Empfehlung 14 (1995)1 betreffend die europäische Charta der Berggebiete

Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas:

1. Berücksichtigt:

a. die Entschliessung 202 (89) der SKGRE, worin die Ausarbeitung einer Europäischen Charta der Berggebiete befürwortet wird;

b. die Arbeiten der Parlamentarischen Versammlung, deren wertvolle Unterstützung während des gesamten Vorgangs der Ausarbeitung der Europäischen Charta der Berggebiete er würdigt;

c. die Arbeiten des Ministerkomitees des Europarats sowie der Europäischen Konferenz der Raumordnungsminister (CEMAT) betreffend die Berggebiete;

d. die Sektoren- und Strukturpolitiken der Europäischen Union, soweit sie sich auf die genannten Regionen auswirken, sowie die Reformen der Strukturfonds und die einschlägige gemeinschaftliche Agrarpolitik;

e. die an der Konferenz von Rio verabschiedeten Entschliessungen, insbesondere das Kapitel 13 des Aktionsprogramms «Agenda 21» betreffend die nachhaltige Entwicklung der Berggebiete;

f. die in der Konvention über den Schutz der Alpen und deren Zusatzprotokollen enthaltenen Bestimmungen;

g. die im Rahmen der Umsetzung der nationalen und regionalen Alpenpolitiken durchgeführten Arbeiten;

h. die von den Organisationen, Verbänden und die Interessen der Gemeinden und Regionen vertretenden Körperschaften zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung und eines wirksameren Schutzes der Berggebiete geleistete Arbeit;

i. die Fortschritte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften in den Bergen, insbesondere in den Alpen, den Pyrenäen, dem Jura, Skandinavien und den Karpathen, die auch dank dem Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften zustande gekommen sind;

j. die Erfahrungen aus der eigenständigen Entwicklung der Berggemeinden und Bergregionen.

2. Hat geprüft:

a. die Schlusserklärung der vom 15. bis 17. September 1994 in Chamonix (Frankreich) abgehaltenen 3. Europäischen Konferenz der Bergregionen, die von mehr als 200 Teilnehmern aus 20 Mitgliedstaaten des Europarats einstimmig gutgeheissen wurde;

b. den durch Herrn VIERIN (Italien), Berichterstatter und Präsident der Arbeitsgruppe «Europäische Charta der Berggebiete», in der Kammer der Regionen anlässlich der Plenartagung vorgelegten Bericht zum Entwurf der Europäischen Charta der Berggebiete;

c. die von Herrn CAVINI (Italien) im Namen der Arbeitsgruppe «Europäische Charta der Berggebiete» anlässlich der Plenartagung vorgelegte Stellungnahme der Kammer der Gemeinden zu dem Entwurf einer Europäischen Charta der Berggebiete;

d. die Initiativ-Stellungnahme des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union als eine die Einführung einer europäischen Politik der Berggebiete fördernde Rechtsgrundlage ─ dem Ausschuss der Regionen für diese Stellungnahme dankend;

3. Erinnert daran,

a. dass sich die Europäische Charta der Berggebiete an alle Berggegenden der Mitgliedstaaten des Europarats, an ihre Bewohner und an die zuständigen politischen und administrativen Stellen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene richtet;

b. dass die Existenzberechtigung der Europäischen Charta der Berggebiete in deren Willen begründet liegt, das europäische Berggebiet in seiner Gesamtheit zu betreffen, das heisst, die sozio-ökonomischen, die kulturellen und die umweltlichen Aspekte der europäischen Berggebiete miteinander in konstruktiver Weise zu berücksichtigen;

c. dass die Europäische Charta der Berggebiete in Beachtung der demokratischen Prinzipien der Partizipation und Konzertation aufgrund einer sehr ausgedehnten Befragung der betroffenen Kreise erarbeitet worden ist;

4. Hebt hervor,

a. dass die in der Europäischen Charta der Berggebiete enthaltenen Bestimmungen sich komplementär zu den in der Konvention zum Schutz der Alpen, genannt Alpenkonvention, enthaltenen Bestimmungen verhalten, und zwar aufgrund der geographischen Komplementarität des betroffenen Gebiets, der Unterschiedlichkeit der Zielsetzungen, der Verschiedenartigkeit des Zielpublikums und der Verschiedenheit der für ihre Erarbeitung eingeschlagenen Verfahren;

b. dass für die Alpen die Alpenkonvention eines der Instrumente zur Umsetzung der Europäischen Charta der Berggebiete «ante litteram» sein muss, weshalb sie sich im Sinne eines Komplements in den allgemeinen Rahmen der Charta einordnen muss, sobald diese durch die Mitgliedstaaten des Europarats unterzeichnet und ratifiziert ist;

5. Bedenkt:

a. die Ausdehnung der Berggebiete in Europa und die im allgemeinen Interesse liegenden Funktionen, die sie für den gesamten europäischen Kontinent auf wirtschaftlicher, sozialer, politischer, kultureller und umweltlicher Ebene innehaben;

b. die Besonderheit und die Vielfalt der sozio-ökonomischen wie der Umwelt-Bedingungen, die in den verschiedenen europäischen Berggebieten herrschen und die daher in einem Geist der europäischen Gemeinsamkeit, wenn auch den Bedürfnissen der einzelnen Region entsprechend, den Einsatz differenzierter Politiken erfordern;

6. Stellt mit Bedauern fest, dass die Berggebiete oft als im Dienst der grossen städtischen Ballungsgebiete und deren Kommunikations- und Transitbedürfnissen stehend oder auch als Expansionsgebiete für die Märkte der übrigen Regionen im Sinne der Ausbeutung ihrer hydraulischen bzw. energetischen Reserven und ihrer klimatischen und landschaftlichen Eigenschaften angesehen wurden;

