Empfehlung 21 (1996)1 betreffend die 4. Konferenz der Mittelmeerregionen (Nikosia-Limassol, Zypern, 20.-22. September 1995)

Der Kongreß,

mit Bezug auf den Vorschlag der Kammer der Regionen,
und nach Kenntnisnahme der Stellungnahme der Kammer der Gemeinden,

1. In Anerkennung des über die vom 20. bis 22. September 1995 in Nikosia und Limassol (Zypern) durchgeführte 4. Konferenz der Mittelmeerregionen durch Herrn Demetriades, den Präsidenten der für ihre Organisation verantwortlichen Arbeitsgruppe, vorgelegten Berichts;

2. Sich beglückwünschend zu der Durchführung dieser durch den Kongreß und die Parlamentarische Versammlung gemeinsam auf Einladung der Stadtverwaltungen von Nikosia und Limassol organisierten Konferenz;

3. In Berücksichtigung der zu Ende der Konferenz angenommenen Schlußerklärung (s. den Anhang zu dem vorliegenden Dokument);

4. Erinnernd an:

- die Entschließungen 162 (1985), 200 (1989) und 256 (1993) der KGRE betreffend die drei vorangegangenen Konferenzen der Mittelmeerregionen;

- die Entschließung 248 (1993) der KGRE, worin sie dem Ministerkomitee die Verabschiedung einer Konvention über interterritoriale Zusammenarbeit (zwischen nicht aneinandergrenzenden Gebietskörperschaften) empfiehlt, die es ermöglichen würde, die durch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften oder -behörden (Madrid 1980) aufgeführten Musterfälle zu vervollständigen;

- die Empfehlungen 1015 (1985), 1164 (1991), 1200 (1993), 1249 (1994) und die Entschließung 981 (1992) der Parlamentarischen Versammlung;

5. Unterstreichend:

- die Bedeutung der Konferenzen der Mittelmeerregionen, die den Vertretern der Gebietskörperschaften rings um das Mittelmeer eine einzigartige Gelegenheit für Reflexion und Erfahrungsaustausch im Hinblick auf gemeinsame Lösungen für ihre wichtigen Probleme sowie die Möglichkeit bieten, auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, demographischem und ökologischem Gebiet fruchtbare Beziehungen zueinander aufzunehmen;

- daß die Organisation der 4. Konferenz der Mittelmeerregionen den Willen des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas bezeugt, in politisch konstruktivem Geist die Aktivitäten weiterzuverfolgen, welche die ehemalige Ständige Konferenz während ihrer letzten Jahre zusammen mit der Parlamentarischen Versammlung im Bereich der Zusammenarbeit zwischen lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften des Mittelmeerbeckens entfaltet hat;

6. In Anbetracht dessen,

- daß das Mittelmeerbecken - seit der Antike ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Kommunikation zwischen verschiedenen Völkern, Kulturen und Traditionen - heute angesichts der Tatsache, daß die wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Disparitäten zwischen Nord- und Südufer unaufhörlich weiterwachsen, eine bedeutende Quelle von Instabilität ist;

- daß die politische Instabilität und die Gefahren, die in gewissen Ländern des Südufers auf lokaler, regionaler wie nationaler Ebene der Demokratie drohen, beziehungsweise auch das Fehlen aller Demokratie, vorhandene oder potentielle Investoren entmutigt und die Aussichten auf ein Wirtschaftswachstum einengt - vor allem dann, wenn diese Faktoren noch durch terroristische Akte und ein rasches Bevölkerungswachstum mit den sich daraus ergebenden sozialen Spannungen ergänzt werden;

- daß eine nicht nachhaltige, unkontrollierte Wirtschaftsentwicklung durch Verstädterung, Industrialisierung, touristische Einrichtungen und Verkehrs-Infrastrukturen vor allem in den eigentlichen Küstengebieten einen Verfall der Umwelt bewirken kann mit äußerst schwerwiegenden Folgen für so empfindliche und für das hydrogeologische Gleichgewicht wichtige Ressourcen wie das Wasser und die Wälder;

