenden Konvention berührten Belangen.

Artikel 13: Grenzübergreifende Landschaften

Die Parteien verpflichten sich, wo immer nötig grenzübergreifende Programme für die Identifikation, die Evaluierung, den Schutz, die Verwaltung und die Planung grenzübergreifender Landschaften aufzustellen, wobei sie sich nach den im Rahmenübereinkommen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder -behörden in Europa enthaltenen Bestimmungen so weitgehend wie möglich auf die Gemeinden und Regionen stützen.

KAPITEL IV - DAS EUROPÄISCHE LANDSCHAFTSKOMITEE

Artikel 14: Statut

1) Zum Zweck der vorliegenden Konvention soll ein Europäisches Landschaftskomitee geschaffen werden.

2) Jede Partei kann sich in dem Europäischen Landschaftskomitee vertreten lassen. Jede Delegation verfügt über eine Stimme. Als Beobachter können sich auch die Parlamentarische Versammlung sowie der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarats in den Zusammenkünften des Europäischen Landschaftskomitees vertreten lassen.

3) In den unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen verfügt die Europäische Union zur Ausübung ihres Stimmrechts über die selbe Anzahl Stimmen wie sie Mitgliedstaaten hat, welche Parteien der vorliegenden Konvention sind. Die Europäische Union übt ihr Stimmrecht dann nicht aus, wenn ihre Mitgliedstaaten das ihre ausüben, und umgekehrt.

4) Jeder Mitgliedstaat des Europarats, der nicht Partei der vorliegenden Konvention ist, kann sich durch einen Beobachter in dem Europäischen Landschaftskomitee vertreten lassen. Das Europäische Landschaftskomitee kann einstimmig beschliessen, jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der auch nicht Partei der vorliegenden Konvention ist, einzuladen, sich durch einen Beobachter vertreten zu lassen. Solange die Europäische Union nicht Partei ist, kann sie durch einen Beobachter im Europäischen Landschaftskomitee vertreten werden.

5) Jede auf dem durch die vorliegende Konvention abgedeckten Gebiet technisch qualifizierte internationale oder nationale Regierungs- oder Nicht-Regierungsorganisation kann mindestens drei Monate vorher den Generalsekretär des Europarats von ihrem Wunsch in Kenntnis setzen, sich an den Zusammenkünften des Europäischen Landschaftskomitees vertreten zu lassen. Sie wird als Beobachter zugelassen werden, sofern nicht ein Drittel der Parteien mindestens einen Monat vor der betreffenden Zusammenkunft bei dem Generalsekretär des Europarats Einspruch einlegen.

6) Das Europäische Landschaftskomitee wird durch den Generalsekretär des Europarats einberufen, der auch sein Sekretariat übernimmt. Es tritt wenigstens einmal jährlich zusammen oder wann immer das Ministerkomitee des Europarats oder ein Drittel der Parteien dies fordern.

7) Das Europäische Landschaftskomitee kann ad hoc Unterausschüsse bilden, Experten beiziehen oder sich durch Nicht-Regierungsorganisationen unterstützen lassen.

8) Eine Mehrheit der Parteien bildet das für die Durchführung einer Zusammenkunft oder auch die Beschlussfassung notwendige Quorum.

9) Beschlüsse des Europäischen Landschaftskomitees werden mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst.

10) Das Europäische Landschaftskomitee gibt sich, unter Berücksichtigung der vorliegenden Konvention, eine Geschäftsordnung.

Artikel 15: Berichte

Das Europäische Landschaftskomitee übermittelt den Parteien sowie dem Ministerkomitee des Europarats nach jeder seiner Zusammenkünfte einen schriftlichen Bericht über seine Beschlüsse. Es schickt diesen Bericht zur Kenntnisnahme auch an die Parlamentarische Versammlung und an den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarats.