7. Ist jedoch der Ansicht,

a. dass die Berggebiete in allererster Linie im Rahmen einer umfassenden Raumordnungspolitik die Bedingungen und den Raum sicherstellen müssen, welche für die sozio-ökonomische Entwicklung ihrer Bewohner notwendig sind;

b. dass es von wesentlicher Bedeutung ist, nicht allein die Förderung der kulturellen Identität der Berggebiete zu pflegen, sondern auch wirtschaftliche Entwicklungsprogramme einzuführen, die an die örtlichen Besonderheiten angepasst und mit der Erhaltung sowohl der in den Bergen traditionell ausgeübten Beschäftigungen als auch der Naturschätze vereinbar sind;

c. dass die in den Berggebieten traditionellen Tätigkeiten nicht nur die Produktion von qualitativ hochstehenden Gütern ermöglichen, sondern auch eine grundlegende Rolle bei der Regulierung der natürlichen Gleichgewichte spielen und zugleich zur Schönheit der Landschaft beitragen können;

8. Weist darauf hin, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip die Gemeinden und Regionen für die Entwicklung der Berggebiete eine zunehmend wichtigere Rolle spielen werden und deshalb mit mehr Befugnissen und Mitteln ausgestattet werden müssen;

9. EMPFIEHLT dem Ministerkomitee,

a. so rasch wie möglich den im Anhang figurierenden Entwurf einer Europäischen Charta der Berggebiete zu prüfen im Hinblick auf die Annahme eines zwingenden Rechtsdokuments durch die Mitgliedstaaten des Europarats, das in der Lage ist, die bestehenden sozio-ökonomischen Unterschiede im Zuge einer nachhaltigen Entwicklung auszugleichen;

b. zu den möglicherweise anfallenden Vorarbeiten für die Annahme dieses Rechtsdokuments die Vertreter der Parlamentarischen Versammlung und des Kongresses sowie des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union heranzuziehen;

c. die Regierungen der Mitgliedstaaten des Europarats aufzufordern, die in der anlässlich der 3. Konferenz der Bergregionen (Chamonix, Frankreich, 15.-17. September 1994) verabschiedeten Erklärung von Chamonix-Mont Blanc enthaltenen Empfehlungen bei der Abfassung oder der Revision ihrer Gesetzgebung, ihres Gesamtplans oder ihrer die Berggebiete angehenden sektoriellen Politiken zu berücksichtigen;

10. FORDERT die Parlamentarische Versammlung AUF, nun auch die Annahme der Europäischen Charta der Berggebiete durch das Ministerkomitee und ihre Unterzeichnung sowie Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten des Europarats zu unterstützen;

11. FORDERT das Europäische Parlament, gestützt auf Artikel 138.b. des Europäischen Unionsvertrages, AUF, die Kommission um die Vorlage von Vorschlägen für die Formulierung einer spezifischen europäischen Bergpolitik zu ersuchen, in welcher die Empfehlungen der Europäischen Charta der Berggebiete ihren Niederschlag finden;

12. FORDERT die Kommission der Europäischen Union AUF, die in der Europäischen Charta der Berggebiete enthaltenen Lenkungsimpulse in gemeinschaftliches Recht umzusetzen;

13. FORDERT den Rat der Europäischen Union AUF, einen Beschluss zu fassen, wonach die Europäische Union ihren Beitritt zu der Europäischen Charta der Berggebiete für den Zeitpunkt erklärt, da diese in kraft ist.

EUROPÄISCHE CHARTA DER BERGREGIONEN

(Entwurf)

vorgelegt von

M. D. VIERIN (Italien), Berichterstatter

Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats und die übrigen Unterzeichner dieser Charta,

(1) In der Erwägung, dass es eines der Ziele des Europarats ist, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt seiner Mitglieder so weit wie möglich zu festigen,

(2) In der Erkenntnis, dass die Bergregionen weite Teile Europas einnehmen und vor allem im Bereich der Umwelt, im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich wichtige Aufgaben im Dienste der Allgemeinheit zu erfüllen haben;

(3) In dem Bewusstsein, dass die europäischen Bergregionen trotz ihrer Verschiedenheit gemeinsame wirtschaftliche, soziale und Umweltprobleme haben, die sich aus ihren geo-morphologischen und klimatischen Besonderheiten ergeben;

(4) In Anbetracht des grenzüberschreitenden Charakters mancher Berggebiete und der Schwierigkeiten bei der Durchführung kohärenter Politiken beiderseits der Grenzen,

(5) In der Erwägung, dass die in den Berggebieten herrschenden besonderen Bedingungen die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse ihrer Bewohner erschweren;

(6) In der Überzeugung, dass die Bevölkerung von Bergregionen und ihre natürliche Umwelt die Grundlage für den Reichtum dieser Gebiete bilden und diese ihren Aufgaben im Dienste der Allgemeinheit nur gerecht werden können, wenn ihre Landschaften und ihre Naturgüter erhalten werden, eine menschliche Präsenz gesichert ist, die wirtschaftliche Entwicklung und ein angemessener Schutz der Umwelt gewährleistet wird,

(7) In der Erkenntnis, dass dieser Bevölkerung das Recht, im Gebirge zu leben und zu arbeiten, die Wahrung ihres Lebensraums, ein mit anderen, begünstigteren ländlichen und städtischen Regionen vergleichbarer Lebensrahmen und Lebensstandard garantiert werden muss;

(8) In dem Bewusstsein, dass das Verbleiben der Bevölkerung in den Berggebieten direkt vom Fortbestand der wirtschaftlichen Aktivitäten abhängt, deren traditionelle und zwangsläufige Grundlagen die Land- und Forstwirtschaft und das Handwerk sind,

(9) In Anbetracht dessen, dass die europäischen Gebirge ein ausserordentlich wertvoller Besitzstand sind, der zu schützen ist und dessen Vielseitigkeit durch die Wahrung der gesellschaftlichen Eigenständigkeit, der Traditionen und der Kultur ihrer Bevölkerungen gefördert werden muss;