7. Im Bewußtsein, daß die Stabilität und Sicherheit Europas wegen der Interdependenz der Beziehungen, die es mit den Ländern des Südufers unterhält, durch die oben erwähnten Disparitäten und Spannungen sowie durch die politische Instabilität und die demokratischen Unzulänglichkeiten jener Länder in besonderem Masse bedroht ist;

8. Der Überzeugung,

- daß eine Situation des Friedens und eine echte Demokratie auf nationaler wie auf lokaler Ebene die conditiones sine quibus non für eine nachhaltige Entwicklung der Länder am Südrand des Mittelmeerbeckens sind, daß dagegen eine Entwicklungsverzögerung oder ein unkontrolliertes, nicht nachhaltiges Wirtschaftswachstum geeignet ist, die demographischen Probleme noch zu verschlimmern, die Arbeitslosigkeit in die Höhe zu treiben und dadurch für die nordafrikanischen Bevölkerungen einen verstärkten Anreiz für die Emigration nach Europa zu schaffen;

- daß die Erhaltung der natürlichen Umwelt, Politiken für den Schutz und die Aufwertung des Kulturerbes sowie eine vernünftige Landschaftspflege in den Ländern des Nordufers die wesentliche Grundlage jeder Aktivität ist, die zum Ziel hat, am Mittelmeer eine prosperierende, offene und integrierte Umgebung zu schaffen;

9. Findet:

- es wichtig, daß die Gebietskörperschaften am Nordrand des Mittelmeers in der Ausübung ihrer auswärtigen Beziehungen gestärkt werden, damit direkte Beziehungen der Zusammenarbeit mit ihren Partnern am Südufer entstehen;

- daß eine Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften auf politischem, sozio-ökonomischem, ökologischem und kulturellem Gebiet ein wirksames Mittel zur Ankurbelung einer nachhaltigen Entwicklung im gesamten Mittelmeerbecken sein, die Migrationsströme ausgleichen und eine Festigung solider demokratischer und pluralistischer Institutionen, vor allem auf lokaler und regionaler Ebene, fördern könnte;

- daß diese Zusammenarbeit die Form einer Partnerschaft und nicht diejenige einer Unterstützung der reichen Städte und Regionen für die weniger entwickelten annehmen müsste, und daß sie die Einrichtung des unerlässlichen Austauschs in technologischer, wissenschaftlicher, kommerzieller und kultureller Hinsicht ermöglichen sollte, aufgrund dessen ein wirklich gemeinsamer, auf den einheimischen menschlichen und materiellen Ressourcen beruhender Mittelmeermarkt wiederhergestellt werden könnte;

- daß die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften nur dann voll wirksam sein kann, wenn sie in einen ad hoc geschaffenen rechtlichen Rahmen und eine Mittelmeerpolitik des Europarats eingebettet ist, die dessen Rolle als Vordenker des solidarischen Umgangs mit gesamteuropäischen Fragen erneut bestätigt;

10. Empfiehlt dem Ministerkomitee:

I. eine mit der Tradition und Berufung des Europarats kohärente, auf parlamentarischer und Regierungsebene ausgearbeitete Mittelmeerpolitik einzuleiten:

a. welche den Einsatz spezifischer Kooperationsprogramme, komplementär zu den in den zentral- und osteuropäischen Ländern praktizierten, vorsieht;

b. welche die Achtung der Menschenrechte (einschließlich der Minderheitenrechte und der Gleichheit von Mann und Frau), den Rechtsstaat, die Einrichtung demokratischer und pluralistischer Institutionen, die Demographie und die Wanderungsbewegungen, die Arbeit gegen Rassismus und Intoleranz sowie die Umweltprobleme und die Probleme des gemeinsamen Kulturerbes zum Gegenstand hat;

c. deren Hauptakteure die Gebietskörperschaften rings um das Mittelmeer sind;

d. und die in Koordination mit dem Tätigkeitsprogramm für den sozio-kulturellen Sektor, wie es an der durch die Europäische Union am 27. und 28. November 1995 in Barcelona durchgeführten Europa-Mittelmeer-Konferenz angenommen wurde, angelegt ist;