Artikel 16: Aufgaben

Das Europäische Landschaftskomitee ist verantwortlich für die Förderung und Kontrolle der Anwendung der vorliegenden Konvention, insbesondere dafür:

a. Empfehlungen an die Parteien zu richten hinsichtlich der für die Umsetzung der vorliegenden Konvention zu treffenden Massnahmen, gegebenenfalls unter Hinweisung der Parteien auf gefährdete Landschaften;

b. Leitlinien anzunehmen für die Feststellung und Evaluierung der Landschaften, für die landschaftlichen Qualitätsziele und für die Lenkungsmassnahmen für Schutz, Verwaltung und Planung der Landschaften. Für die Annahme solcher Richtlinien ist eine Dreiviertelsmehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig;

c. entsprechend den Artikeln 5, 6 und 11 der vorliegenden Konvention Programme für die Sensibilisierung des Publikums und für die berufliche Ausbildung sowie den Austausch von landschaftsrelevanten Informationen und Forschungsresultaten zu fördern ;

d. in Anwendung von Artikel 13 der vorliegenden Konvention Programme für den Schutz, die Verwaltung und die Planung grenzübergreifender Landschaften zu unterstützen;

e. entsprechend den Artikeln 17 bis 23, weiter unten, eine "Liste der Landschaften von europäischer Bedeutung" gutzuheissen und ein "Europäisches Landschaftsetikett" zu vergeben;

f. alle 5 Jahre dem Ministerkomitee des Europarats einen Bericht über Lage und Entwicklungstendenzen der Landschaftspolitik der Parteien vorzulegen und diesen Bericht zur Kenntnisnahme auch an die Parlamentarische Versammlung und an den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarats weiterzuleiten;

g. die europäische Zusammenarbeit in Landschaftsbelangen über die normalen Beiträge der Parteien hinaus zusätzlich zu erleichtern durch das Aufbringen freiwilliger finanzieller Beiträge vonseiten öffentlicher und privater Körperschaften für die Umsetzung der vorliegenden Konvention;

h. an der Konvention notwendig werdende Veränderungen auszuarbeiten und gemäss Artikel 28.1, weiter unten, eingereichte Änderungsanträge zu prüfen.

KAPITEL V - DAS EUROPÄISCHE LANDSCHAFTSETIKETT

Artikel 17: Definition

Das "Europäische Landschaftsetikett" kann kommunalen oder regionalen Gebietskörperschaften verliehen werden, die als Teil ihrer Landschaftspolitik Massnahmen für den Schutz, die Verwaltung und/oder Planung einer bestimmten Landschaft durchgeführt haben, welche sich von bleibender Wirkung erwiesen haben.

1) Das Europäische Landschaftskomitee legt die Kriterien für die Vergabe des "Europäischen Landschaftsetiketts" fest und veröffentlicht sie;

2) Interessierte Gemeinde- und Regionalbehörden richten eine entsprechende Bitte an das Landschaftskomitee. Auch grenzübergreifende Gemeinden und Regionen oder Gruppen von kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften, vorausgesetzt, sie verwalten gemeinsam die fragliche Landschaft, können sich bewerben.

3) Nach einer Prüfung der gemäss Abschnitt 2, oben, eingereichten Bewerbung inbezug auf die von ihm festgelegten Kriterien kann das Europäische Landschaftskomitee dann das "Europäische Landschaftsetikett" für eine nicht erneuerbare Dauer von drei Jahren vergeben.

Artikel 19: Auswirkungen

1) Das "Europäische Landschaftsetikett" verpflichtet die damit bedachten kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften, für die Erhaltung und den bleibenden Schutz der unter ihrer Zuständigkeit liegenden Landschaften zu sorgen. Die betreffenden Behörden können dabei Rat beim Europäischen Landschaftskomitee einholen.

2) Die etikettierten Landschaften sollen den Gemeinden und Regionen als Anreiz dienen, guten Gebrauch zu machen von den zur Verfügung stehenden rechtlichen, wirtschaftlichen, technischen und partnerschaftlichen Methoden, und sie sollen zeigen, dass eine kohärente Landschaftpolitik ein ideales Instrument zur nachhaltigen Entwicklung ihres Gebiets ist.