(10) In der Erwägung, dass mit diesen Aufgaben vorrangig die den Gebieten, ihren Bewohnern und der Berggebietsproblematik näher stehenden Gemeinden und Regionen beauftragt, ihre Zusammenarbeit gefördert und die von ihnen ergriffenen Initiativen unterstützt werden sollten;

(11) Im Hinblick auf die bei der UNO-Konferenz von Rio de Janeiro über Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 gemachten Empfehlungen und eingegangenen Verpflichtungen ;

(12) In Anbetracht der Gesamtheit der von den europäischen Fachministerkonferenzen, von der Ständigen Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas, von der Parlamentarischen Versammlung und dem Ministerkomitee des Europarats verabschiedeten Entschliessungen und Empfehlungen zu den Berggebieten, zum ländlichen Raum, zu Raumordnung und Umweltschutz ;

(13) In der Erwägung, dass der Europarat in der Entschliessung 202 der Ständigen Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas aufgefordert wird, eine europäische Charta der Bergregionen auszuarbeiten, die ein Konzept der "europäischen Bergregion" vorschlägt, die politischen Richtlinien zur Lösung ihrer Probleme festlegt und die Gleichheit der Behandlung von Grenzbergregionen gewährleistet;

Haben folgendes vereinbart :

TEIL I

GEGENSTAND UND DEFINITIONEN

Artikel 1
Gegenstand

Gegenstand dieser Charta ist es, die den Mitgliedstaaten des Europarats gemeinsamen allgemeinen Grundsätze einer Raumordnungs-, Entwicklungs- und Schutzpolitik für die Berggebiete festzulegen.

Artikel 2
Definition der Bergregion

Im Sinne dieser Charta verstehen die Vertragsparteien unter Bergregionen Gebiete, deren Umweltmerkmale wie Höhenlage, Relief und Klima besondere Bedingungen für die Ausübung menschlicher Tätigkeiten schaffen.

Artikel 3
Gebietsabgrenzung

Die im Sinne des vorausgegangenen Artikels als Bergregion definierten Gebiete werden von den Vertragsparteien gemäss Artikel 28 dieser Charta bestimmt.

TEIL II

GRUNDSÄTZE UND ZIELE DER BERGPOLITIK

Artikel 4
Allgemeine Grundsätze

1. Berggebiete haben Anspruch auf eine spezifische, auf den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung beruhenden Politik. Diese erstreckt sich auf die Gesamtheit der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Probleme. Sie ist bestrebt, für die Bevölkerungen von Berggebieten Lebensbedingungen zu schaffen, die denen begünstigterer Regionen gleichwertig sind, und dabei gleichzeitig ihre Verschiedenartigkeit zu wahren.

2. Die Berggebietspolitik hat die kommunale und regionale Selbstverwaltung zu respektieren und das Subsidiaritätsprinzip anzuwenden. Die Gemeinden und Regionen beteiligen sich an ihrer Festlegung und Ausarbeitung und werden ihren jeweiligen Kompetenzen gemäss mit ihrer Umsetzung beauftragt.

3. Die Unterzeichnerstaaten fördern zu diesem Zweck die interkommunale und interregionale Zusammenarbeit im nationalen, grenzüberschreitenden und transnationalen Rahmen.

Artikel 5
Globale und sektorbezogene Politiken

1. Die Partner verpflichten sich zu einer globalen Raumordnungspolitik in den Bergregionen. Diese beinhaltet je nach der besonderen Lage in der jeweiligen Region Massnahmen der wirtschaftlichen Entwicklung, der sozialen und kulturellen Förderung der Bevölkerung sowie Massnahmen zum Schutz und zur Pflege der Umwelt.

2. Sie passen die bereits bestehenden sektorbezogenen Politiken an, erhöhen ihre Effizienz und sorgen für ihre Koordination und Integration in einem globalen Ansatz.

Artikel 6
Ziele

1. Die Vertragsparteien richten ihre Politik, ihre Gesetzgebung und ihre Aktionen in den Berggebieten an folgenden Zielen aus :

a) ausdrückliche Anerkennung der Bergregionen und ihrer Besonderheit;

b) Berücksichtigung und Anerkennung der geographischen Einheit jedes Berggebiets, um zu verhindern, dass bestehende oder künftige verwaltungs-bedingte Aufteilungen ein Hindernis bei der Umsetzung der Bergpolitik darstellen;

c) Beibehaltung der Bevölkerung vor Ort und Kampf gegen die Abwanderung junger Menschen;

d) Bau oder Modernisierung von Infrastrukturen und Einrichtungen, die für die Lebensqualität der Bevölkerung und die Entwicklung der Bergregionen notwendig sind;

e) Beibehaltung und Verbesserung bürgernaher öffentlicher Versorgungsdienste;

f) Erhalt des Agrar- und Weidelands, unbedingte Beibehaltung und Modernisierung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeiten durch ein speziell auf die Gebirgslandwirtschaft zugeschnittenes Vorgehen;

g) Förderung der endogenen Energiequellen;

h) Bewahrung bestehender industrieller und handwerklicher Aktivitäten und Ansiedlung von Aktivitäten, die auf neuen Technologien begründet sind ;

i) Entwicklung des Dienstleistungssektors und vor allem des Fremdenverkehrs als Ergänzung zu den traditionellen Erwerbsquellen,

j) Wahrung der Eigenständigkeit und Verbreitung der dem Gebirge und jedem homogenen Berggebiet eigenen kulturellen Werte.


2. Diese Ziele sind mit Hilfe einer Bewertung der Gesamtheit der menschlichen und natürlichen Ressourcen so zu verwirklichen, dass die Umwelt geschützt wird, wobei dem herkömmlichen Zwiespalt zwischen Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz ein Ende gesetzt und ein Gleichgewicht zwischen menschlichen Aktivitäten und ökologischen Erfordernissen angestrebt werden sollte.

