Entschließung 38 (1996)1 betreffend das erste Ost/West-Wirtschaftstreffen der europäischen Regionen (Genf, 18.-20. Januar 1996)

Der Kongreß,

1. Hat den von Herrn Claude Haegi vorgelegten Bericht über das Erste Ost/West-Wirtschaftstreffen der europäischen Regionen und die in der Schlußerklärung
(siehe Empfehlung 23 (1996)) zusammengefaßten Ergebnisse geprüft,

2. Betont, daß die Regionen auf der politischen und wirtschaftlichen Bühne Europas präsent sein möchten, wo sie eine wichtige Rolle spielen können, um zur Bewältigung der Schwierigkeiten beizutragen, die mit der gegenwärtigen Wirtschaftslage verbunden sind,

3. Erinnert daran, daß die Regionen über eigene Wirtschaftspotentiale verfügen, die sie im Rahmen der interregionalen Kooperation auf europäischer Ebene zu mobilisieren wünschen, und daß sie dem Wunsch Ausdruck geben, bei diesen Bemühungen sowohl durch die staatlichen nationalen Behörden als auch durch die europäischen Institutionen und Organisationen unterstützt zu werden,

4. Stellt fest, daß die Regionen für sich das Recht verlangen, ohne Einmischung des Staates direkte Beziehungen untereinander pflegen und vertiefen zu dürfen, um so auf ihrer Stufe und im Rahmen ihrer Kompetenzen auf die neue Wirtschaftslage in Europa reagieren zu können,

5. Stellt ebenfalls fest, daß die Regionen so, gestützt auf eine gesamteuropäische Solidarität unter Regionen, zu einem der politischen Hauptziele des Europarats beitragen können, welches heißt: Stabilität und demokratische Sicherheit in Europa,

6. Erinnert daran, daß sich die Regionen zur Sicherung dieser Entwicklung und im Hinblick auf die Verminderung aller den Aufbau eines neuen, solidarischen und friedlichen Europa beeinträchtigenden Hindernisse seit dem Fall der Mauer 1989 sowohl bi- wie auch multilateral auf eine breite Bewegung der Zusammenarbeit und der technischen Hilfe eingelassen haben, um den Transfer des nötigen Know-hows zu bewältigen und zur Schaffung von neuen, arbeitsfähigen demokratischen Verwaltungseinrichtungen beizutragen,

7. Bedenkt, daß die Wirtschaftslage in Mittel- und Osteuropa schwierig bleibt, daß die Übergangs- und Anpassungsschwierigkeiten weiterbestehen und daß eine auf Solidarität und gegenseitigem Verständnis beruhende regionale Zusammenarbeit ergänzende Anreize zur Lösung der vorhandenen wirtschaftlichen Probleme bieten kann,

8. Betont, daß die regionale Wirtschaftsentwicklung kein neues Element ist, daß sie darüberhinaus auch nicht unabhängig von der nationalen Wirtschaftspolitik ist, sondern eher eine komplementäre Dimension jeder diesbezüglichen staatlichen Politik darstellt, dabei jedoch, da sie näher beim Bürger und dessen Bedürfnissen angesiedelt, flexibler ist und schneller und anpassungsfähiger auf neue Situationen reagieren kann,

9. Ist überzeugt, daß Dezentralisierung und Regionalisierung zwei Grundkonzepte sind, die es ermöglichen, eine Wirtschaftspolitik, die inmittelbar die Bedürfnisse der Regionen und ihrer Bewohner berücksichtigt, zu formulieren und Mechanismen für eine interregionale Zusammenarbeit zu entwickeln,

10. Fordert, daß in allen Ländern Europas regionale Institutionen geschaffen oder weiterentwickelt werden, deren Zuständigkeiten bis ins Einzelne festgelegt sind und die über eine auf eigenen Haushaltmitteln beruhende finanzielle Selbständigkeit verfügen,

11. Besteht darauf, daß das oberste Ziel einer regionalen Entwicklung immer die Schaffung von Lebens- und Arbeitsbedingungen ist, die dem Menschen und seinen Gemeinschaften angemessen sind und ihm gestatten, in seiner Region zu bleiben, zu arbeiten und zu leben,

12. Fordert die Regionen und Gemeinden auf, sich vermehrt für die Schaffung neuer Partnerschaften zwischen westeuropäischen und mittel- bzw. osteuropäischen Gemeinschaften einzusetzen, um einander zu helfen und gemeinsam gemeinschaftliche Projekte im Bereich der regionalen Wirtschaftsentwicklung festzulegen,

13. Begrüßt die Einrichtung einer Stiftung für die Wirtschaft und die dauerhafte Entwicklung der europäischen Regionen mit dem Auftrag, die Arbeit des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen weiterzuführen und insbesondere als Internet ein interaktives Kommunikationsnetz zwischen den europäischen Regionen ins Leben zu rufen, und

Fordert die Gemeinde- und Regionalbehörden auf:

14. auf allen sozio-ökonomischen Gebieten eine Zusammenarbeit mit kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in anderen europäischen Ländern einzuleiten und zu vertiefen, um dadurch die Anstrengungen der Regierungen, die wirtschaftlichen Strukturen ihrer Länder an die Erfordernisse der europäischen Zusammenarbeit anzupassen;

15. bei ihren Zusammenarbeitsprojekten zwischen West und Mittel- bzw. Osteuropa die Ergebnisse des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen zu berücksichtigen und neue Initiativen für den Erfahrungsaustausch über die Schaffung regionaler Strukturen, vor allem auch über die damit verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte, zu entwickeln;

16. auf bi- und trilateraler Ebene konkrete Hilfs- und Partnerschaftsprojekte zu entwickeln, die sich auf konkrete Bereiche der Verwaltung, des Rechts und der Sozio-Ökonomie erstrecken,

17. sich auf ihrer Stufe und im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Mithilfe beim Wiederaufbau jener Regionen der ehemals jugoslawischen Föderation zu verpflichten, die unter dem Konflikt der vergangenen Jahre besonders gelitten haben;

18. das durch den KGRE eingeführte Programm vermehrt zu unterstützen durch die Schaffung von "Botschaften der Gemeindedemokratie" in den Staaten und Regionen der ehemaligen jugoslawischen Föderation;

Beauftragt das Präsidium des Kongresses:

19. Möglichkeiten zu prüfen, wie die Organisation der zukünftigen Arbeit der Stiftung für die Wirtschaft und die dauerhafte Entwicklung der Regionen logistisch und finanziell unterstützt werden könnte,

20. Möglichkeiten zu prüfen, über sein Sekretariat mit dem nach der Genfer Konferenz geschaffenen interaktiven Kommunikationsnetz "Internet der Regionen" zusammenzuarbeiten;

21. Möglichkeiten zu prüfen, ein Europäisches Jahr (1998) oder eine Europäische Kampagne für die Schaffung europaweiter Partnerschaften zu organisieren,

22. die Ergebnisse des vom 24. bis 26. Juni 1996 in Dortmund (Deutschland) durchgeführten Wirtschaftsforums der Regionen, einer unmittelbaren Folge des Ersten Genfer Treffens, zu prüfen,

23. die Ergebnisse des Ersten Ost/West-Wirtschaftstreffens der europäischen Regionen auszuwerten, sowie die Folgeaktivitäten der Stiftung für die Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung der europäischen Regionen und der noch folgenden Konferenzen, um sodann über weitere Initiativen des Kongresses auf diesem Gebiet zu beschließen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 3. Juli 1996 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 5. Juli 1996 (siehe Dok. CPR (3) 4, Entschliessungsentwurf vorgelegt von Herrn C. Haegi, Berichterstatter)