KAPITEL VI - LANDSCHAFTEN VON GESAMTEUROPÄISCHER BEDEUTUNG

Artikel 20: Definition

Nationale oder grenzübergreifende Landschaften aussergewöhnlicher Art oder solche von besonderer Bedeutung für alle Europäer können auf die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" gesetzt werden.

Artikel 21: Vorgehen

1) Das Europäische Landschaftskomitee legt die Kriterien für die Aufnahmemöglichkeit einer Landschaft in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedetung" fest und veröffentlicht sie.

2) Jede Partei der vorliegenden Konvention kann für Landschaften auf ihrem Territorium bei dem Europäischen Landschaftskomitee ein Gesuch um Aufnahme in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" einreichen. Zwei oder mehr Parteien können dies gemeinsam für grenzübergreifende Landschaften tun.

3) Jedem Gesuch muss eine technische Dokumentation beiliegen, welche die betreffende Landschaft identifiziert, bewertet und ihre gesamteuropäische Bedeutung inbezug auf die in Abschnitt 1, oben, erwähnten Kriterien darlegt.

4) Aufgrund der durch die Parteien gemäss Abschnitt 2, oben, eingereichten Gesuche und der zuvor ausgegebenen Kriterien entscheidet das Europäische Landschaftskomitee sodann, nach Konsultierung des oder der betroffenen Staaten, der betroffenen Gemeinden und Regionen sowie der interessierten Vereinigungen, ob die betreffende Landschaft in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" aufgenommen wird oder nicht.

5) Die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" wird regelmässig nachgeführt und veröffentlicht.

Artikel 22: Auswirkungen

1) Die Parteien verpflichten sich, hinsichtlich der in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" aufgenommenen Landschaften gemäss den in der vorliegenden Konvention aufgeführten Grundsätzen sowie in Anwendung eines durch das Europäische Landschaftskomitee bei jeder Aufnahme in die Liste erstellten, speziellen Pflichtenhefts für besonderen Schutz zu sorgen. Die aufgelisteten Landschaften dienen als Vorbilder einer guten Landschaftspflege und für Informationskampagnen sowie für die Sensibilisierung des Publikums.

2) Die durch die Eintragung in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" betroffenen Parteien legen dem Europäischen Landschaftskomitee alle 3 Jahre einen Bericht vor.

3) Das Europäische Landschaftskomitee kann die eingetragene Landschaft im Falle der Nichtbefolgung des in Abschnitt 1, oben, erwähnten Pflichtenhefts und des Nichterfüllens der in Artikel 21.1, oben, erwähnten Kriterien nach Anhörung der betroffenen Partei(en) und nach Konsultation der betroffenen Gemeinden, Regionen und Vereinigungen von der "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" streichen.

Artikel 23: Internationale Zusammenarbeit

1) Die Aufnahme in die "Liste der Landschaften von gesamteuropäischer Bedeutung" ist unabhängig von einer allfälligen, in Anwendung des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz des Natur- und Kulturguts erfolgten Eintragung in die Liste der Weltgüter, kann sich daher mit dieser kumulieren.

2) Eine wissenschaftliche Zusammenarbeit und Koordination mit dem UNESCO-Ausschuss für die Weltgüter und dem dem Europarat angegliederten Europäischen Landschaftskomitee könnte Gegenstand eines entsprechenden, gemäss Artikel 13.7 des in Abschnitt 1, oben erwähnten Übereinkommens zu schliessenden Abkommens werden.

3) Das Europäische Landschaftskomitee kann eine formelle Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen und zwischenstaatlichen Programmen für den Schutz, die Verwaltung und Planung der europäischen Landschaften einleiten.

KAPITEL VII - SCHLUSSBESTIMMUNGENN

Artikel 24:

1) Diese Konvention soll zur Unterschrift durch die Mitgliedstaaten des Europarats und durch die Europäische Union aufgelegt werden. Sie soll Gegenstand einer Ratifikation, Annahme oder Zustimmung werden. Die Ratifikations-, Annahme- oder Zustimmungsurkunden sollen beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt werden.