TEIL III

MASSNAHMEN

Artikel 7
Leitlinien

1. Die Durchführung der Raumordnungspolitik in den Berggebieten muss eine nachhaltige Entwicklung der traditionellen Aktivitäten wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Handwerk erlauben, die die natürliche Umwelt zu schützen und die wesentliche Grundlage für jede ergänzende Wirtschaftstätigkeit zu bilden vermag.

2. Jede Raumordnungspolitik in den Berggebieten muss in erster Linie so konzipiert sein und umgesetzt werden, dass die Bedürfnisse und Interessen der betreffenden Bevölkerung berücksichtigt werden.

3. Die Vertragsparteien verpflichten sich zu Raumordnungspolitiken für die Berggebiete, die den in Paragraph 1 und 2 aufgeführten Leitlinien folgen und eine bessere interkommunale, interregionale und grenzüberschreitende Koordination, eine ausgewogenere Verteilung der Mittel sowie die Anerkennung der Besonderheit der Probleme von Berggebieten fördern.

4. Die Raumordnungspolitiken in den Bergregionen sollen in allgemeinen Raumordnungsplänen oder -programmen festgehalten werden, die alle das betreffende Berggebiet kennzeichnenden Faktoren berücksichtigen und als stetige Referenz für jede andere sektorielle Politik gelten können.

5. Für eine Raumordnungspolitik, wie sie in den vorausgegangenen Paragraphen definiert ist, führen die Vertragspartner rechtliche, verwaltungsmässige, steuerliche, wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen ein und bringen sektorbezogene Politiken in den folgenden Bereichen in Einsatz:

Artikel 8
Landwirtschaft

1. Die Vertragspartner verpflichten sich zu einer den Berggebieten angemessenen Agrarpolitik, die Familienbetriebe bevorzugt behandelt und von bestimmten im Flachland geltenden Normen absieht.

2. Sie können Massnahmen ergreifen, die die Möglichkeit bieten,

a) Agrar- und Weideland vor allem im Hochgebirge zu erhalten und den Fortbestand und die Modernisierung der Betriebe zu gewährleisten;

b) durch Naturkatastrophen entstandene Schäden zu entschädigen und die mit der Natur und Umwelt in den Berggebieten einhergehenden Belastungen auszugleichen;

c) gegen Brachland, unbestellte Felder, nicht bewirtschaftetes Weideland und die Aufsplitterung der Parzellen anzugehen und die Zusammenlegung und Vergesellschaftung von Grundstücken zur Pflege des Agrarlandes zu fördern;

d) die Milchverarbeitung weiter zu entwickeln;

e) Qualitätserzeugnisse herzustellen, zu vermarkten und zu diversifizieren, Qualitätsnormen und Gütezeichen für Gebirgsprodukte einzuführen;

f) den ländlichen Tourismus zu entwickeln;

g) die Erzeugerquoten zu lockern, um dem Fehlen von Alternativproduktionen im Gebirge Rechnung zu tragen;

h) den Fortbestand landwirtschaftlicher Betriebe durch Unterstützung der Niederlassung junger Landwirte und durch Erleichterung der Erbschaftssteuer zu fördern;

i) landwirtschaftliche Genossenschaften, Strukturen und Organisationen für die Zusammenarbeit und charakteristische Erzeugnisse der jeweiligen Region verarbeitende Betriebe zu entwickeln.

2. Die Parteien verpflichten sich zur Unterstützung landwirtschaftlicher Initiativen, die zum Schutz, zur Erhaltung und Verbesserung der Umwelt beitragen.

Artikel 9
Forstwirtschaft

1. Die Vertragspartner ergreifen folgende Massnahmen :

a) Entwicklung der holzverarbeitenden Industrie;

b) Erschliessung der Bergwälder durch Verbesserung der Produktions- und Bewirtschaftungsbedingungen, durch Diversifizierung der Bestände, Modernisierung und massvollen Bau von umweltverträglichen Zufahrtswegen;

c) Schutz der Wälder, vor allem in Höhenlagen, vor Naturkatastrophen;

d) Einsatz von Programmen zur Brandverhütung und Brandbekämpfung, wofür gegebenenfalls die Verwendung von Feuer für menschliche Aktivitäten eingeschränkt werden muss;

e) in Übereinstimmung mit den lokalen Akteuren ausgearbeitete Aufforstungsprogramme für abgeholzte Waldgebiete, sofern diese mit den Eigenheiten des betreffenden Gebiets vereinbar sind, wobei darauf zu achten ist, dass möglichst angemessene Arten verwendet werden, und jegliche Monokultur ebenso wie planloses Aufforsten vermieden werden sollte;

f) Kontrolle des auf nicht mehr bewirtschaftetem Agrar- und Weideland natürlich wachsenden Waldes, um zu verhindern, dass die Landschaft zuwächst und damit an Schönheit verliert.

2. Sie achten im übrigen darauf, dass ein Ausgleich für die natürlichen und ökologischen Behinderungen der Forstwirtschaft geschaffen wird und die Pflege der Landschaft und der Verzicht auf die Nutzung des Forstpotentials im Interesse des Umweltschutzes gerecht entschädigt wird.

Artikel 10
Industrie, Handwerk und Dienstleistungen

Zur Sicherung der Arbeitsplätze in Berggebieten treffen die Vertragspartner folgende Massnahmen:

a) Erhaltung der bestehenden umweltfreundlichen Industrie- und Handwerksbetriebe mit Hilfe verbesserter Rahmenbedingungen und Infrastrukturen und vor allem durch Vereinfachung der Verwaltungs- und Steuerformalitäten;

b) Einrichtung von angemessenen Strukturen für die Ansiedlung, Beratung und Unterstützung von Unternehmen;

c) Dezentralisierung von Dienstleistungen und anderen Produktionstätigkeiten und Förderung der Ansiedlung von fortschrittlichen Unternehmen, High-tech-Unternehmen und solchen mit hoher Wertschöpfung;

d) Schaffung von Anreizen für die Ansiedlung von Industrie- und Handwerksbetrieben in Berggebieten, um den Verarbeitungsprozess von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen zu verbessern;

e) Verwertung vor Ort von forstwirtschaftlichen Produkten, vor allem von Erzeugnissen der ersten Verarbeitungsstufe und Abfällen, und Förderung der Entwicklung des Holzhandwerks in Bereichen wie Ausrüstung, Bau und Erzeugnissen, die für den Tourismus bestimmt sind;

f) Förderung verbesserter Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsprozesse für regionale Gebirgserzeugnisse und der Aktionen zugunsten von Qualitätsprodukten.