II. ohne weiteren Verzug den Entwurf zu der Konvention über interterritoriale Zusammenarbeit - als Anhang der von der Ständigen Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) 1993 angenommenen Entschließung 248 (1993) beigegeben - in Form eines offenen Übereinkommens anzunehmen, sodaß ihr, neben anderen, auch interessierte Nichtmitgliedstaaten am Mittelmeer beitreten können, und diese Konvention zur Unterzeichnung aufzulegen;

III. die mediterrane Dimension des Europäischen Zentrums für weltweite Interdependenz und Solidarität zu vertiefen durch die Stärkung des Informationszentrums Transmed im Hinblick auf die Förderung der Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften am Nordufer und ihren Gesprächspartnern am Südufer;

11. Empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung:

I. den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit zwischen lokalen oder kommunalen Gebietskörperschaften am Nord- wie am Südufer des Mittelmeers weiterhin ihre kostbare Unterstützung zukommen zu lassen, damit diese Zusammenarbeit zu einem wirksamen Mittel und zu einer beständigen Möglichkeit der nachhaltigen Entwicklung im gesamten Mittelmeerbecken werden kann;

II. die Auswirkungen und Ergebnisse der anläßlich der 4. Konferenz der Mittelmeerregionen formulierten Empfehlungen eingehend zu beobachten und bei der nächsten Konferenz darüber Bericht zu erstatten;

III. mit dem Kongreß zusammenzuarbeiten an der Organisation der 5. Konferenz der Mittelmeerregionen, die so bald wie möglich stattfinden sollte;

12. Empfiehlt den staatlichen Behörden der Mitgliedstaaten:

I. die grenzüberschreitende und die interterritoriale Zusammenarbeit bevorzugt zu fördern, insbesondere hinsichtlich der Fragen von Demographie und Wanderungsbewegungen, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sowie auch mit Bezug auf den Schutz und die Verwaltung der Wasservorkommen und des Waldes;

II. hinsichtlich der lokalen Wasser-Ressourcen besondere Bedeutung zu legen auf Fragen der Know-how-Transfers, Fragen der Ausbildung von Entscheidungsträgern und Managern, der Information der gewählten Politiker und der Sensibilisierung der Verbraucher;

III. vor allem auch die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften beim Kampf gegen Waldbrände, bei Verhütung und Löschtechniken sowie bei der Wiederaufforstung zu fördern;

13. Empfiehlt der Europäischen Raumordnungsministerkonferenz (CEMAT), anläßlich ihrer nächsten Tagung, die 1997 auf Zypern zum Thema der Bewirtschaftung der Wasservorkommen durchgeführt wird, der Situation am Mittelmeerbecken besondere Aufmerksamkeit zu widmen und auch die Forstpolitiken in ihr Arbeitsprogramm aufzunehmen;

14. Empfiehlt dem Rat der Europäischen Union, den Kongreß der Gemeinden und Regionen beizuziehen zu den Initiativen, welche im Rahmen der anläßlich der Europa-Mittelmeer- Konferenz beschlossenen Zielvorstellungen im Bereich der Gemeindedemokratie und der interterritorialen Zusammenarbeit ergriffen werden.

ANHANG

SCHLUßERKLÄRUNG DER 4. KONFERENZ DER MITTELMEERREGIONEN
(Nikosia-Limassol, Zypern, 20.-22. September 1995)

1. Die Teilnehmer der vom 20. bis 22. September 1995 auf Zypern durchgeführten 4. Konferenz der Mittelmeerregionen danken dem Europarat, und insbesondere dessen Parlamentarischer Versammlung und dessen Kongreß der Gemeinden und Regionen Europas, für die Organisation dieser Konferenz.

2. Ebenfalls richten sie ihren Dank an die zypriotischen Behörden, vor allem auch an die Städte Nikosia und Limassol, für die gastfreundliche Aufnahme.

3. Die Vertreter der Mittelmeerstädte und -regionen haben ihre Erfahrungen im Hinblick auf eine Zusammenarbeit in den an der Konferenz behandelten Bereichen ausgetauscht, nämlich der nachhaltigen Entwicklung des Mittelmeerbeckens und darunter insbesondere den demographischen und Migrationsproblemen sowie den Fragen im Zusammenhang mit den Wasservorkommen und der Forstbewirtschaftung.