2) Die vorliegende Kovention tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von 3 Monaten nach dem Datum folgt, an welchem drei Mitgliedstaaten sich bereit erklärt haben, entsprechend den im vorangegangenen Abschnitt genannten Bestimmungen durch die Konvention gebunden zu werden.

3) Für jeden Unterzeichnerstaat, der sich später bereit erklärt, durch die Konvention gebunden zu werden, tritt diese am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von 3 Monaten nach dem Datum der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Zustimmungsurkunde folgt.

Artikel 25:

1) Nach Inkrafttreten der vorliegenden Konvention kann das Ministerkomitee des Europarats auf eigene Initiative oder auf Antrag des Europäischen Landschaftskomitees die Europäische Union auffordern, der vorliegenden Konvention aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses gemäss Artikel 20 (d) des Europarats-Statuts und des einstimmigen Beschlusses der Vertragsstaaten mit Einsitzrecht im Ministerrat beizutreten.

2) Für sämtliche beigetretenen Staaten und für die Europäische Union im Falle ihres Beitritts tritt die Konvention am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.

Artikel 26:

1) Jeder Staat kann bei der Leistung seiner Unterschrift oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Zustimmungs- oder Beitrittsurkunde das Territorium oder die Territorien bezeichnen, auf welche die Konvention, vorbehaltlich der Anwendung von Artikel 2, nicht Anwendung finden soll.

2) In der Folge kann jede Vertragspartei jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung den Anwendungsbereich dieser Konvention auf jedes andere, in dieser Erklärung erwähnte, Territorium ausdehnen. Für solche Territorien tritt die Konvention drei Monate nach dem Datum des Empfangs der Erklärung durch den Generalsekretär in Kraft.

2) Jede aufgrund der beiden vorangegangenen Abschnitte abgegebene Erklärung kann für jedes in einer solchen Erklärung erwähnte Territorium durch Notifizierung an den Generalsekretär wieder zurückgezogen werden. Ein solcher Rückzug tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach Empfang der Notifizierung durch den Generalsekretär folgt.

Artikel 27:

1) Jede Vertragspartei kann die vorliegende Konvention jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifizierung kündigen.

2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf den Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach Empfang der Notifizierung durch den Generalsekretär folgt.

Artikel 28:

1) Jede Partei kann Änderungen an dieser Konvention beantragen.

2) Änderungsvorschläge werden schriftlich an den Generalsekretär des Europarats gerichtet und durch ihn mindestens zwei Monate vor der Zusammenkunft des Europäischen Landschaftskomitees den Mitgliedstaaten des Europarats, allen Unterzeichnerstaaten und jeder vertragnehmenden Partei zugestellt.

3) Das Europäische Landschaftskomitee nimmt jede Änderung mit einer Dreiviertelsmehrheit der abgegebenen Stimmen an.

4) Jede Änderung tritt für die sie angenommen habenden Parteien am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach dem Datum folgt, an welchem drei Mitgliedstaaten des Europarats den Generalsekretär davon benachrichtigt haben, dass sie die Änderung annehmen. Für jede die Änderung später annehmende Partei tritt diese am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf eines Zeitraums von einem Monat nach dem Datum folgt, an welchem die betreffende Partei den Generalsekretär von ihrer Annahme der Änderung unterrichtet hat.

Artikel 29:

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, jedem der vorliegenden Konvention beigetretenen Staat sowie der Europäischen Union, wenn diese beigetreten ist:

a. jede Unterschrift;

b. die Hinterlegung jeder Ratifikations-, Annahme-, Zustimmungs- oder Beitrittsurkunde;

c. jedes Datum eines Inkrafttretens dieser Konvention entsprechend den Artikeln 24, 25, 26 und 28;

d. jeden in Anwendung der Artikel 15 und 22 erstellten Bericht;

e. jeden zufolge der Bestimmungen in Artikel 27 gefällten Beschluss;

f. jede zufolge von Artikel 22 erfolgte Notifizierung;

g. Jede andere mit der vorliegenden Konvention zusammenhängende Handlung, Notifizierung, Information oder Kommunikation.