Artikel 11
Mehrfachtätigkeit

Die Vertragspartner verpflichten sich, die Ausübung von Mehrfachtätigkeit zu vereinfachen und zu erleichtern und dazu alle zweckdienlichen Massnahmen vor allem im Bereich des Arbeitsrechts, der sozialen Sicherung, der Steuer und der Ausbildung zu ergreifen. Mit ganz besonderer Aufmerksamkeit sind Probleme zu behandeln, die sich im Zusammenhang mit Mehrfacheinkommen und Einnahmen mehrfachtätiger Familien stellen.

Artikel 12
Wohnungswesen

Im Bereich des Wohnungswesens sorgen die Vertragsparteien dafür, dass

a) die Wohnraumversorgung der ständigen Gebietsansässigen ungeachtet der durch die Nachfage nach Zweitwohnungen entstandenen Marktverzerrungen gesichert ist;

b) gegebenenfalls Vorschriften für die Ansiedlung von Zweitwohnungen erlassen werden;

c) die Sanierung und Renovierung von Wohnraum und die Instandsetzung verfallener Gebäude unter ästhetischen Gesichtspunkten und unter Zuhilfenahme der traditionellen Werkstoffe, insbesondere mit Finanzhilfen, gefördert wird;

d) die Wohnqualität und eine der Landschaft angemessene und in diese eingegliederte Architektur gewährleistet wird.

Artikel 13
Tourismus

1. Im Hinblick auf die Fremdenverkehrspolitik und ihre Auswirkungen auf die Bergregionen verpflichten sich die Vertragspartner,

a) Sorge zu tragen für das unerlässliche Gleichgewicht zwischen der Entwicklung des Tourismus und den Möglichkeiten der bestehenden Infrastrukturen und Versorgungsleistungen, wobei die Qualität von Landschaft und Umwelt zu bewahren und die traditionelle Architektur und die herkömmlichen Werkstoffe zu erhalten sind;

b) Initiativen im Bereich des ländlichen Tourismus und anderer umwelt-, wirtschafts- und sozialverträglicher Formen des Fremdenverkehrs anzuregen und zu unterstützen;

c) dafür zu sorgen, dass die im Tourismus tätigen Personen über einen dem Bedarf des heutigen Fremdenverkehrs angepassten Ausbildungsstand verfügen und qualitativ anspruchsvolle Dienstleistungen erbringen können;

d) die Vorzüge des Gebirgsraumes, seiner Umwelt und Landschaften, seines architektonischen und kulturellen Erbes, seiner Produkte und Traditionen zur Geltung zu bringen;

e) die Verteilung des Fremdenverkehrs auf mehrere Saisonen zu fördern, um eine dauerhafte Mehrfachtätigkeit sicherzustellen un zu verhindern, dass die Naturgüter im Gebirge aufgrund zu hoher Saisonkonzentration übermässig ausgebeutet werden;

f) Freizeit- und Erholungsaktivitäten, die das Gleichgewicht der natürlichen Umwelt gefährden, zu regeln und die Touristen über die Gefahren, die mit der Ausübung bestimmter Sportarten verbunden sind, aufzuklären.


2. Die Vertragspartner fordern die Gemeinden und Regionen auf, diese Massnahmen zu ergreifen, um eine ausgewogene, umweltverträgliche Entwicklung des Tourismus zu erreichen und das wertvolle Naturerbe der Berggebiete zu erhalten.

Artikel 14
Infrastrukturen, Verkehr und Ausrüstung

1. Im Bereich der Infrastrukturen, Versorgungsanlagen und öffentlichen Dienstleistungen achten die Partner darauf, dass die Berggebiete im Vergleich zu anderen städtischen oder ländlichen Gebieten nicht benachteiligt werden. Auch darf eine Versorgungsanlage oder eine öffentliche Dienstleistung in einem Berggebiet nicht allein aus Rentabilitätsgründen abgeschafft werden.

2. Die Verstragsparteien treffen Massnahmen, um die Berggemeinden mit Basisinfrastrukturen wie lokalen Wegenetzen, Elektrifizierung, Wasserversorgung, Kanalisation, Schulen, Krankenhäusern, Abfallentsorgung, Fernmeldewesen und vor allem solchen Infrastrukturen, die auf neuen, in Bergregionen leichter einzuführenden Technologien beruhen, zu versehen oder diese dem Stand anderer Gemeinden anzugleichen.

Sie sorgen für einen Ausgleich für die durch Infrastrukturarbeiten in den Berggebieten verursachten Mehraufwendungen.