4. Sie sind der Ansicht, daß das Mittelmeerbecken als Begegnungsort unterschiedlicher Kulturen und für den europäischen Kontinent lebenswichtige Region zugleich eine mögliche Quelle der Instabilität darstellt angesichts der Tatsache, daß sich der wirtschaftliche Graben zwischen den beiden Ufern vertieft, die Migrationsströme sich aufgrund der demographischen und sozio-ökonomischen Ungleichgewichte verbreitern und die Entwicklung des Fundamentalismus sowie die in manchen Ländern herrschende Unvollkommenheit der politischen Strukturen diese Tendenzen noch verstärken.

5. Sie unterstreichen die Bedeutung der Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften für die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung des Mittelmeerbeckens und sind der Meinung, daß der Europarat, unter anderem über den Kongreß der Gemeinden und Regionen Europas, zur Förderung und gegebenenfalls Koordination mancher Kooperationsprojekte beitragen kann.

6. Sie sind jedoch der Meinung, daß eine solche Zusammenarbeit nur dann voll wirksam sein kann, wenn sie sich einschreibt in eine Mittelmeerpolitik der europäischen Organisationen, vor allem des Europarats, in Anbetracht von dessen Vordenkerrolle bei der solidarischen Behandlung europäischer Fragen. Diese Politik muß sowohl auf Regierungs- als auch auf parlamentarischer Ebene ausgearbeitet werden und diejenige ergänzen, welche für die Länder Zentral- und Osteuropas verfolgt wird.

Betreffend Demographie, Wanderungsbewegungen und den Kampf gegen Intoleranz:

7. Sie sind der Ansicht, daß die am Nordufer gelegenen Länder jene demographische Übergangszeit nun abgeschlossen haben, deren Folgen unter anderem eine Überalterung der Bevölkerung und ein Sinken der Geburtenrate sind, welche demographische Übergangszeit nun aber die am Südufer gelegenen Länder durchmachen, allerdings mit entgegengesetzten demographischen Auswirkungen. Diese haben sozio-ökonomische, umweltrelevante und kulturelle

Folgen, die sich aufgrund der Interdependenz der Beziehungen Europas zu den Ländern des Südufers über ganz Europa ausbreiten.

8. Sie glauben, daß die demographische und migratorische Entwicklung der Länder des Mittelmeer-Südufers bis zum Jahre 2020 sowohl für diese Länder selbst als auch für die Länder des Nordrandes des Mittelmeerbeckens, ja letztlich in allen europäischen Ländern, soziale und politische Probleme schaffen wird; sie begrüßen daher die diesbezüglichen Arbeiten des Europarats und vor allem die Konferenz über die demographischen Probleme im Mittelmeerbecken (Palma de Mallorca, 1996).

9. Sie erinnern an die Bedeutung des anläßlich der dritten Konferenz (Taormina, 1993) eingebrachten Antrags auf Schaffung einer "Stiftung betreffend die Wanderungsbewegungen am Mittelmeer" und wünschen, daß sich dieses Projekt realisieren möge.

10. Sie unterstützen die Kampagne des Europarats gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz, deren Aktionen die soziale Integration der Einwanderer in den Aufnahmeländern erleichtern sowie den Austausch und die kulturelle Bereicherung der europäischen Gesellschaften fördern.

11. Sie begrüßen die vonseiten der Region Apulien ergangene Einladung zu einem auf 1996 anberaumten mediterranen Treffen zu diesem Thema und halten es für angebracht:

- die spezifischen Rollen zu umschreiben:

. der Gemeinden und Regionen hinsichtlich der Aufnahme der Einwanderer und der Förderung ihrer sozialen Integration bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Identität sowie eines Geistes der Toleranz und des interkulturellen Dialogs,

. der regierungsunabhängigen Organisationen und ihres Dialogs mit den gewählten kommunalen und regionalen Vertretern unter besonderer Bezugnahme auf die Vertretungsorganisationen der migrierenden Bevölkerungsteile,

. der Medien und ihrer Verantwortung im Kampf gegen Intoleranz und Rassismus sowie des diesbezüglich notwendigen Ehrenkodex';

- Maßnahmen zur Aufstockung der für das multikulturelle Leben und vor allem für die Unterstützung der in diesem Bereich tätigen Vereine benötigten Mittel zu ergreifen.