Ausgefertigt in ............ am .............. auf französisch und englisch, wobei beide Texte gleich verbindlich sind, in einem einzigen, in den Archiven des Europarats aufbewahrten Exemplar. Eine beglaubigte Kopie davon wird durch den Generalsekretär des Europarats allen Mitgliedstaaten des Europarats sowie jedem Staat oder der Europäischen Union übermittelt, sofern diese eingeladen sind, der vorliegenden Konvention beizutreten.


EUROPÄISCHEN LANDSCHAFTSKONVENTION

Rechtliche und/oder finanzielle Massnahmen für den Schutz, die Verwaltung und die Planung von Landschaften

1. Berücksichtigung landschaftlicher Belange bei der Konzeption und der Umsetzung von Programmen betreffend Naturschutzgebiete.

2. Schaffung eines Sonderstatus für Landschaften, die aufgrund ihrer Qualität, Seltenheit und/oder historischen bzw. natürlichen Bedeutung eine spezielle Schutzmassmahme erfordern.

3. Ausarbeitung langfristiger Programme oder Pläne zur Festlegung des Charakters der Landschaften, die an zukünftige Generationen weitergegeben werden.

4. Die Möglichkeit, von den betroffenen nationalen, regionalen und/oder kommunalen Behörden die Durchführung von Massnahmen für den Schutz, die Verwaltung oder Planung von Gebieten in ihrem Besitz oder ihrer Verwaltung und, gegebenenfalls, deren Öffnung für das Publikum zu verlangen.

5. Vor allem für besonders stark geschädigte oder sich rasch entwickelnd.e Gebiete die Ausarbeitung von Landschaftsplänen auf kommunaler oder regionaler Ebene, worin gegebenenfalls und nach Massgabe der Forderungen vonseiten der betroffenen Bevölkerung die Anlage neuer Landschaften vorgesehen ist.

6. Integrierung der Landschaft in bestehende Stadt- und Raumplanungsinstrumente auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene, vor allem auch durch die Berücksichtigung des Wertes der Landschaft bei Baugenehmigungsanträgen.

7. Einbeziehung der landschaftlichen Qualitätsziele bei der Verwirklichung grösserer öffentlicher Bau- und Infrastrukturaufträge sowie in sektoriell aufgegliederten Politiken für Umwelt, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Verkehr sowie die soziale, kulturelle, industrielle, bergbauliche und touristische Entwicklung.

8. Bei Umweltverträglichkeitsuntersuchungen: Evaluierung der Auswirkungen eines Projekts auch auf die Landschaft.

9. Aufforderung an private Grundstückseigentümer in Gebieten mit identifizierter und evaluierter Landschaft, entsprechend den aufgestellten landschaftlichen Qualitätszielen Massnahmen für den Schutz, die Verwaltung oder Planung der in erster Linie durch sie selbst verwalteten Landschaft zu treffen.

10. Wo nötig, Ankauf eines Grundstücks durch die öffentliche Hand oder durch private gemeinnützige Körperschaften, um eine qualitativ hochstehende, ernstlich bedrohte Landschaft zu erhalten.

11. In dringenden Fällen die Möglichkeit des direkten, punktuellen Eingreifens der für den Schutz aussergewöhnlicher oder stark gefährdeter Landschaften verantwortlichen Behörden zu deren Schutz.

12. Schaffung finanzieller und/oder fiskalischer Anreize zur Sicherstellung eines wirkungsvolleren Schutzes und einer wirksameren Verwaltung und Planung von Landschaften. Solche Massnahmen sollten so weitgehend wie möglich die verschiedenen Bedürfnisse der betroffenen Gemeinden und Regionen berücksichtigen.

13. Ermutigung aller öffentlichen und privaten Körperschaften, mit Bauern, Landbesitzern oder Nicht-Regierungsorganisationen Verträge für den Schutz, die Verwaltung und Planung von Landschaften abzuschliessen.

1 Diskussion und Annahme durch den Kongress am 4. Juni 1997, 2. Sitzung (s. Doc. CG (4) 6, Entschliessungsentwurf, vorgelegt von Herrn Pierre HITIER, Berichterstatter)