3. Zur Förderung der Mobilität in den Bergregionen, der Fluidität und de reibungslosen Funktion des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes, des interregionalen Verkehrs und des internationalen Transits, der Sicherheit der lokalen Bevölkerung und der anderen Benutzer verpflichten sich die Vertragspartner bei gleichzeitiger Beachtung der Umweltschutzauflagen,

a) den sicheren Zugang zu den Berggebieten bei jeder Jahreszeit zu gewährleisten;

b) die Berggebiete in das europäische Verkehrswegenetz einzugliedern;

c) im Bereich des internationalen Transitverkehrs, des interregionalen und lokalen Verkehrs dem Schienenverkehr den Vorrang zu geben und den Huckepackverkehr und den kombinierten Verkehr zu entwickeln und dazu überall, wo es möglich ist, die Eisenbahnverbindungen in den Berggebieten beizubehalten, die vorhandenen Bahnstrecken auszubauen oder moderne, dem Gelände angepasste und in die Landschaft eingegliederte Eisenbahnstrecken anzulegen;

d) einen allgemeinen Orientierungs- und Raumordnungsplan für Verkehrswege in Berggebieten aufzustellen. Die mit der räumlichen Abkapselung mancher Berggebiete verbundenen speziellen Probleme sollten darin berücksichtigt werden, wobei vor allem der Grundsatz der Gebietskontinuität einzuhalten ist;

e) die regionalen, interregionalen und grenzüberschreitenden Verkehrswege unter Beachtung der europäischen Vorschriften für Umweltverträglichkeitsprüfungen zu verbessern und eine regelmässige, leistungsfähige öffentliche Verkehrsbedienung zu gewährleisten.

4. Die Vertragspartner tragen Sorge dafür, dass die Organisation der öffentlichen Einrichtungen und Versorgungsleistungen in Bergregionen beibehalten und verbessert wird und den Bewohnern unmittelbarer Zugang zu Grundversorgungsleistungen wie Gesundheits- und Erziehungswesen, lokale öffentliche Verkehrsmittel, Post und Fernmeldewesen sowie Sicherheit gewährleistet wird. Sie können hierzu gegebenenfalls ein Organisationsschema der öffentlichen Versorgungsleistungen aufstellen oder die Anlagen zu mehreren Zwecken verwenden.

Artikel 15
Energie

Im Bereich der Energie verpflichten sich die Vertragspartner,

a) die endogenen Energiequellen zu erschliessen und die Wasserkraftreserven für die Stromerzeugung in umweltverträglicher Weise zu nutzen;

b) beim Bau von Anlagen zur Stromerzeugung auf die natürliche Umwelt Rücksicht zu nehmen;

c) die Entwicklung von alternativen und erneuerbaren Energien zu fördern;

d) die Berggebietskörperschaften an den Einnahmen aus ihren Wasserkraftressourcen zu beteiligen.

Artikel 16
Erziehung, Ausbildung, Forschung und Aufklärung

1. Um den Zugang zur Schulbildung und Recht und Gleichheit in diesem Bereich zu gewährleisten, achten die Vertragspartner auf den Fortbestand der Schulen in den Berggebieten und auf ihre den Erfordernissen des Geländes entsprechende Organisation, insbesondere um zu verhindern, dass die Kinder auf zu grossen Strecken transportiert werden. Die neuen Erziehungstechniken sind dazu weiterzuentwickeln und anzupassen.

2. Im Bereich des Erziehungswesens verpflichten sich die Partner, die Fach- und Berufsschulbildung in den Bergregionen sowohl in der Grundstufe als auch in der Sekundarstufe und in den Hochschulen zu entwickeln und zu erweitern.

3. Sie sorgen für den Einsatz qualifizerter Ausbilderteams und geeigneter Aus- und Fortbildungsprogramme vor allem im Bereich der Gebirgslandwirtschaft und des Gebirgshandwerks sowie der fortgeschrittenenTechnologien.

4. Im Bedarfsfall können die Parteien vor allem im Rahmen der interregionalen Zusammenarbeit spezielle Beihilfeprogramme zur Förderung der Forschung einführen.

5. Sie führen Aufklärungs- und Informationsprogramme über den Schutz der natürlichen, kulturellen und sozialen Umwelt im Gebirge ein.

Artikel 17
Kultur

1. Die Partner verpflichten sich, die Vielfalt und den Reichtum des Kulturerbes der Bergregionen zu bewahren, zu schützen und zu fördern und insbesondere mit folgenden Massnahmen eine kulturelle Dynamik in Gang zu setzen :

a) Bestandsaufnahme des historischen Erbes der Bergregionen, dessen Erschliessung und Bekanntmachung;

b) Schutz und Pflege der Traditionen und kulturellen Ausdrucksformen aller Bergregionen, vor allem der einheimischen Sprachen, wie es die europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen vorschreibt;

c) Stärkung der kulturellen Eigenständigkeit der Bergbevölkerung und Unterstützung des Vereinslebens.

Artikel 18
Umwelt

1. Hinsichtlich der Umwelt verpflichten sich die Parteien,

a) Massnahmen für den Schutz und die Pflege von Boden, Wasser und Luft und gegebenenfalls für die Instandsetzung von Landschaftsteilen und Landschaften und für den Schutz der Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume zu ergreifen;

b) Gebiete abzugrenzen, in denen die Bebauung, die Erschliessung, der Verkehr und sonstige umweltschädliche Tätigkeiten eingeschränkt, vermieden oder verboten werden;

c) zum Schutz und zur Pflege der Umwelt in den europäischen Berggebieten eine internationale wissenschaftliche, technische und politische Zusammenarbeit zu gewährleisten,

2. Die Parteien ergreifen des weiteren besondere Massnahmen, um

a) ihre biogenetischen Reservate und den Schutz bedrohter Biotope in den Bergregionen weiter zu vernetzen und die Zusammenarbeit mit den bestehenden Netzen zu intensivieren;

b) die Verfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung im Verlauf der Planungsverfahren für Infrastrukturen, Industrie- oder Touristikprojekte ebenso wie für Programme oder Politiken, die die Umwelt im Gebirge wesentlich oder nachhaltig schädigen können, anzuwenden oder zu verstärken;

c) die ökologischen Grenzen der Bodennutzung in Berggebieten eingehender zu untersuchen;

d) Gefahrenzonen zu erfassen und die natürliche Umwelt, Personen und Güter mit wirksamen Massnahmen vor Naturkatastrophen wie Lawinen, verheerenden Überschwemmungen, Erdrutschen und Waldbränden zu schützen;

e) Systeme zum Schutz vor Erosion durch Wasser und zur Verhütung und Bekämpfung von Waldbränden weiter zu erforschen und bekanntzumachen;

f) besonders umweltverträgliche Entwicklungsaktivitäten und -projekte in Bergregionen zu fördern;

g) eine internationale Zusammenarbeit in die Wege zu leiten, um eine integrierte Bewirtschaftung der Wasserressourcen zu gewährleisten, wobei den Niedrigwasserständen der Gebirgsflüsse und -seen sowie dem Problem des Wasserverbrauchs im Rahmen der Stromerzeugung und anderer Nutzungsarten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.