Betreffend die Wasservorkommen:

12. Sie stellen fest, daß die erheblichen Unterschiede der Wasservorkommen einen gewichtigen Faktor des Ungleichgewichts zwischen dem Nord- und dem Südrand des Mittelmeerbeckens bedeuten.

13. Überdies wird das demographische Wachstum und die rasche Verstädterung in den südlichen Mittelmeerländern für manche von ihnen in recht naher Zukunft einen totalen Verbrauch der herkömmlichen Wasserressourcen zur Folge haben. Das wird den Rückgriff auf nicht-herkömmliche Ressourcen wie Grundwasser, entsalztes Meer- und Brackwasser sowie wiederaufbereitete Abwasser im Rahmen einer strikt integrierten Wasserwirtschaft bedingen.

14. Die integrierte Wasserwirtschaft - Grundelement einer nachhaltigen Entwicklung - fordert, daß politische Entscheidungen in den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Ackerbau und Energiewirtschaft inbezug auf ihre Folgen auch für die Wasservorkommen geprüft und berücksichtigt werden.

15. Sie sind von der Notwendigkeit überzeugt, die Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften und den für die Verwaltung und Nutzung der Ressourcen verantwortlichen Organen zu entwickeln und begrüßen die durch das Mediterrane Wasserinstitut auf diesem Gebiet bereits ergriffenen Initiativen.

Betreffend die Forstwirtschaft:

16. Sie stellen fest, daß die Schädigung des mediterranen Waldes am Nordrand des Beckens vor allem durch die Waldbrände und am Südrand aufgrund der Abholzungspraxis eines der wichtigsten Umweltprobleme der Region darstellt, hat sie doch oft eine rasche Bodenerosion zur Folge, die bis zur Wüstenbildung gehen kann.

17. Sie stellen fest, daß die sozio-ökonomische und klimatische Entwicklung der Mittelmeerländer ökologische und landschaftliche Veränderungen bewirkt und dazu tendiert, Verfallsprozesse von Boden und Wald zu begünstigen.

18. Sie bemerken, daß der traditionelle Anbau von Bäumen wie dem Olivenbaum von großem ökologischem Interesse und für die biologische Vielfalt von Nutzen ist, und sie sind der Meinung, daß nicht nur dem ökologischen und landschaftlichen, sondern auch dem wirtschaftlichen Wert der mediterranen Waldsysteme vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken sei.

19. Sie befürworten die Schaffung eines Netzes der Zentren für Forstuntersuchungen sowie der für die Forstwirtschaft verantwortlichen Verwaltungsstellen, um deren Arbeiten und Erfahrungen zusammenzulegen.

20. Sie schlagen die Annahme von Kooperationsabkommen für das Eingreifen bei Waldbränden, vor allem für die Zurverfügungstellung von technischen Mitteln und spezialisiertem Personal sowie von Ausbildern von solchem Personal vor.

* * * * *

Sie fordern den Europarat auf:

21. Ein Programm für mediterrane Zusammenarbeit gutzuheissen, das, der Berufung der Organisation entsprechend, die Achtung der Menschenrechte und des Rechtsstaats sowie die Schaffung demokratischer und pluralistischer Institutionen anzielt;

22. in Anbetracht der Interdependenz der Mittelmeerbeziehungen, vor allem auch hinsichtlich der Wanderungsbewegungen und deren engem Zusammenhang mit den lokalen Verhältnissen, einen politischen und rechtlichen Rahmen zu schaffen, der den Einsatz von Programmen für die Entwicklungszusammenarbeit ermöglicht und insbesondere die Gebietskörperschaften der Aufnahme- sowie der Herkunftsländer im Blick hat;

23. die mediterrane Dimension des im Rahmen des Nord/Süd-Zentrums des Europarats geführten Dialogs zu verstärken, insbesondere indem er in Limassol eine Verbindungsstelle zu den Ländern des Mittelmeer-Südufers und des Nahen Ostens eröffnet. Diese Stelle könnte unter anderem die Informationen über die verschiedenen laufenden Aktionen im Bereich der Zusammenarbeit im Mittelmeergebiet sammeln und ihre Verbreitung bei den Gebietskörperschaften vereinfachen;

