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Ref. DC 033 (2018)

Antikorruptionsorgan beunruhigt über mangelnde Unabhängigkeit der Justiz und unzureichende Transparenz des Gesetzgebungsprozesses und der Parteienfinanzierung

Straßburg, 15.03.2018 – Die 49 Mitglieder zählende Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) hat zwei Berichte veröffentlicht, in denen die Maßnahmen der Türkei zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption bewertet werden. Abgesehen von wenigen Ausnahmen stellt die GRECO einen besorgniserregenden Mangel an Fortschritt auf zahlreichen Gebieten fest.

In dem ersten Bericht äußert die Staatengruppe ihre Sorge über die grundlegenden Strukturveränderungen, die in der Türkei in der letzten Zeit vollzogen wurden. Dadurch werde die Unabhängigkeit der Justiz gegenüber der Exekutive und der Politik infrage gestellt.

Dem Bericht zufolge steht die Tatsache, dass der neu geschaffene Rat der Richter und Staatsanwälte vom Präsidenten der Republik und vom Parlament ernannt und keines der Mitglieder von den Richtern und Staatsanwälten selbst gewählt wird, im Widerspruch zum Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz.

In dem Bericht wird zudem festgehalten, dass die Exekutive weiterhin über großen Einfluss auf einige Schlüsselfaktoren für die Tätigkeit der Justiz verfügt: Der Prozess zur Auswahl und Rekrutierung von Richteramtsanwärtern, die Versetzung von Richtern und Staatsanwälten gegen ihren Willen und die Disziplinarverfahren wirken sich negativ auf die Unabsetzbarkeit von Inhabern eines Amtes in der Justiz aus.

Laut dem Bericht gibt die Transparenz des Gesetzgebungsprozesses weiterhin Anlass zu großer Beunruhigung. Überdies mangle es an einem ausführlichen Ethikkodex für Parlamentsabgeordnete; ein Gesetzesentwurf über das ethische Verhalten von Abgeordneten, der dem Parlament vorgelegt wurde, könnte allerdings ein erster Schritt sein, um den Parlamentariern geeignete Leitlinien für ihr Verhalten und ihre Verpflichtungen im Hinblick auf Interessenkonflikte (wie die Annahme von Geschenken, Beziehungen zu Dritten und Lobbying) an die Hand zu geben.

Zusammenfassend stellt die GRECO fest, dass die Türkei lediglich zwei ihrer 22 Empfehlungen zu diesen Fragen in zufriedenstellender Weise umgesetzt hat. Die GRECO schließt demnach, dass das derzeitige Ausmaß der Konformität mit den Empfehlungen „insgesamt unbefriedigend“ ist.

In dem zweiten Bericht drückt die GRECO ihre Enttäuschung über die Situation im Hinblick auf die Transparenz der Parteienfinanzierung in der Türkei aus. Zwar sei die Verabschiedung von Leitlinien für die Finanzprüfung von Parteien eine positive Entwicklung, gleichwohl ist bei zahlreichen Empfehlungen der GRECO in diesem Bereich noch beträchtlicher Fortschritt nötig. Viele dieser Empfehlungen betreffen die Verabschiedung neuer Gesetze und Verfahren, welche die Parteienzuwendungen und -ausgaben sowie die Offenlegung von Spenden regeln.

Die GRECO hat die Türkei aufgefordert, im zweiten Halbjahr 2018 über den Fortschritt bei den ausstehenden Empfehlungen Bericht zu erstatten.

Kontakt: Andrew Cutting, Sprecher/Medienreferent, Tel.: +32 485 21 72 02