Artikel 19
Wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit

1. Die Partner verpflichten sich, ihre Erfahrungen im Bereich von Wissenschaft und Forschung zu teilen und dazu

a) ein von einem Land zum anderen vergleichbares und kompatibles statistisches Informations- und Datensystem einzuführen oder weiter auszubauen;

b) die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Forschungszentren von Bergregionen und den Aufbau eines europäischen Netzes von Forschungszentren und Informationsstellen, die sich mit der speziellen Problematik der Bergregionen befassen, zu fördern;

c) die Herstellung regelmässiger Verbindungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen, Ausbildungszentren und Forschungseinrichtungen zu fördern, um das Potential der neuen Informationstechnologien, die Verbesserung der Lebensqualität, die Qualität der Arbeit und andere soziale und kulturelle Faktoren zu erforschen und zu nutzen;

d) den dem Bedarf der Bergregionen angemessenen Technologietransfer zu unterstützen und zu verstärken.

2. Die Vertragsparteien fordern alle betroffenen Partner zur Beteiligung an dieser Kooperation und technologischen Entwicklung auf.

TEIL IV

MITTEL

Artikel 20
Interventionsinstrumente

1. Zur Umsetzung der Politik zugunsten der Bergregionen verpflichten sich die Partner zur Bereitstellung geeigneter Instrumente und spezifischer Hilfen für diese Regionen, vor allem für diejenigen, deren Einkommensniveau zu niedrig ist.

1. Diese Instrumente, die im Rahmen globaler Raumordnungspläne eingesetzt werden können,

a) beziehen sich insbesondere auf die Raumplanung, Natur- und Landschaftsschutz und -pflege, Infrastrukturen, Verkehr und die sozio-ökonomische Entwicklung;

b) werden auf der bestgeeigneten Gebietsebene von oder in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gebietskörperschaften unter Mitwirkung der Öffentlichkeit, der am Wirtschafts- und Gesellschaftsleben Beteiligten und gegebenenfalls in Abstimmung mit den angrenzenden Gebietskörperschaften in einem lokalen, regionalen, nationalen und/oder grenzüberschreitenden Rahmen ausgearbeitet;

c) kommen in geographisch gleichgearteten und von ihrer Funktion her eng mit einander verbundenen Gebieten zur Anwendung,

d) koordinieren die Aktionen und Investitionen der zuständigen Behörden in einem bestimmten Gebirgsraum während eines bestimmten Zeitraums.

2. Die europäische Rahmenkonvention über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften (Madrid, 21. Mai 1980), die sogenannte Madrider Konvention des Europarats, hat in diesem Bereich als Referenz zu gelten.

3. Die Parteien verpflichten sich, die Rolle der Gemeinden und Regionen so weit wie möglich weiterzuentwickeln, da diese direkt mit den Berggebieten in Berührung sind, ihre speziellen Probleme am besten kennen und die örtlichen Bediensteten gezielt zur Belebung des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Geschehens einsetzen können. Deshalb sollte die Durchführung der in Paragraph 1 erwähnten Pläne und Programme unter Anwendung des Subsidiaritätsprinzips so dezentralisiert wie möglich im Rahmen der Befugnisse der Gemeinden und Regionen erfolgen. Ebenso sollten die Befugnisse und finanziellen Mittel der Kommunal- und Regionalbehörden soweit nötig erweitert und aufgestockt werden, um die Politik zugunsten der Bergregionen zu unterstützen.

4. Die Parteien verpflichten sich zu einer Politik wirtschaftlicher und finanzieller Beihilfen und steuerlicher Anreize für die Bergregionen mit dem Ziel,

a) Ausgleichssysteme, auch Steuerausgleichsysteme, für die weniger begünstigten Berggebiete vorzusehen;

b) die Erhaltung und Ansiedlung von landwirtschaftlichen, Handwerks-, Gewerbe- und Industriebetrieben zu fördern;

c) die Niederlassung junger Menschen im Gebirge vor allem in der Landwirtschaft, im Handwerk und im Tourismus zu fördern;

d) einen Ausgleich für die mit den Berggebieten verbundenen natürlichen und ökologischen Belastungen und für die rechtlich oder vertraglich festgelegten Nutzungsbeschränkungen zu schaffen;

e) die ökologischen, vor allem in der Landschaftspflege und im Katastrophenschutz von der Bergbevölkerung erbrachten Leistungen zu entgelten;

5. Die Parteien verpflichten sich zur Zusammenarbeit mit den Institutionen, Organisationen und Verbänden, die sich auf europäischer Ebene mit der regionalen Entwicklung in den Berggebieten befassen.

TEIL V

STÄNDIGER AUSSCHUSS

Artikel 21
Zusammensetzung und Arbeitsweise

1. Für den Bedarf dieser Charta wird ein ständiger Ausschuss gebildet.

2. Jede Vertragspartei kann sich durch einen oder mehrere Delegierte in dem ständigen Ausschuss vertreten lassen. Jede Delegation besitzt eine Stimme. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) beteiligt sich von Amts wegen. (In den in ihre Zuständigekeit fallenden Bereichen hat die Europäische Union ein Stimmrecht mit der Stimmenzahl, die ihren an dieser Charta beteiligten Vertragspartnern entspricht : die Europäische Union übt ihr Stimmrecht nicht aus, wenn die Mitgliedstaaten das ihre ausüben und umgekehrt.)