24. die Rolle des Nord/Süd-Zentrums des Europarats im Mittelmeerbecken - vor allem hinsichtlich des Bildungswesens und der sozio-ökonomischen Partnerschaften sowie im Hinblick auf Programme für das gegenseitige Verständnis zwischen unterschiedlichen Kulturen und Ländern verschiedenen Entwicklungsstandes zu fördern;
25. im Bereich der Wasserbewirtschaftung, den bi- und den multilateralen Austausch vor allem zwischen Gebietskörperschaften zu fördern betreffend:

- den Know-How-Transfer und den Austausch von Erfahrungen
- das Ausbildungsprogramm für Manager und Entscheidungsträger
- die Information und Sensibilisierung der Volksvertreter und der Vertreter der Verbraucher
- die Sensibilisierung und Erziehung der Verbraucher, um sie in die Lage zu versetzen, sich insbesondere über nichtstaatliche Organisationen, an der Verwaltung ihrer eigenen Ressourcen zu beteiligen;

26. ein Kooperationsprogramm in die Wege zu leiten, das eine gemeinsame europäische Strategie zur Bekämpfung von Waldbränden erarbeitet und ein System von Maßnahmen und Handlungsanweisungen von der Verhütung und dem Löschen von Waldbränden bis zur Wiederaufforstung aufstellt;

27. den Austausch von forstwirtschaftlichen Erfahrungen und Techniken zwischen Spezialisten und Verwaltungsbediensteten vor allem im Gebietskörperschaften zu fördern und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet mit den Ländern am Südrand des Mittelmeers anzukurbeln.

Sie fordern das Ministerkomitee des Europarats auf:

28. den Entwurf eines Übereinkommens über die Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften in Form einer offenen Konvention anzunehmen, das neben anderen auch interessierten Nichtmitgliedstaaten am Mittelmeer einen Beitritt ermöglicht.

Sie fordern die Parlamentarische Versammlung des Europarats und den Kongreß der Gemeinden und Regionen Europas auf:

29. sich mit einer ständigen Struktur für ihre Beziehungen mit Gesprächspartnern in den Ländern des Mittelmeer-Südufers zu versehen, um ihre Zusammenarbeit hinsichtlich der parlamentarischen beziehungsweise der lokalen Demokratie und im Bereich der interregionalen Partnerschaften auszubauen.

Sie fordern die Europäische Raumordnungsministerkonferenz (CEMAT) auf:

30. anläßlich ihrer für das Jahr 1997 auf Zypern anberaumten nächsten Tagung zum Thema 'Wasserbewirtschaftung' der Situation des Mittelmeerbeckens besondere Aufmerksamkeit zu widmen und auch die Forstpolitiken in ihr Arbeitsprogramm aufzunehmen.

Sie fordern die Mittelmeerregionen auf:

31. die in dieser Erklärung formulierten Vorschläge umzusetzen, und zwar wenn möglich, indem sie ihre Erfahrungen zusammenlegen und Projekte für eine Zusammenarbeit ausarbeiten.

Sie fordern die Europäische Union auf:

32. den Europarat zur Teilnahme an der am 27. und 28. November dieses Jahres in Barcelona geplanten Europa-Mittelmeer-Konferenz einzuladen und ihn den Organen der Union für die Umsetzung des Kooperationsprogramms nach dessen Annahme insbesondere hinsichtlich der unter Punkt 21 angesprochenen Dimensionen sowie bezüglich der nachhaltigen Entwicklung des Mittelmeerbeckens beizuordnen.

* * * * *

33. Sie nehmen den anläßlich der 3. Konferenz in Taormina gefaßten Beschluß zur Kenntnis und begrüßen die Einladung vonseiten der Region Languedoc-Roussillon, die 5. Konferenz 1997 in Montpellier durchzuführen.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 2. Juli 1996 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 5. Juli 1996 (siehe Dok. CPR (3) 2, Empfehlungsentwurf vorgelegt von Herren L. Demetriades und C. Eymard, Berichterstatter)