3. Jeder Mitgliedstaat des Europarats, der nicht Vertragspartei dieser Charta ist, kann sich im Ausschuss durch einen Beobachter vertreten lassen.

Der ständige Ausschuss kann einstimmig jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der nicht Vertragspartner dieser Charta ist, einladen, einen Beobachter zu einer seiner Tagungen zu entsenden.

Jede auf diesem Gebiet fachlich qualifizierte Organisation oder Institution kann um den Beobachterstatus beim ständigen Ausschuss ersuchen. Dieser kann mit einfacher Mehrheit diesem Ersuchen stattgeben.

4. Der ständige Ausschuss wird vom Generalsekretär des Europarats einberufen. Er hält seine erste Tagung innerhalb eines Jahres ab dem Datum des Inkrafttretens der Charta ab. Er tagt danach mindestens zweimal jährlich und wenn es die Mehrheit der Vertragsparteien beantragt.

5. Die Mehrheit der Vertragsparteien ist erforderlich, um eine Tagung des ständigen Ausschusses anzuberaumen.

6. Der ständige Ausschuss stellt seine Geschäftsordnung vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Charta auf.

Artikel 22
Befugnisse

1. Der ständige Ausschuss ist mit der Durchführung und Umsetzung dieser Charta beauftragt. Er kann insbesondere

- die Bestimmungen dieser Charta jederzeit revidieren;

- den Vertragspartnern Empfehlungen hinsichtlich der zur Umsetzung dieser Charta zu ergreifenden Massnahmen unterbreiten;

- Massnahmen zur Information der Öffentlichkeit über die im Rahmen dieser Charta unternommenen Arbeiten empfehlen;

- dem Ministerkomitee Nichtmitgliedstaaten des Europarats für den Beitritt zu dieser Charta empfehlen;

- Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz dieser Charta unterbreiten.

2. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben kann der ständige Ausschuss auf eigene Initiative Tagungen von Sachverständigengruppen anberaumen.

Artikel 23
Bericht über die Anwendung der Charta

Nach jeder Tagung unterbreitet der ständige Ausschuss dem Ministerkomitee des Europarats einen Bericht über seine Arbeit und über die Umsetzung der Charta.

Artikel 24
Öffentlichkeit der Arbeiten

Der ständige Ausschuss unterbreitet der Parlamentarischen Versammlung und der KGRE regelmässig - mindestens alle fünf Jahre - einen ausführlichen Bericht über die Anwendung dieser Charta.

TEIL VI

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 25
Unterzeichnung und Ratifizierung

Diese Charta ist zur Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarats aufgelegt. Sie wird zur Ratifizierung, Annahme oder Genehmigung unterbreitet. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

Artikel 26
Inkrafttreten

1. Diese Charta tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf der dreimonatigen Frist nach dem Datum, an dem fünf Mitgliedstaaten des Europarats gemäss den Bestimmungen des Artikels 21 ihre Einwilligung zu der Charta gegeben haben, folgt.

2. Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Einwilligung zu der Charta gibt, tritt diese am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf einer dreimonatigen Frist nach dem Hinterlegungsdatum der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.

Artikel 27
Beitritt von Nichtmitgliedstaaten

1. Nach Inkrafttreten dieser Charta kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats zum Beitritt zu der Charta auffordern.

2. Für jeden beigetretenen Staat tritt die Charta am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf einer dreimonatigen Frist nach dem Hinterlegungsdatum der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.

Artikel 28
Gebietsklausel

1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde das Gebiet oder die Gebiete angeben, auf die sich die Charta beziehen soll.

2. Jede Vertragspartei kann gemäss Artikel 3 dieser Charta bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder zu jedem späteren Zeitpunkt mit einer an den Generalsekretär des Europarats gerichteten Erklärung die Anwendung dieser Charta auf jedes andere in der Erklärung aufgeführte Gebiet ausdehnen, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich oder für das sie weisungsberechtigt ist.

Artikel 29
Vorbehalte

1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einen oder mehrere Vorbehalte zu den Artikeln 7 bis 20 dieser Charta vorbringen. Kein anderer Vorbehalt ist zulässig.

2. Jede Vertragspartei, die kraft vorausgegangenem Paragraphen einen Vorbehalt vorgebracht hat, kann diesen ganz oder teilweise durch eine Notifikation an den Generalsekretär des Europarats widerrufen. Der Widerruf wird mit dem Eingangsdatum der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.

Artikel 30
Kündigung

1. Jede Partei kann diese Charta jederzeit durch Notifikation an den Generalsekretär des Europarats aufkündigen.

2. Die Kündigung tritt am ersten Tag nach dem Monat in Kraft, der auf den Ablauf einer sechsmonatigen Frist nach dem Eingangsdatum der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

Artikel 31
Verschiedene Notifikationen

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats und allen anderen Staaten, die dieser Charta beigetreten sind,

a. jegliche Unterzeichnung;

b. die Hinterlegung jeglicher Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitritturkunde;

c. jegliches Inkrafttreten dieser Charta gemäss Artikel 25 und 26;

d. jeglichen Bericht, der in Anwendung der Bestimmungen der Artikel 23 und 24 erstellt wurde;

e. jede andere mit dieser Charta in Zusammenhang stehende Akte, Notifikation, Erklärung oder Mitteilung .

Zu Urkund dessen haben die gehörig befugten Unterzeichneten diese Charta unterschrieben.

Geschehen in Strasbourg, am ..............................., in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt jedem Mitgliedstaat des Europarats und jedem zum Beitritt zu dieser Charta aufgeforderten Staat eine beglaubigte Abschrift.

1 Diskussion und Zustimmung durch die Kammer der Regionen am 31. Mai 1995, und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 1. Juni 1995 (siehe Dok. CPR (2) 3, Teil I Rec., Empfehlungsentwurf vorgelegt von Herrn D. Vierin, Berichterstatter)